Auf und ab - Mord in Hellwege
Fläschchen Wodka. Ausgerechnet Orangensaft! Apfelsaft wäre ihm lieber gewesen. Als sie bezahlt hatte, öffnete sie die kleine Flasche und schüttete den Inhalt in eins der Gläser. Die Flasche warf sie in den Müllbehälter hinter der Kasse. Sie kehrte zu ihrem Tisch zurück, stellte ein Glas vor ihn hin und setzte sich wieder. Sie hob ihr Glas.
»Zum Wohl, Max.«
Sie prostete ihm zu.
»Marie«, nickte er zu ihr hinüber.
Er nahm einen Schluck.
»Du hast doch keinen Wodka in mein Glas gekippt?«, fragte er argwöhnisch.
»Na, ich weiß doch, dass du noch fliegen willst. Aber ich musste einen haben, heute ist mir danach, und ich mag das«, antwortete sie fröhlich.
Der Orangensaft schmeckte ihm nicht, aber aus Höflichkeit trank er das Glas halb leer.
Sie hörte nicht auf zu reden, aber schließlich hatte sie alles erzählt und, was noch wichtiger war, auch keine Fragen mehr. Er war froh, dass sie sich zum Gehen anschickte, so konnte er den Rest im Glas stehen lassen.
Als sie sich verabschiedet hatte und verschwunden war, atmete er tief durch.
Um Viertel vor acht ließ Holten sich zum Flugzeug bringen, und nach einem gründlichen Außencheck saß er um kurz vor acht in der Maschine. Er war gut vorbereitet, alles lag bereit. Anflugkarten und Flightlog auf den Knien, Karte und Checkliste auf dem Nebensitz, Taschenlampe und Stift in der Brusttasche seines Oberhemdes. Er stellte das Funkgerät an und hörte in den Funkverkehr hinein. Hier musste man sogar um Genehmigung bitten, den Motor anlassen zu dürfen.
Jetzt würde sich zeigen, ob er noch alle Verfahren beherrschte oder doch ein Amateur war.
»Amsterdam Ground, D-ELPA, Cessna 172 at the ramp, VFR from your airfield to Bremen, information Mike received, request start up.«
Er bekam unverzüglich Antwort, und mit den üblichen Verfahren wurde er an Amsterdam Tower durchgereicht. Als Startbahn war ihm die ZWEI-ZWEI zugewiesen worden. Nach kurzer Zeit erhielt er die Startfreigabe und war um kurz nach halb neun in der Luft. Als er die Kontrollzone verlassen hatte, war seine Höhe zweitausend Fuß, und er schaltete auf die Amsterdamer Informationsfrequenz um. Hier antwortete man auch sofort, nachdem er sich pflichtgemäß gemeldet hatte, und wies ihm die Radarkennung zu.
»D-ELPA, roger, squak 0026!«
»0026 is coming down, D-ELPA.«
Alles lief wunderbar, Holten fühlte sich wie ein Airlinercaptain.
Er schaltete den Transponder auf den angesagten Code. Der Wind war, wie er jetzt feststellte, ganz bestimmt stärker als vorhergesagt und kam genau von hinten, er flog jetzt mit einer Geschwindigkeit von ungefähr zweihundertsiebzig Kilometern in der Stunde über Grund. Wenn er weiter so schnell flog, würde er noch im Hellen in Bremen landen. Er wollte jedoch eine Nachtlandung machen, und deshalb reduzierte er die Fahrt auf ungefähr zweihundertzwanzig.
Holten musste sich jetzt bei DutchMil melden und gab ihnen seinen geschalteten Transpondercode durch.
»D-ELPA, roger, squak ident!«
»D-ELPA, ident«, bestätigte Holten.
Er drückte die geforderte Taste am Transponder, und eigentlich sollte auf den Radarschirmen der Kontrollstelle sein Radarecho jetzt hell aufleuchten. DutchMil meldete sich wieder:
»D-ELPA, I have no signal, you’re not identified.«
Er wurde nun aufgefordert, einige Kurven zu fliegen, damit sein Flugzeug identifiziert werden konnte. Schon während des Kurvens hatte er bemerkt, dass das grüne Licht am Transponder nicht mehr aufblinkte. Das Gerät hatte also schon wieder seinen Dienst quittiert.
Der Controller brauchte einige Zeit, bis er Holtens Flugzeug sicher ausgemacht hatte, doch schließlich konnte er seinen berechneten Kurs weiterfliegen.
Die Kurverei hatte ihn angestrengt, er fühlte sich wie ein Athlet nach einem Marathonlauf. Holten konnte sich das nicht erklären, gewöhnlich bewirkte das Herumturnen in der Luft immer das Gegenteil bei ihm, es regte ihn an. Jetzt war er plötzlich sehr müde und hatte auch keine Lust mehr, seine Route per Hand abzufliegen. Er schaltete deshalb den Autopiloten ein, alle drei Achsen, Wingleveler, Höhenhaltung, und den Kurs auf den Kreiselkompass.
Dann legte er den Kopf an die Seitenscheibe, schloss die Augen und schlief ein.
Als Susanne um die Straßenbiegung gefahren war, stand plötzlich unmittelbar vor ihr ein Bagger auf der Fahrbahn. Sie bremste hart und wunderte sich, dass vor der Kurve kein Baustellenschild gestanden hatte, da schwenkte der Greifarm plötzlich herum und senkte
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