Auferstanden: Thriller (German Edition)
Kriminaltechnikers erworben. Jetzt, mit siebenunddreißig, war Griffin ein übergewichtiger, vorzeitig ergrauter Mann mit lichtem Haar. Man hätte meinen können, jedes aufgeklärte Verbrechen und jede Verhaftung kostete ihn ein Lebensjahr. Mia befürchtete schon, dass das, was er ihr gleich zeigen würde, ihn mindestens zehn Jahre seines Lebens kosten würde.
»Kennen wir die Identität des Opfers?«
Jimmy nickte.
»Reich?«, fragte Mia.
»Nein, er war Diplomat.«
Mias Sorge wuchs.
»Wir wissen, dass die Fenster kugelsichere Scheiben haben und er keinen Besucher empfing.«
Jimmy öffnete die Tür und schaltete das Licht ein. Als das Licht in den Raum fiel, sah Mia einen Mann, dessen Alter sie kaum schätzen konnte. Er lag mit entspannter Miene und in friedlicher Pose auf dem Himmelbett. Der Tote trug ein weißes Priestergewand, das seinen Körper von den Schultern bis zu den Knöcheln bedeckte. Mia wusste zwar nicht genau, welchem Glauben er angehörte, aber ein Buddhist oder ein Hindu schienen ihr wahrscheinlicher zu sein als ein Christ. Er lag mit nackten Füßen und auf dem Bauch gefalteten Händen auf dem dicken Federbett.
Mia ging um das Bett herum und schaute aufmerksam auf seine makellose Haut. Die Wangenknochen und die Augen wiesen auf eine asiatische Abstammung hin. Das dunkle Haar war kurz geschnitten und noch nicht ergraut. Als Mia um den Leichnam herumging und auf die Fußsohlen sah, fielen ihr die dicken Schwielen auf. Dieser Mann musste oft barfuß gegangen sein. Sie beugte sich über den Toten und betrachtete die sorgfältig manikürten Hände mit den gepflegten Nägeln, unter denen kein Blut und kein Schmutz zu sehen war. Sein ganzer Körper war fast antiseptisch rein.
In all ihren Dienstjahren hatte Mia schon unzählige Tote gesehen. Es verwirrte sie immer und verdarb ihr die Laune nicht nur für einen kurzen Moment, sondern für mehrere Tage. Die Opfer waren nie eines natürlichen Todes gestorben, sondern ein anderer Mensch hatte ihr Leben gewaltsam beendet. Den Tod dieses Mannes empfand sie aus einem bestimmten Grund als besonders schlimm. Mia sah den Mord an einem Geistlichen als Beleidigung Gottes an. So teuflisch und böse die Menschen auch sein konnten, so glaubte sie, dass es eine Grenze gab, die niemals überschritten werden durfte.
»Es sieht so aus, als hätte er seinen Körper selbst auf den Tod vorbereitet, weil er wusste, dass er unvermeidbar war«, sagte Mia leise, während ihr Blick noch immer über den Leichnam, alle Seiten des Kopfes, den Hals und die Brust glitt. »Wo ist die tödliche Wunde?«
Jimmy trat ans Bett. Er ergriff beide Seiten des weißen Priestergewandes und zog sie behutsam auseinander, sodass der Oberkörper des Mannes entblößt wurde.
Was Mia sah, war nicht das, was sie erwartet hatte.
Sie starrte auf das zerrissene Fleisch auf der linken Seite des Bauches, wo die Kugel herausgeschnitten worden war.
»Es sind seine Fingerabdrücke auf dem Messer und dem Projektil«, sagte Jimmy.
»Er hat sich die Kugel selbst herausgeschnitten?«
Mia betrachtete den kreuzförmigen Einschnitt an der Stelle, wo die Haut vom Fleisch abgezogen worden war. Sie stellte sich die höllischen Schmerzen vor, als der Mann in seinem eigenen Bauch herumgewühlt hatte, um die Kugel herauszuholen.
Sosehr der Gedanke, eine Operation am eigenen Körper vorzunehmen, Mia auch zusetzte, was sie rund um die Wunde sah, schockierte sie noch mehr.
Dort hatte sich eine schwarze Flüssigkeit unter der Haut fadenförmig ausgebreitet, als wäre sie in die Adern eingedrungen und hätte das Blut dunkel verfärbt. Die tintenschwarzen Tentakel, die sich durch den ganzen Körper zogen, begannen an der Stelle, wo die Haut verletzt worden war, und verteilten die tödliche Substanz im ganzen Körper. Sie war über den Bauch und das Brustbein, über die Rippen und die Lunge nach oben vorgedrungen und hatte das Herz umkreist, als würde dieser Bereich sie besonders anziehen. Die schwarzen Spinnweben hatten das Fleisch seiner Farbe beraubt, dadurch erschien die unverletzte Haut ringsherum leichenblass.
»Der Mann hatte keine Chance«, sagte Jimmy. »Die Operation am eigenen Körper war nur ein vergeblicher Versuch, die Schussverletzung zu überleben. Sein Schicksal war besiegelt, als die Kugel in den Bauch eindrang. Ich nehme an, es handelt sich um ein Nervengift einer asiatischen Seeschlange, das langsam wirkt und qualvoll zum Tode führt. Er muss unerträgliche Schmerzen durchlitten haben.«
»Aus
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