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Aufbruch zu den Sternen - Roman

Aufbruch zu den Sternen - Roman

Titel: Aufbruch zu den Sternen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Leere.
    Er nahm den sechsten Band noch einmal heraus und ging wieder an seinen Schreibtisch. Er hatte nicht den Mut, sofort mit der Suche nach den Druckfehlern und Ungenauigkeiten zu beginnen, die bestimmt vorhanden waren. Man würde sie ihm noch früh genug unter die Nase reiben.
    Der ganze Band war noch neu und steif und ließ sich nur schwer aufschlagen. Er ging die einzelnen Kapitelüberschriften durch und wand sich förmlich, als er zu dem Druckfehlerverzeichnis der Bände I–V gelangte. Dennoch waren ihm nur wenige vermeidbare Irrtümer unterlaufen – und er hatte sich vor allem keine Feinde gemacht, was zu gewissen Zeiten innerhalb des letzten Jahrzehnts nicht ganz einfach gewesen war. Einige von den hundert Männern, deren Namen im Gesamtregister aufgeführt waren, hatten sich durch seine Worte nicht gerade geschmeichelt gefühlt, aber keiner von ihnen hatte ihn je der ungebührlichen Parteilichkeit bezichtigt. Er glaubte nicht, dass aus seinen Ausführungen ohne Weiteres zu entnehmen war, mit welchen Männern ihn eine persönliche Freundschaft verbunden hatte.
    Er sah sich den Umschlag an – und seine Gedanken schweiften mehr als zwanzig Jahre zurück. Da lag die »Prometheus« und harrte ihres Schicksalsaugenblicks. Und inmitten der Menschenmenge, etwas links abseits, stand er selbst, ein junger Mann, dessen Lebenswerk noch vor ihm lag.
    Professor Alexson trat an das Fenster seines Arbeitszimmers und blickte in die Nacht hinaus. Die Aussicht war bis jetzt noch nicht durch Bauten versperrt, und er hoffte, dass es so bleiben würde, damit er stets den langsamen Sonnenaufgang über den Bergen, etwa fünfundzwanzig Kilometer von der Stadt entfernt, beobachten könnte.
    Es war Mitternacht, doch der stetige weiße Glanz, der über diese ungeheuren Abhänge herunterrieselte, war fast so hell wie der Tag selbst. Über den Bergen schienen die Sterne in jenem unverwandten Licht, das ihn noch immer seltsam berührte. Und höher noch …
    Professor Alexson legte den Kopf zurück und blinzelte durch halb geschlossene Augenlider auf die blendendweiße Welt, auf der er, falls er je wieder hinkam, nie wieder mit der früheren Leichtigkeit würde ausschreiten können. Sie flimmerte außergewöhnlich hell heute Nacht, da fast die gesamte nördliche Hemisphäre in leuchtende Wolken gehüllt war. Nur Afrika und das Mittelmeergebiet waren unverdunkelt. Er musste daran denken, dass es unter dieser Wolkenschicht Winter war; und was für ihn, aus einer Entfernung von einer Viertelmillion Meilen gesehen, hell und weithin leuchtend glänzte, sah von unten, von Landstrichen her, auf die kein einziger Sonnenstrahl fiel, wie er wusste, düster und grau aus.
    Winter, Sommer, Herbst, Frühling – hier waren sie ohne Bedeutung. Er hatte für immer von ihnen Abschied genommen, als er sich zum Wechsel seines Wohnsitzes entschlossen hatte. Es war ihm nicht leicht gefallen, aber er war nicht schlecht dabei gefahren. Er hatte sich von Wolken und Wellen, von Wind und Regenbogen, von blauen Himmeln und endlos verdämmernden Sommerabenden getrennt. Als Ausgleich dafür hatten sich ihm unbeschränkte Möglichkeiten eröffnet.
    Er entsann sich jener endlosen, jetzt viele Jahre zurückliegenden Argumente mit Maxton und Collins über die Bedeutung der Weltraumschifffahrt für die Menschheit. Einige ihrer Thesen hatten sich bewahrheitet, andere nicht – aber soweit es ihn betraf, hatten sie recht behalten. Matthews war der Wahrheit vielleicht am nächsten, als er damals behauptet hatte, von allen Vorteilen, die die Durchquerung des Weltraums mit sich bringen würde, wären nur jene wichtig, die nicht vorauszusehen wären.
    Vor länger als einem Jahrzehnt hatten die Herzspezialisten ihm noch drei Jahre gegeben, aber die epochemachenden medizinischen Entdeckungen in der Mondkolonie waren gerade noch rechtzeitig genug erfolgt, um ihn zu retten. Unter einem Sechstel einer Gravitationslast, wo ein erwachsener Mensch nur knapp dreißig Pfund wog, konnte ein Herz, das auf Erden versagt hätte, seine Funktion noch auf Jahre hinaus erfüllen. Es bestand sogar eine Möglichkeit – fast besorgniserregend in sozialer Hinsicht –, dass die Lebensspanne des Menschen auf dem Mond größer sein könnte als auf Erden.
    Viel früher, als man zu hoffen gewagt hatte, hatte die Astronautik ihre größte und überraschendste Dividende ausgeschüttet. Bereits jetzt lebten hier in der Nähe der Mondapenninen, in der ersten außerirdischen Stadt überhaupt,

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