Auf verlorenem Posten
beschäftigte sich mit der Frage, welche Reaktionen von der Crew zu erwarten waren, wenn Honor die neue Entwicklung bekanntgab. Ohne Zweifel würden ihre Leute die Abreise der Warlock als weiteres Zeichen einstufen, verbannt und mit dem unbedeutendsten Posten der gesamten Flotte betraut worden zu sein, und bald darauf würden sie begreifen, wie schwer die Last war, die Young ihnen aufgebürdet hatte. Ein einziges Schiff, um sämtliche Polizeiaufgaben im Sonnensystem wahrzunehmen, allen Verkehr zu kontrollieren, der durch den Basilisk-Terminus kam – es war unmöglich. Sie konnten nicht überall gleichzeitig sein, und allein der Versuch würde so viel Streß erzeugen, daß Körper und Geist bald gelähmt sein mußten.
Genau das hatte Young gewollt. Er hinterließ Honor eine unmöglich zu erfüllende Aufgabe und kicherte innerlich bei dem Gedanken, daß ihr Unvermögen, sie zu erfüllen, sich in ihrer Personalakte niederschlagen würde. Anders als er mußte Honor erst noch auf die Kapitänsliste kommen, und wenn sie ihr erstes unabhängiges Kommando verbockte – ganz gleich, wie es ihr zugefallen war –, dann würde sie niemals darauf kommen. Sie wurde zwar mit ›Captain‹ angeredet, aber das war Navy-Etikette – sie besaß den Titel, aber sie bekleidete nicht den Rang.
Doch noch hatte sie’s nicht verbockt, und sie nickte bei sich – ein heftiges, wütendes Nicken. Es war immer noch besser zu wissen, daß Young sie hereingelegt hatte und zusehen wollte, wie sie versagte und sich die Karriere ruinierte, als unter seinem Kommando zu dienen, sagte sie sich. Sollte er doch nach Manticore zurückkehren! Je schneller er aus ihrem Sonnensystem verschwand, desto besser! Eins stand jedenfalls fest: Schlechter als er konnte sie den Job gar nicht erledigen.
Sie hatte einmal einen Fehler gemacht was Young anging. Sie würde nicht zulassen, daß er sie dazu trieb, einen zweiten zu begehen. Was auch immer dazu nötig wäre: Sie würde ihre Pflichten erfüllen und sich ihrer Verantwortung stellen. Nicht ihrer Karriere wegen, sondern weil es ihre Pflichten und Verantwortlichkeiten waren. Und weil sie ein Stück aristokratischen Abschaums wie Pavel Young nicht gewinnen lassen wollte.
Honor Harrington straffte den Rücken und betrachtete den Datenchip mit den Befehlen in ihrer Hand, und dabei funkelten ihre dunkelbraunen Augen gefährlich.
7.
Der Besprechungsraum der Kommandantin war von der Brücke aus zugänglich. Die Offiziere erhoben sich, als Honor durch die Luke trat. Mit einem Wink bedeutete sie ihnen, sich wieder zu setzen. Sie ging zu ihrem Sessel; ihre Bewegungen waren forsch und verrieten Gefühl. Sie setzte sich und wandte sich allen zu; ihr Gesicht war ohne Ausdruck.
»Ladies und Gentlemen«, begann sie ohne Einleitung, »die Warlock bricht in dieser Stunde zur Überholung nach Manticore auf.« Überrascht hob McKeon den Kopf. Honor behielt den kühlen, gleichmäßigen Tonfall bei und fuhr beinahe abgehackt fort: »Captain Young wird das Schiff begleiten, und damit ist die Fearless das einzige Schiff der Königin im Sonnensystem … und ich selbst bin Befehlshaberin des Stützpunktes.«
Sie gestattete sich ein knappes Lächeln, als in der Runde fast Bestürzung laut geworden wäre, doch ihre Augen blieben kalt wie Eis. Sie hatte versucht, sie durch die Erwähnung der Gelegenheit, sich zu bewähren, zu motivieren. Sie hatte an den Stolz der Offiziere appellieren wollen, doch sie prallte anscheinend gegen eine Mauer. Also gut. Wenn die Damen und Herren auf die Einladung, ihren Pflichten mit Selbstwertgefühl zu begegnen, nicht reagieren wollten, dann würde Honor andere Saiten aufziehen.
»Es ist wohl kaum nötig zu sagen, daß uns dies mit vielen Aufgaben zurückläßt, von denen einige sich sogar widersprechen könnten. Dies ist jedoch ein Schiff der Königin. Wir werden unsere Pflichten erfüllen, oder der oder die Verantwortliche bekommt es mit mir zu tun. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
Der kalte Blick aus Harringtons braunen Augen schien jeden einzelnen von ihnen aufspießen zu wollen, und als er auf McKeon ruhte, rutschte er unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Er hob den Kopf, doch er schwieg, und sie nickte.
»Gut. In diesem Fall wollen wir uns genau ansehen, worin unsere Pflichten und Verantwortlichkeiten bestehen, nicht wahr?«
An ihrem Platz am Kopf des Konferenztisches befand sich ein Computerterminal. Sie drückte auf einige Tasten.
Ein Holodisplay des Basilisk-Systems im kleinem
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