Aufbruch zu den Sternen - Roman
Weltraumflüge, nur das dunkle Gefühl, dass die »Wissenschaft« ihre Durchführung in unbestimmter Zukunft ermöglichen würde.
Gleichwohl war die Astronautik von zwei unterschiedlichen Typen sehr ernst genommen worden, wenn auch aus verschiedenen Gründen.
Die Wirkung der praktisch gleichzeitig durchgeführten Versuche mit Langstreckenraketen und Atombomben auf Leute, die nur in militärischen Begriffen dachten, hatte in den fünfziger Jahren eine Reihe der haarsträubendsten Prophezeiungen seitens der Sachverständigen für mechanisierten Mord hervorgerufen. Für einige Jahre hatte man von Stützpunkten auf dem Mond oder – was der Sache noch angemessener schien – auf dem Mars gefaselt. Die verspätete Entdeckung der bereits zwanzig Jahre alten Oberth'schen Pläne für »Weltraumstationen« durch die amerikanische Heeresleitung gegen Ende des Zweiten Weltkrieges hatte Gedankengänge wiederbelebt, die das Groteske streiften.
In seinem klassischen Werk Wege zur Raumschifffahrt hatte Oberth den Bau gewaltiger »Raumspiegel« erörtert, durch die das Sonnenlicht, sei es für friedliche Zwecke oder zur Vernichtung feindlicher Städte, in einem Brennpunkt gesammelt werden sollte. Oberth selber hatte diese Idee nie sehr ernst genommen und muss ziemlich überrascht gewesen sein, als man sie zwei Jahrzehnte später feierlich ausgrub.
Die Tatsache, dass es ein Leichtes sein würde, die Erde vom Mond aus zu bombardieren, und sehr schwierig, den Mond von der Erde anzugreifen, hatte viele hemmungslose Militärsachverständige zu der Erklärung veranlasst, dass ihr Land anderen kriegslüsternen Rivalen zuvorkommen und unseren Satelliten im Interesse des Friedens besetzen müsse. Derartige Argumente waren in dem Jahrzehnt, das auf die Entfesselung der Atomenergie folgte, an der Tagesordnung – typische Nebenprodukte des politischen Irrsinns der Epoche. Mit der Rückkehr der Welt zu gesundem Denken und zur Ordnung verschwanden sie jedoch, von niemandem beklagt, wieder.
Eine zweite und vielleicht noch wichtigere Gruppe gab zwar zu, dass der interplanetarische Verkehr im Bereich des Möglichen läge, opponierte aber aus mystischen oder religiösen Gründen dagegen. Die »theologische Opposition«, wie sie gewöhnlich genannt wurde, glaubte, dass der Mensch irgendein göttliches Gesetz verletzen würde, wenn er über die Grenzen seiner Welt hinausstrebte. In den Worten eines der ersten und glänzendsten Kritiker, die das Interplanetarium gehabt hatte, des Oxforder Dozenten C. S. Lewis, waren astronomische Entfernungen »Gottes Quarantäne-Bestimmungen«. Sich darüber hinwegzusetzen, käme fast einer Gotteslästerung gleich.
Da diese Argumente sich nicht auf Logik gründeten, waren sie so gut wie unwiderlegbar. Das Interplanetarium hatte von Zeit zu Zeit Entgegnungen herausgegeben und darauf hingewiesen, dass man derartige Einwände gegen alle Entdecker hätte geltend machen können. Die astronomischen Entfernungen, die der Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts innerhalb weniger Minuten mit seinen Radiowellen überbrücken konnte, stellten längst kein solches Hindernis mehr dar, wie es die Meere für seine Steinzeitvorfahren dargestellt haben mochten. Ohne Zweifel hatte es auch in jenen prähistorischen Zeiten Leute gegeben, die den Kopf schüttelten und alles mögliche Unglück voraussagten, sobald die jungen Männer des Stammes auf Suche nach neuen Ländereien ins Ungewisse aufbrachen. Und wie richtig war es gewesen, dass man damit nicht erst gewartet hatte, bis die Gletscher zermalmend von den Polen hereinbrachen!
Eines Tages würden die Gletscher wiederkommen; und das war noch die geringste Katastrophe, die der Erde unter Umständen drohte, ehe ihr Lauf beendet war. Einige dieser Katastrophen konnte man nur ahnen, aber mindestens eine konnte man fast mit Sicherheit voraussagen.
Für jedes Gestirn kommt der Augenblick, da die in seinen Atomschmelzöfen bestehende feine Ausgewogenheit eine Störung erleiden und nach der einen oder anderen Seite überkippen muss. In ferner Zukunft erhaschten die Nachkommen der Menschen aus der sicheren Entfernung der äußersten Planeten vielleicht einen letzten Anblick ihres Geburtsortes, der gerade in den Feuern der detonierenden Sonne versank.
Ein anderer Einwand, den diese Kritiker gegen die Raumschifffahrt vorbrachten, wirkte, oberflächlich betrachtet, überzeugender. Da der Mensch, sagten sie, so viel Elend über seine eigene Welt gebracht habe, sei kaum anzunehmen, dass er sich
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