Auf und ab - Mord in Hellwege
wenig geistesabwesend.
Holten erzählte, was er seit der Trennung von Susanne am frühen Abend gesehen, gehört und erlebt hatte, wobei er die brutalen Einzelheiten jedoch vorsichtig verschwieg und auch von Tatens Verdacht nicht erwähnte.
»Hat er irgendetwas Besonderes gesagt, als er losgeradelt ist?«, fragte Holten, als er seinen Bericht beendet hatte.
Er begann schon zu ermitteln und ärgerte sich darüber.
»Nein«, erwiderte sie nach einiger Zeit, und, nachdem sie tief eingeatmet hatte:
»Nichts, er..., er hat nur gesagt, er wolle am späten Abend noch arbeiten und müsse vorher unbedingt noch eine Runde an der frischen Luft machen.«
Sie stützte ihren Kopf in ihre Hände.
»Wann ist er denn losgefahren?«
»Das weiß ich nicht genau, ich war draußen im Garten und habe nicht auf die Uhr gesehen. Es muss wohl so gegen sechs gewesen sein, nehme ich an«, antwortete sie leise.
Jetzt stand sie plötzlich auf.
»Ich will jetzt nach Hause, ich muss unbedingt die Kinder..., ich muss es den Jungen sagen.«
»Schaffst du’s allein?«, erkundigte sich Susanne tei l nahmsvoll, wobei sie Elkes Hände in die ihren nahm.
Elke Lehmberg zuckte nur mit den Schultern und blieb still sitzen, als könne sie sich nicht zum Aufstehen entschließen.
»Es wird schon gehen, aber ich muss jetzt erst einmal allein sein und überlegen, wie ich es den Kindern sage.«
Trotz allem war sie schon wieder ganz die umsichtig planende Hausfrau und Mutter.
Sie wollte allein sein. Trotzdem begleitete Holten sie noch die fünfzig Meter durch ihre jetzt unbeleuchtete Straße bis zu ihrem Grundstück und drückte sie dort an sich.
»Bleib stark«, flüsterte er ihr zu.
Etwas Besseres war ihm nicht eingefallen.
»Sie hat sich tapfer gehalten, finde ich«, meinte Susanne, als ihr Mann wieder im Haus war.
»Nun sag, was ist das für eine Sache?«
Holten ließ sich in den Sessel fallen. Sein Glas war leer, aber er konnte sich nicht aufraffen, in die Küche zu gehen. Er fühlte sich ausgelaugt und erschöpft, mehr seelisch als körperlich.
»Ich weiß es auch nicht. Irgendjemand hat Wilhelm auf dem Richtweg absichtlich überfahren und schrecklich zugerichtet, das ist klar. Bis jetzt haben sie keine verwertbaren Spuren gefunden, Cornelius von Taten leitet die Ermittlungen, und er hat Bernd Kasing in Verdacht«, fasste er kurz zusammen.
»Warum?«
»Wie soll ich das wissen?«
Sie meinte jedoch seine letzte Bemerkung.
»Weshalb hat er Bernd in Verdacht?«
»Er war wohl zur Tatzeit in der Nähe des Tatortes. Aber du kannst dich ja erinnern, was ich dir über von Taten erzählt habe. Er weiß immer gleich, wer es war, und den richtigen Täter greifen sich Tessmann und Nase.«
»Kannst du dir einen Reim darauf machen?«
Er fuchtelte hilflos mit den Händen herum.
»Nein, wie soll ich«, stöhnte er, »ich weiß gar nichts, und ich will auch gar nichts wissen.«
Eigentlich wollte er die ganze Sache aus seinem Kopf loswerden. Mit einem Ruck stand er auf und stellte das Fernsehgerät wieder an. Er wollte sich ablenken und an etwas anderes denken. Im Fernsehen lief ein amerikanischer Krimi, und er war gerade in den finalen Showdown geraten. Er stellte den Fernseher wieder ab.
Vielleicht sollte ein pensionierter Kommissar doch lieber im Fernsehsessel sitzen bleiben.
Nach einer unruhigen Nacht und einem kurzen Frühstück war Holten schon verhältnismäßig früh wieder auf seinem Fahrrad unterwegs zum Fundort der Leiche. Trotz der kurzen Nacht fühlte er sich besser - er konnte den Vorfall nun sachlicher betrachten und war nicht mehr so emotional berührt wie am Abend vorher.
In der Zeitung, die er kurz überflogen hatte, hatte er noch nichts über das furchtbare Ereignis finden können und war froh darüber.
Auch wenn er sich vorgenommen hatte, sich aus der ganzen Sache herauszuhalten, so zog es ihn trotzdem zum Tatort.
»Du bist wie ein guter Fährtenhund«, hatte ein Kollege früher einmal zu ihm gesagt. Das war es wohl. Er umkreiste den Ort des Geschehens und wartete darauf, dass ihn irgendein Hinweis auf die richtige Spur führen würde.
Und in diesem Fall spürte er noch eine weitere Verpflichtung: nämlich einen guten Bekannten von einem unbegründeten Verdacht zu befreien, der durch von Taten in die Welt gesetzt worden war.
Als er von der Straße in den Waldweg einbog, musste er absteigen und das Fahrrad schieben – das Fahren auf dem lockeren Sandboden war unmöglich. So war es Lehmberg sicher auch gegangen. Er lehnte
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