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Aufbruch zu den Sternen - Roman

Aufbruch zu den Sternen - Roman

Titel: Aufbruch zu den Sternen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Nachbildung des Wright'schen Doppeldeckers. Noch vor dreißig Jahren hatte das Original hier gehangen, aber jetzt befand es sich längst wieder in den Vereinigten Staaten, und nur wenige entsannen sich des langen Kampfes, den Orville Wright mit dem Smithsonian-Institut ausgefochten hatte, das die Ursache der Verlagerung gewesen war.
    Fünfundsiebzig Jahre – ein Menschenalter, nicht mehr – lagen zwischen dem leichten hölzernen Gestell, das sich bei Kitty Hawk ein paar Meter über den Boden erhoben hatte und dem gewaltigen Geschoss, das ihn vielleicht bald nach dem Mond befördern würde. Und er zweifelte nicht daran, dass die »Prometheus« in einem weiteren Menschenalter genauso altmodisch und primitiv aussehen würde wie der kleine, über seinem Kopf hängende Doppeldecker.
    Hassell trat auf die Exhibition Road hinaus. Draußen war heller Sonnenschein. Er wäre gern noch eine Weile im Museum geblieben, aber einige Leute hatten ihn ein wenig zu aufmerksam angestarrt. Seine Chancen, unerkannt zu bleiben, waren, wie er sich einbildete, im Inneren dieses Gebäudes geringer als irgendwo auf Erden.
    Er lief langsam durch den Park, schlug die altbekannten Wege ein und verweilte nur hier und da einen Augenblick, um die Aussicht auf Dinge zu genießen, die er vielleicht nie wiedersah. Es lag nichts Krankhaftes in dieser Erkenntnis; er stellte vielmehr erfreut fest, dass seine Gefühle dadurch eine erhöhte Intensität erfuhren. Gleich den meisten Menschen fürchtete sich auch Victor Hassell vor dem Tode; aber es gab eben Anlässe, die das Risiko rechtfertigten. Das war, zum Mindesten, so lange wahr gewesen, als es sich nur um seine eigene Person gedreht hatte. Er hätte gern den Beweis erbracht, dass es auch jetzt noch stimmte, aber darin hatte er bisher versagt.
    Nicht weit von Marble Arch gab es eine Bank, auf welcher er mit Maude in den Tagen vor ihrer Hochzeit oft gesessen hatte. Auf dieser Bank hatte er sie wiederholt gebeten, seine Frau zu werden, und sie hatte ihm fast ebenso oft einen Korb gegeben. Er war froh, dass die Bank im Augenblick unbesetzt war und ließ sich mit einem leisen Seufzer der Zufriedenheit darauf nieder.
    Diesem wohligen Gefühl war indes nur kurze Dauer beschieden, denn kaum fünf Minuten später gesellte sich ein älterer Herr dazu, der es sich mit einer Pfeife und einer Zeitung bequem machte. Hassell beschloss, noch ein paar Minuten sitzen zu bleiben und dann weiterzugehen, aber ehe er diesen Vorsatz, ohne unhöflich zu wirken, ausführen konnte, trat eine weitere Störung ein. Zwei kleine Jungen, die sich auf dem Wege getummelt hatten, wandten sich plötzlich nach Steuerbord und kamen auf die Bank zu. Sie musterten ihn hemmungslos von oben bis unten, wie es die Art ihres Alters ist, und dann sagte der Größere von beiden anklagend: »He, Sie, sind Sie nicht Vic Hassell?«
    Hassell sah sie sich etwas genauer an. Sie waren unverkennbar Geschwister – typische Londoner Gassenjungen. Er erschauerte leicht, als ihm zu Bewusstsein kam, wozu Vaterschaft unter Umständen führen könnte.
    Unter normalen Umständen hätte er sich ohne Weiteres zu erkennen gegeben, da er seine eigenen Schuljungen-Schwärmereien nicht vergessen hatte; und selbst jetzt hätte er sich wahrscheinlich nicht verleugnet, wenn man sich ihm höflicher genähert hätte. Diese Bengels schwänzten jedoch anscheinend die Schule, und wer weiß, was für Dummheiten sie bereits angestellt hatten.
    Er blickte sie scharf an und sagte in seiner besten May-fair- circa-1920 -Stimme:
    »Es ist halb vier, und ich habe kein Kleingeld bei mir.«
    Nach diesem meisterhaften non sequitur wandte sich der Jüngere an seinen Bruder und erklärte hitzig:
    »Hab ich dir nicht gleich gesagt, George, dass er's nicht ist!«
    Der andere packte ihn am Schlips und würgte ihn langsam ab und fuhr dann, als wäre nichts geschehen fort:
    »Sie sind Vic Hassell, der Raketenfritze.«
    »Seh ich aus wie Mr. Hassell?«, sagte Mr. Hassell und tat empört und überrascht.
    »Ja.«
    »Das ist merkwürdig – bisher hat mich noch niemand darauf aufmerksam gemacht.«
    Diese Behauptung war vielleicht irreführend, aber es war die Wahrheit. Die beiden Jungen blickten ihn nachdenklich an; der Jüngere durfte jetzt wieder Luft schöpfen. Plötzlich wandte sich George an den Mann mit der Zeitung. Sein Tonfall verriet, dass er seiner Sache schon nicht mehr ganz so sicher war.
    »Er will uns nur zum Besten halten, nicht wahr, Mister?«
    Zwei Brillengläser schoben sich

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