Auf verlorenem Posten
Ma’am.«
»Gut.« Honor massierte sich die Schläfe und spürte dabei Nimitz’ Anspannung, der auf der Rückenlehne ihres Stuhls saß. Sie glaubte, besonnen und selbstsicher zu klingen, ganz die pflichtbewußte Kommandantin, die sich nur um ihre Aufgaben kümmert, während sich ihr der Magen verkrampfte mit etwas, das nur zu sehr nach Furcht schmeckte und ihr den Kopf mit Unsicherheit füllte. Doch sie hatte keine andere Wahl. Sie wußte, wie sie ihre Pflicht zu tun hatte, sonst nichts. Trotzdem war es zum ersten Mal in ihrer Laufbahn nicht genug, nach dem stabilisierenden Gewicht der Verantwortung zu tasten. Einfach nicht genug.
»Gut«, wiederholte sie und senkte die Hand von der Schläfe. Sie starrte einen Moment auf ihre Finger, dann schaute sie McKeon wieder an. Ihr Gesicht wirkte jünger und verwundbarer, als er es jemals zuvor gesehen hatte. Eine vertraute Anwandlung von Groll wallte in ihm auf wie ein unfreiwilliger mentaler Reflex, doch mit dem Groll erhob sich ein anderer, stärkerer Impuls.
»Wir kümmern uns schon darum, Ma’am«, hörte er sich sagen und bemerkte tief in ihren Augen die Überraschung. Er wollte noch mehr sagen, doch selbst das überstieg im Moment seine Kraft.
»Danke, Eins-O.« Honor atmete tief durch, und er sah, wie sich ihr Gesicht veränderte. Der Captain war wieder da, senkte sich wie ein Schild über ihre stark knochigen Züge. Sie nahm die Schultern zurück.
»In der Zwischenzeit«, sagte sie etwas flotter, »werde ich Dame Estelle fragen, ob sie uns Barney Isvarian heraufschicken kann. Ich möchte, daß er sich mit Papadapolous und mir zusammensetzt, um diese neuen medusianischen Waffen zu besprechen.«
»Jawohl, Ma’am.« McKeon trat einen Schritt zurück, nahm für einen Augenblick Haltung an, dann wandte er sich ab. Hinter ihm schloß sich zischend die Luke.
»Da ist es, Tremaine. Sehen Sie?«
Der NPA-Gefreite trat von dem elektronischen Feldstecher zurück, der auf einem Stativ oben auf dem Energierelais aufgestellt war. Das Energierelais stand auf dem Hügelkamm über dem Krater, der einst ein Drogenlabor beherbergt hatte. Es hatte Stunden gedauert das unterplanetarische Kabel von dem Relais weiter unten bis an diesen Punkt zu verfolgen. Dann hatten die Probleme wirklich begonnen, denn der Rezeptor war kein direkter Weltraum-Uplink und außerdem omnidirektional. Das bedeutete, es konnte Energie aus allen Richtungen empfangen. Sie hatten nicht den geringsten Hinweis besessen, in welcher Richtung sein Relais wiederum lag, doch als Tremaine durch das Fernglas spähte, wurde sein Gesicht beim Anblick einer parabolischen Empfängerschüssel steinhart. Sie befand sich auf einer wesentlich höheren Hügelkette in etwa zwanzig Kilometern Entfernung. Die glatte Rundung konnte keine natürliche Formation sein, auch wenn sie die gleiche Farbe wie der Fels ringsum besaß.
»Ich glaube, Sie haben recht, Chris.« Er blickte auf den Richtungsanzeiger auf dem Stativ, dann hob er das Armbandcom an den Mund. »Hiro?«
»Hier, Skipper«, kam Yammatas Stimme aus der Pinasse, die über ihnen schwebte.
»Ich glaube, Rogers hat’s gefunden. Sehen Sie sich den Hügelkamm im Norden an, Richtung …« – er sah noch einmal auf den Zeiger – »Null Eins Acht bezogen auf dieses Relais.«
»Nur eine Sekunde, Skipper.« Die Pinasse verschob sich leicht, dann drang Yammatas Stimme wieder aus dem Com. »Sagen Sie Chris, er habe gute Augen, Skip. Wir haben es gefunden.«
»Gut.« Tremaine nickte dem NPA-Mann anerkennend zu, dann sah er wieder zur Pinasse hoch. »Sagen Sie Ruth, sie soll uns auflesen, dann fliegen wir hinüber.«
»Aye, aye, Sir. Wir sind schon dabei.«
»Major Papadapolous, Ma’am«, sagte McKeon und trat zur Seite, als Captain Nikos Papadapolous vom Königlich-Manticoranischen Marinecorps in Honors Besprechungsraum marschierte.
Auf einem Schiff im Kriegszustand durfte es nur einen ›Captain‹ geben, da sich jede Unsicherheit darüber, auf wen sich jemand in der Hitze des Gefechts bezog, als fatal erweisen konnte. Um diese Fehlerquelle auszuschalten, erhielt Papadapolous eine höfliche ›Beförderung‹. Trotz seiner Hauptmannsrangabzeichen sah er von Kopf bis Fuß wie ein Major aus, als er in der Luke stehenblieb wie jemand, der gerade von einem Rekrutierungsplakat auf die Straße getreten war. Barney Isvarian war ein echter Major, doch er sah längst nicht so adrett aus. Um der Wahrheit der Ehre zu geben, er sah aus, als käme er geradewegs aus der
Weitere Kostenlose Bücher