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Auferstanden: Thriller (German Edition)

Auferstanden: Thriller (German Edition)

Titel: Auferstanden: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Detention Centers«, sagte Cristos. »Und Sie werden für uns die Kassette stehlen.«

26. Kapitel
    SURESH
    Der Junge war acht Jahre alt, als sein Vater ihm ein kleines rotes Buch mit einem Ledereinband gab. Dieses Buch war nur für jene bestimmt, deren Herzen als rein erachtet wurden und deren Zukunft darin bestand, sich der Religion, ihrem Volk und der Natur zu widmen.
    Auf den Seiten des Buches, das von den Mönchen der Cotis benutzt wurde, standen Gebete, aber wenn man die Seiten anfeuchtete, verschwanden sie. Dann hatte man leere Seiten, auf die man Gedanken und Texte schreiben konnte, die, sobald das Papier trocknete, nicht mehr sichtbar waren. Es wurde gemeinhin als »Buch der Seelen« bezeichnet, doch das war nicht der richtige Name, denn die wahre Bedeutung kannte nur der Besitzer.
    Der Sohn des Hohepriesters und Herrschers von Cotis, Suresh, hatte nicht nur reines Blut, sondern war auch mit so außergewöhnlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten gesegnet, wie sie seit Jahrzehnten niemand mehr in dem Dorf aufgewiesen hatte. Er wurde von Gelehrten, Geistlichen, Kriegern, Philosophen und Poeten unterrichtet, die seinen Geist, seinen Körper und seinen Charakter schliffen, um einen jungen Mann zu formen, der eines Tages den Platz seines Vaters als Herrscher von Cotis übernehmen würde.
    Als der Junge heranwuchs und den Zustand der Erleuchtung erlangte, übernahm er die Rolle des hohen spirituellen Führers von Cotis. Nun wurden auch seine Schriften anspruchsvoller. Sie behandelten neben der Vergangenheit auch die Gegenwart und die Zukunft.
    Suresh entwickelte sich zu einem kräftigen, starken, intelligenten jungen Mann, der über eine ausgezeichnete Auffassungsgabe verfügte. Darum nahm er alles, was ihm beigebracht wurde, schnell auf und zeigte in allen Fächern und Disziplinen hervorragende Leistungen, sei es im Nahkampf, der Waffenkunde, Mathematik, Spiritualität oder Philosophie.
    Doch Suresh, der einen scharfen Verstand besaß und sehr wissbegierig war, hatte das Bedürfnis, die Welt jenseits der engen Grenzen seiner Familie und des ehemaligen Königreichs von Cotis zu entdecken.
    Obwohl der gesamte Ältestenrat dagegen war, beschloss er, auf eine Pilgerreise zu gehen, um zu erfahren, wie Menschen lebten, die seine Heimat mit ihren Tempeln, Wäldern und ihrem naturverbundenen Dasein nicht kannten. Sein Vater flehte ihn an zu bleiben und erklärte ihm, er habe einen Blick in seine Zukunft geworfen und befürchte, dass er seine Seele an die Dunkelheit der Außenwelt verlieren könne. Suresh erwiderte, dass er, wenn er eines Tages die Herrschaft übernehmen solle, es mit einem weltumfassenden Blick und nicht mit dem der Abgeschiedenheit tun wolle.
    An diesem frühen Morgen eines wolkenlosen Tages herrschte reges Treiben auf dem Marktplatz der kleinen Stadt Rashivia in Indien, jenseits der Grenze von Cotis. Suresh saß am Fuße der Parshia-Berge. In dieser Stadt wohnten größtenteils Menschen der Mittel- und Unterschicht. Nur im Nordosten standen prächtige Häuser am See, wo Reiche ihren Sommer fern der Hektik in Delhi, Mumbai oder Kalkutta verbrachten. Verkäufer mit Handkarren, die hoch mit Obst, Gemüse, Dörrfleisch, Broten, Kleidung, Gewürzen, Orchideen und Werkzeugen beladen waren, standen dicht an dicht auf den Bürgersteigen und in den Gassen. Kleine Geschäfte mit offenen Fenstern und Türen säumten die schmutzigen Straßen. Es wimmelte auf dem Marktplatz von Menschen. Das monotone Geschrei der Händler, die ihre Waren anpriesen, hallte durch die Gassen. Suresh bahnte sich einen Weg durch die Menge, nahm die Energie in sich auf und spürte das pulsierende Leben ringsherum. Er staunte über das bunte Bild und die Unterschiede zwischen diesem Teil der Welt und seiner Heimat, die nur ein paar Kilometer entfernt lag. Suresh genoss die neue Freiheit in vollen Zügen und freute sich über seine Flucht vor den Ritualen und der Routine, die, wie er jetzt begriff, verhindert hatten, dass er die Welt verstand.
    Suresh trat an den Stand eines Obst- und Gemüsehändlers, warf dem gebeugten alten Mann hinter dem Karren eine Münze zu und nahm sich einen Apfel. Er biss hinein und ließ sich die süße Frucht schmecken. Als sein Blick über die Menschenmenge glitt, sah er eine junge Frau, die über den Markt rannte. Ihre langen, geschmeidigen Beine schienen über die ungepflasterte, dreckige Straße zu schweben. Suresh beobachtete die Frau mit dem langen schwarzen Haar, das im Rhythmus ihrer Schritte

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