Auf und ab - Mord in Hellwege
als unbedingt notwendig in Untersuchungshaft schmoren lassen, deshalb war jetzt Eile geboten. Er hatte erlebt, dass Menschen, die in Untersuchungshaft waren, die unglaublichsten Taten, auch Kapitalverbrechen, gestanden hatten, nur damit sie dem täglichen grauen Einerlei ihrer Lage entkommen konnten und ihr Fall endlich weiter behandelt wurde.
Nach wie vor waren für ihn die Ungereimtheiten im Zusammenhang mit ihrem Flugplatz als Erstes aufzuklären.
Die einzige Möglichkeit, unter Umständen etwas über einen ungewöhnlichen Flugverkehr herauszubekommen, waren Informationen von der Flugsicherung, und die einzige Verbindung, die Holten zu dieser Stelle hatte, war Jan-Ole Wing. Holten kannte ihn, weil er auch Pilot und Vereinsmitglied war. Jan hatte schon im Towerdienst in Frankfurt gearbeitet und war jetzt in der Regionalkontrolle in Bremen. Er kannte den ganzen Betrieb ziemlich gut.
Gerade als er zum Telefon ging, um Wing anzurufen, läutete es an der Tür, und von Taten winkte ihm durch das Glas der Haustür zu. Er hatte heute rotbraune Knickerbocker an. Holten begrüßte ihn nicht gerade überschwänglich, bat ihn aber trotzdem herein.
»Was verschafft mir die Ehre, wenn es nicht gerade Teedurst ist?«
»Der ist es auch, aber nicht allein«, sagte der Kurze und machte sich in Siegerpose im Sessel breit. »Ich wollte dir eigentlich nur die neusten Ermittlungsergebnisse mitteilen.«
»Das ist nett von dir«, entgegnete Holten höflich, obwohl ihn von Tatens › Ergebnisse ‹ und die sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht besonders interessierten.
Er bereitete den gewünschten Becher Tee, stellte den Zucker und die Milch dazu und steckte sich eine Zigarette an, bevor er sich von Taten gegenüber auf das Sofa setzte.
Von Taten fing sofort an:
»Du hast mich ja am Montag selbst auf die Idee mit Kasing gebracht. Wir sind also hingefahren und haben ihn gefragt, wo er am Montagmorgen gewesen ist. Er hat gesagt, er ist gleich nach Arbeitsbeginn, also um sieben Uhr, nach Sottrum gefahren, um dort irgendetwas auf einer Baustelle zu erledigen. Nun hat aber der zweite Firmenwagen, der noch in der Firma ist – der andere ist ja noch beschlagnahmt -, einen Fahrtenschreiber, und wir haben uns die Scheibe geholt. Daraus geht hervor, dass er nur drei Minuten gefahren ist, dann gut eine Stunde nicht, und dann wieder drei Minuten. In drei Minuten fährt niemand in einem Transporter von Hellwege nach Sottrum, wohl aber bis zum Hochsitz.«
Holten schwieg. Von Taten sah ihn erwartungsvoll an.
»Und was hat er dazu gesagt?«, fragte er schließlich, um von Taten einen Gefallen zu tun.
»Nichts mehr. Er wurde dann etwas verstockt. Er hat darauf bestanden, dass er in Sottrum war, das könnten wir nun glauben oder nicht. Dann hat er uns stehen lassen und ist in die Werkstatt gegangen. Wir waren alle sicher, dass er lügt.«
»Und dann habt ihr ihn verhaftet.«
»Was hättest du denn gemacht? Ja, ich weiß schon, was du fragen willst. Natürlich haben wir kein Geständnis, aber wir haben genug Indizien. Ich habe einen Haftbefehl beantragt, ihn bekommen und Kasing dann festgesetzt.«
Holten saß still auf dem Sofa und blickte nachdenklich zu von Taten hinüber, der sich mit dem stolzen Lächeln des Siegers zurücklehnte. Er spielte nach dieser Nachricht schon mit dem Gedanken, die ganze Sache hinzuwerfen. Was konnte er noch tun? Aber vielleicht war es dieses Grinsen, das ihn anspornte, nicht aufzugeben und von Taten zu beweisen, dass er, wie immer, falsche Schlüsse gezogen hatte.
»Du bist auf der falschen Fährte, mein Lieber, verrenn dich nicht.«
Das war ziemlich schwach und nicht überzeugend, Holten wusste das, doch etwas Besseres war ihm nicht eingefallen. Die Gedanken und Überlegungen, die er zu diesem Fall hatte, wollte er von Taten noch nicht preisgeben, er hätte ohnehin nur ein noch spöttischeres Grinsen geerntet.
»Ich weiß, dass du gute Beziehungen zu Kasing hast, aber das macht ihn nicht unverdächtiger als andere. Und dieses Mal habe ich recht, es spricht zu viel gegen ihn. Die Jagdgewehre seines Vaters haben wir übrigens mitgenommen. Ich nehme an, wir werden die Mordwaffe darunter finden, wir untersuchen das gerade.«
»War der Waffenschrank denn nicht gesichert?«
»Das sollte er gewesen sein, ja, als wir aber nach den Gewehren gefragt haben und zum Schrank gegangen sind, war er unverschlossen, und der Alte sagte, er hätte den Schlüssel verloren.«
So viele Zufälle konnten nicht sein, und
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