AUFBRECHEN! - Warum Wir Eine Exzellenzgesellschaft Werden Muessen
werden einfach für alles Spezialkliniken haben. Warum nicht eine Impfzentrale? Hingehen, stechen lassen, bezahlen, nach Hause, statt: »Ich bestelle den Impfstoff, der kommt zur Apotheke, Sie gehen dahin, holen ihn ab und kommen dann mit dem Impfstoff zu dem neuen Termin, den ich Ihnen jetzt gebe. Ich weiß leider nicht, ob diese Impfung für Polynesien wirklich obligatorisch ist. Können Sie nicht in ein bekannteres Land reisen?« In einer Impfzentrale sind die Wirkstoffe da und die Reiseprobleme eines jeden Landes bekannt.
Auf der anderen Seite gibt es bald den »Schnupfen-Husten-Doktor« für Bagatellkrankheiten, bei dem Sie nur kurz ein Rezept brauchen. Der sitzt bald neben dem Schlüsseldienst im Supermarkt, hinter ihm hängt wie bei McDonald’s eine Preisliste für Ohrenschmerzen oder Verdauungsprobleme. Hier könnte auch ein Zahnarzt sitzen, der nur die Zähne auf Karies nachschaut, aber nicht selbst behandelt. Sie setzen sich einfach hin, wie beim Schuhputzer auf den Stuhl, er schaut kurz in Ihren Mund und Sie zahlen 10 Euro. Können Sie ermessen, wie viel Zeit Ihnen das erspart? Und wie viel Geld? Der normale Zahnarzt kann das für 10 Euro nicht leisten, weil doch seine ganze Praxis in diesen paar Minuten mitbezahlt werden muss.
In den USA ist alles schon so weit. Surfen Sie einmal bei der MinuteClinic im Internet vorbei. Dort heißt es: »At MinuteClinic our board certified practitioners provide treatments, health screenings and vaccinations. We help you stay healthy. No appointments needed.« (… für einfache Behandlungen, Gesundheitschecks und Impfungen – keine Terminvereinbarung nötig).
Sie werden diese Entwicklung nicht wirklich gut finden. Aber Sie sollen hier nur verstehen, dass die Medizin im Prinzip zum halben Preis oder für ein Viertel zu haben sein wird. Niemand hat sich bisher wirklich radikal um die Effizienz gekümmert. In Deutschland wird es auch nicht so schnell eine MinuteClinic geben, weil es überhaupt nicht klar ist, wer die 10 Euro bezahlt. Wo reichen Sie den Beleg ein? Müssen Sie dazu einen Termin bei der Krankenkasse haben, weil Sie einen Termin beim viel teureren Arzt vermeiden konnten? Müssen Sie einen Brief mit der Bitte um Erstattung schreiben und damit zum Briefkasten laufen? Ich will sagen: Unser kompliziertes Gesundheitssystem ist hauptsächlich ein System zum Herumschieben von Geld. Die reine Behandlung der Patienten ist der einfachere Teil. Kann ich denn nicht gleich im Supermarkt beim Minutendoktor meine Gesundheitskarte einem Kartenleser zeigen, wie die Kreditkarte in der Tankstelle? Piep, bestätigen, fertig – das Computersystem dahinter erledigt alles andere ohne irgendwelche Menschen. So wird das in Zukunft aussehen! Aber da wird noch viel Wasser durch die Mühlen fließen. Bis dahin verschwenden wir unglaublich viel Geld.
Denken Sie doch einmal in derselben Weise über Universitäten nach. Ich bin Mathematikprofessor und kenne mich da ein bisschen aus. Wenn Sie Mathematik studieren wollen, müssen Sie im ersten Semester Analysis und Lineare Algebra lernen. In dieser Vorlesung sitzen an einer normalen Uni etwa 200 Anfängerstudenten, die bald gefrustet wegbleiben, weil ihnen insbesondere Lineare Algebra nicht in den Kopf will. Nach dem ersten Semester sind nur noch 80 bis 90 von den 200 da, nach dem zweiten Semester noch 50 bis 60. Sie lesen diese Statistiken über Abbrecherzahlen von Zeit zu Zeit in zornigen Artikeln der Studenten, denen dann ebenso zornige Professoren Faulheit und mangelnde Disziplin vorwerfen. Sei es wie es will (ich selbst finde die Vorlesungen schrecklich – dazu hier später mehr), ab dem dritten Semester verteilen sich die Studenten auf die Spezialfächer wie Zahlentheorie, Algebra, Wahrscheinlichkeit, Spieltheorie, Optimierung, Numerik, Funktionentheorie, Topologie, Statistik, Differentialgleichungen und so weiter und so weiter. Ein Studium dauert fünf bis sechs Jahre, von jedem Jahrgang bleiben nach dem zweiten Semester noch 60 Leute da. Also studieren nach dem dritten Semester noch 5 mal 60 Studenten, das sind insgesamt 300. Die verteilen sich auf vielleicht 40 bis 60 verschiedene Vorlesungen, die von den 30 Professoren und 100 Assistenten angeboten werden. Wenn jeder Student zwei bis drei Vorlesungen hört – wie viele Studenten sitzen dann in einer Vorlesung? So etwa 15 im rechnerischen Durchschnitt! In Wirklichkeit aber sitzen über 50 bei den beliebten Professoren in der Vorlesung und eine Handvoll bei anderen. Ein paar
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