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Aufbruch zu den Sternen - Roman

Aufbruch zu den Sternen - Roman

Titel: Aufbruch zu den Sternen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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über den Zeitungsrand und funkelten die Jungen eulenhaft an. Dann richteten sie sich auf Hassell, der sich eines leichten Unbehagens nicht erwehren konnte. Ein längeres bedrückendes Schweigen entstand.
    Dann klopfte der Fremde leicht gegen seine Zeitung und sagte mit strenger Stimme:
    »Hier ist ein Bild von Mr. Hassell drin. Die Nase ist ganz anders. Und jetzt macht, dass ihr weiterkommt.«
    Wieder wurde die Papierbarrikade errichtet. Hassell ließ seine Blicke in die Ferne schweifen und ignorierte die Neugierde der beiden Jungen, die ihn ungläubig für eine weitere Minute anstarrten. Zu seiner Erleichterung entfernten sie sich endlich, noch immer heftig miteinander streitend.
    Hassell fragte sich, ob er sich bei dem Unbekannten für die gewährte Hilfe bedanken sollte, als der andere seine Zeitung zusammenfaltete und seine Brille abnahm.
    »Es besteht tatsächlich eine frappierende Ähnlichkeit«, sagte er, leicht hüstelnd.
    Hassell zuckte die Achseln. Sollte er sich zu erkennen geben? Er beschloss, das Spiel fortzusetzen.
    »Wenn ich aufrichtig sein soll«, sagte er, »so hat mich diese Ähnlichkeit schon ein paarmal in die größte Verlegenheit gebracht.«
    Der Fremde blickte ihn nachdenklich an. Seine Augen hatten einen verschwimmenden, in die Weite gerichteten Ausdruck.
    »Morgen fährt die Besatzung nach Australien, nicht wahr?«, sagte er rhetorisch. »Ihre Aussicht, heil vom Mond zurückzukehren, scheint mir nicht sehr groß zu sein.«
    »Doch wohl größer, als Sie annehmen.«
    »Nun, eine kleine Chance bleibt immerhin bestehen, und ich sollte mich nicht wundern, wenn sich der junge Hassell in eben diesem Augenblick fragte, ob er London je wiedersehen wird. Es wäre ganz interessant zu wissen, was er treibt – daraus könnte man eine Menge Schlüsse über ihn ziehen.«
    »Das könnte man wohl«, sagte Hassell, rutschte unbehaglich auf seinem Sitz hin und her und überlegte, wie er sich davonmachen könnte. Der Fremde schien jedoch in recht gesprächiger Verfassung zu sein.
    »Hier ist ein Leitartikel«, sagte er und schwenkte seine zusammengeknüllte Zeitung, »in dem auf all die Verwicklungen hingewiesen wird, die der Weltraumflug mit sich bringt, und auf seine Auswirkungen auf das tägliche Leben. Das ist alles ganz schön und gut, doch wann werden wir endlich zur Ruhe kommen? Eh?«
    »Ich kann Ihnen nicht ganz folgen«, sagte Hassell nicht ganz aufrichtig.
    »Auf dieser Welt ist Platz für alle, und wenn wir sie richtig führen, können wir gar keine bessere finden, selbst wenn wir durch das gesamte Universum gondeln.«
    »Vielleicht müssen wir gerade das erst tun, ehe wir die Erde richtig würdigen können«, sagte Hassell sanft.
    »Humph! Dann narrt uns bestimmt etwas anderes. Sollen wir denn nie zur Ruhe kommen und ein wenig Frieden haben?«
    Hassell, der dieses Argument schon oft gehört hatte, lächelte ein wenig.
    »Der Traum der Lotusesser«, sagte er, »mag für das Individuum angenehm sein – für die Rasse bedeutet er Stillstand und Tod.«
    Sir Robert Derwent hatte diese Bemerkung einst gemacht, und seitdem gehörte sie zu Hassells Lieblingszitaten.
    »Die Lotusesser? Augenblick mal – was sagt doch Tennyson gleich über sie – aber den liest heute ja auch kein Mensch mehr.
    ›Lieblich erklingt Musik hier und fällt leiser …‹ Nein, die Stelle meine ich nicht. Ah! Jetzt hab ich's!
     
    ›Kann man Frieden finden,
    indem man die klimmende Woge stets von Neuem erklimmt?‹
     
    Nun, junger Mann, kann man?«
    »Einige Menschen können das durchaus«, sagte Hassell. »Und sobald die Weltraumschifffahrt erst richtig in Gang kommt, werden sie vielleicht alle nach den Planeten stürzen und die Lotusesser ihren Träumen überlassen. Damit wäre beiden Seiten gedient.«
    »Und den Sanftmütigen würde die Erde gehören, eh?«, sagte sein Gefährte, der sehr literarisch veranlagt zu sein schien.
    »So kann man es auch ausdrücken«, erwiderte Hassell lächelnd. Er warf einen Blick auf seine Uhr, entschlossen, sich nicht in ein Argument verwickeln zu lassen, das nur ein Resultat haben konnte.
    »So spät schon! Ich muss leider gehen. Schönen Dank für das Gespräch.«
    Damit erhob er sich, sein Inkognito, wie er glaubte, wohl gewahrt. Der Fremde lächelte leicht und sagte ruhig: »Auf Wiedersehn.« Er wartete, bis Hassell sich etwa zwanzig Schritte entfernt hatte, und rief ihm dann mit lauter Stimme nach:
    »Und viel Glück – Odysseus!«
    Hassell blieb wie angewurzelt stehen und drehte

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