Aufbruch zu den Sternen - Roman
wurden. Sir Robert Derwent selber musste in Aktion treten und seine Beziehungen spielen lassen und »den Kerl«, wie er es ausdrückte, »mit einem Erzbischof übertrumpfen«. Gerüchtweise verlautete, dass er auch einen Kardinal und einen Rabbi in Reserve hätte, falls aus dieser Richtung Anwürfe kämen.
Es war daher auch weiter niemand überrascht, als von einem pensionierten Stabsoffizier, der die letzten dreißig Jahre, anscheinend völlig geistesabwesend, in den Außenbezirken von Aldershot verbracht hatte, die Anfrage kam, was man zu tun gedenke, um den Mond in den britischen Staatenverband einzugliedern. Fast gleichzeitig erwachte auch ein Generalmajor in Atlanta aus längerem Schlummer und stellte den Antrag an den Kongress, den Mond zum fünfzigsten Bundesstaat zu erklären. Ähnliche Forderungen wurden in fast allen Ländern der Erde erhoben – vielleicht machten nur die Schweiz und Luxemburg darin eine Ausnahme –, während die internationalen Anwälte sich dem Ausbruch einer Krise gegenübersahen, vor der sie lange gewarnt hatten.
Damit war für Sir Robert Derwent der Augenblick gekommen, das berühmte Manifest herauszugeben, das schon vor Jahren eigens zu diesem Zweck aufgesetzt worden war.
»In wenigen Wochen«, hieß es darin, »hoffen wir, das erste Weltraumschiff von der Erde auf Fahrt schicken zu können. Wir wissen nicht, ob uns Erfolg beschieden sein wird, haben jedoch die Mittel zur Erreichung der Planeten schon fast greifbar in unserer Hand. Diese Generation steht am Ufer des Raumozeans und bereitet sich auf das größte geschichtliche Abenteuer vor.
Noch gibt es Leute, deren gesamtes Denken derart in der Vergangenheit wurzelt, dass sie glauben, man könnte die politischen Vorstellungen unserer Vorfahren auf andere Welten übertragen. Man spricht sogar davon, den Mond im Namen dieses oder jenes Landes zu annektieren und vergisst dabei, dass zur Durchquerung des Weltraums die vereinten Anstrengungen von Wissenschaftlern aus allen Ländern der Erde erforderlich waren.
Jenseits der Stratosphäre gibt es keine Nationalitäten mehr; was für Welten wir auch erreichen mögen – sie können nur das gemeinsame Erbgut aller Menschen sein – es sei denn, dass andere Lebensformen sie bereits für sich in Anspruch genommen hätten.
Wir, die wir uns bemüht haben, der Menschheit die Straße nach den Sternen zu öffnen, erklären hiermit ein und für alle Mal feierlichst: Wir werden keine Grenzen mit in den Weltraum nehmen.«
XIV
»Ich darf wohl annehmen«, sagte Collins, seiner Annahme nicht so ganz sicher, wie es schien, »dass Sie über die gewöhnlichen oder Gartenraketen so ziemlich im Bilde sind und begriffen haben, wie sie im luftleeren Raum funktionieren?«
»Ich weiß nur so viel«, erwiderte Dirk, »dass eine größere Masse, mit hoher Geschwindigkeit fortgeschleudert, einen Rückstoß erzeugen muss.«
»Gut. Es ist erstaunlich, wie viele Leute immer noch glauben, dass eine Rakete ›etwas zum Gegendrücken‹ haben müsste, wie man sagt. Sie müssen sich also stets vor Augen halten, dass jeder Raketenkonstrukteur ein Maximum an Geschwindigkeit – und noch etwas mehr – aus der Düse zu pressen versucht, die seine Maschine antreibt. Offensichtlich bestimmt die Ausströmgeschwindigkeit die der ganzen Rakete.
Die alten chemischen Raketen wie die V 2 hatten Ausströmgeschwindigkeiten von zwei bis zu drei Kilometern in der Sekunde. Bei einer solchen Leistung hätte man mehrere tausend Tonnen Treibstoff gebraucht, um eine einzige Tonne Fracht zum Mond und zurück zu befördern, was sich kaum rentiert hätte. Was man sich wünschte, war eine Treibstoffart, die praktisch gewichtlos war. Die Atomreaktionen, die über eine Million Mal so stark sind wie die chemischen, lieferten uns dieses Mittel. Die Energie, die durch die paar Pfund Materie in der ersten Atombombe frei wurde, hätte genügt, um tausend Tonnen bis zum Mond – und zurück – zu befördern.
Aber obwohl man die Energie freigesetzt hatte, wusste doch noch niemand etwas Genaues über ihre Verwendungsmöglichkeit als Antriebskraft. Dieses kleine Problem ist gerade erst gelöst worden, und es hat dreißig Jahre gedauert, die heutigen, noch sehr leistungsschwachen Atomraketen herzustellen.
Betrachten Sie das Problem einmal von diesem Standpunkt. In der chemischen Rakete erhalten wir unseren Antrieb durch Verbrennung eines Kraftstoffes und dadurch, dass die erhitzten Gase beim Entweichen Geschwindigkeit erlangen. In anderen
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