Auf verlorenem Posten
er hatte es nicht gut aufgenommen. Ohne Zweifel hatte dieser ›Affront‹ gegen seinen Stolz die darauffolgenden Ereignisse erst ausgelöst. Seine spontane Reaktion war schon übel genug gewesen. Die Akademie war sehr empfindlich, was sexuelle Belästigung anging, insbesondere, wenn sie sich durch gegen eine Untergebene gerichtete, ausfallende Worte und unziemliches Benehmen eines vorgesetzten Midshipmans äußerte. Commandant Hartley war darüber erbost genug gewesen, doch hätte er die Wahrheit geglaubt?
Er hätte; heute wußte Honor das. Es war ihr schon vor Jahren klar geworden, und sie bereute zutiefst, Hartley damals nicht alles erzählt zu haben. In der Rückschau begriff sie seine Winke als unverhohlene Bitten, ihm alles zu berichten. Hätte Hartley keinen Verdacht gehegt, dann hätte er auch nicht von Young verlangt, sich bei ihr zu entschuldigen, obwohl sie ihn zu Brei geschlagen hatte. Young hatte weder mit Honors Körperkraft noch ihrer Reaktionsschnelle dank Sphinx’ höherer Schwerkraft gerechnet, und schon gar nicht mit der Zusatzausbildung in waffenlosem Kampf, die Chief MacDougal ihr erteilt hatte. Außerdem hatte sie es besser gewußt, als ihm noch eine Chance zu geben, nachdem sie ihn einmal am Boden hatte. Er hatte großes Glück gehabt, sie in der Dusche anzugreifen, wo Nimitz nicht dabei war, denn er würde heute wesentlich weniger gut aussehen, wäre der Baumkater anwesend gewesen.
Zweifellos war es für ihn auch ohne Niinitz schlimm genug gewesen. Sie mußte vor sich selbst zugeben, ein gewisses barbarisches Vergnügen verspürt zu haben, als sie ihn für das verletzte, was er ihr anzutun versucht hatte. Doch die Reaktion war dem offiziell vorgebrachten Fehlverhalten alles andere als angemessen. Niemand hatte je geglaubt, daß sein ›Sturz von der Treppe‹ ein Unfall gewesen war. Hartley besaß zwar keine Beweise, doch er würde Young niemals so hart rangenommen haben, wenn er sich nicht recht genau zusammengereimt hätte, was wirklich geschehen war.
Aber damals hatte sie es einfach nicht begriffen und sich damit beruhigt, bereits etwas in der Sache unternommen zu haben. Daß sie keinen Skandal verursachen wolle, der nur dem Ruf der Akademie abträglich wäre. Daß vieles Reden die Sache nur noch schlimmer mache, da ihr sowieso niemand glauben würde. Daß es schlimm genug sei, in etwas derart Demütigendes, Erniedrigendes verwickelt zu sein, ohne sich zusätzlich auch noch damit bloßzustellen! Sie hatte fast die Schandmäuler hören können, wie sie sich über das nicht allzu attraktive Mädchen und ihre ›Wahnvorstellungen‹ zerrissen – und außerdem: Hatte sie nicht ein wenig übertrieben? Es hatte kein Grund bestanden, Young halb bewußtlos zu prügeln. Es war ihr aus der Hand geglitten und von Selbstverteidigung in Bestrafung ausgeartet.
Also hatte Honor die Sache auf sich beruhen lassen, und das erwies sich nun als schlimme Fehlentscheidung: Versuchte Vergewaltigung war eins der Vergehen, die unbedingte Entlassung von der Akademie nach sich zogen; wenn Young für schuldig befunden worden wäre, hätte er niemals die Uniform eines Offiziers getragen, adliger Herkunft oder nicht. Aber sie hatte ihn nicht aus dem Dienst gedrängt und sich einen lebenslangen Feind geschaffen. Young würde niemals vergessen, daß sie ihn blutig geschlagen hatte. Ebensowenig würde er ihr jemals die Demütigung verzeihen, sich in Anwesenheit von Commandant Hartley und dessen Erstem Offizier vor ihr entschuldigen zu müssen. Young besaß einflußreiche Freunde innerhalb und außerhalb der Streitkraft, das hatte Honor im Lauf ihrer Karriere mehr als einmal zu spüren bekommen. Youngs maliziöse Freude, die volle Last der Verantwortung für das Basilisk-System auf ihre Schultern zu laden – sie mit einem einzigen, veralteten Leichten Kreuzer zurückzulassen, um eine Aufgabe zu erfüllen, für die man eine komplette Flottille benötigt hätte –, brannte ihr wie Gift auf der Zunge. Es war niederträchtig und gemein – und paßte hervorragend zu seiner Persönlichkeit.
Honor schöpfte tief Atem, als der Lift den Beiboothangar erreichte und die Tür sich wieder öffnete. Sie hatte genügend Fassung wiedererlangt um Tankersley zum Abschied die Hand zu schütteln und fast normal zu klingen, als sie ihm Lebewohl wünschte. Dann ging sie zurück an Bord des Kutters.
Sie lehnte sich in den Sitz zurück, als das Beiboot sich von der Warlock löste und den Rückweg zur Fearless antrat. Ihr Verstand
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