Auferstanden: Thriller (German Edition)
äußern, ehe er starb.
Jack betrat die Zelle im Untergeschoss. Cristos saß mit gefesselten Armen und Beinen auf dem Bett. Er trug einen dunkelblauen Anzug, keine Krawatte und keinen Gürtel und ein Paar schwarze Gucci-Slipper. Er sah aus, als wäre er zu einem feinen Dinner eingeladen. Normalerweise wurden die Verurteilten in ihrer Häftlingskleidung hingerichtet. Cristos hatte gebeten, in seinem Lieblingsanzug sterben zu dürfen, und die Bitte wurde ihm erfüllt.
Er bewegte sich nicht, als Jack sich auf den Stuhl ihm gegenüber setzte. Der Täter und sein Ankläger musterten sich schweigend und konnten das Atmen des anderen hören.
»Wie ist das Wetter heute?«, fragte Cristos schließlich mit leiser, betonter Stimme.
Jack wunderte sich über diese Frage. »Die Sonne scheint. Es ist ein wolkenloser, warmer Frühlingstag.«
Cristos nickte. »Ist Ihnen bewusst, was hier heute geschieht?«
Jack erwiderte nichts und wartete darauf, dass der Verurteilte seine letzten Worte sprach.
»Jack, Sie beschuldigen mich des Mordes, dass ich Menschen das Leben genommen habe, und Sie tun genau dasselbe.«
»Das ist Ihr Urteil für die Morde, die Sie begangen haben.«
»Ich habe Sie schon einmal gefragt, Jack, könnten Sie auf den Abzug drücken?«
Jack antwortete ihm nicht.
»Ich habe gehört, dass Ihr Partner vor vielen Jahren gestorben ist und dass Sie zwei Menschen, halbe Kinder, getötet haben.«
Jacks Herzschlag setzte aus.
»Wurden Sie dafür verurteilt? Hat Sie irgendjemand für den Tod dieser Menschen verantwortlich gemacht?«
»Das war etwas ganz anderes.« Jack gefiel es gar nicht, sich diesem Mann gegenüber zu erklären.
»War es eher ein Kollateralschaden in Ausübung Ihres Berufes?«
»Die Bonsleys waren kein Kollateralschaden.«
»Oh, doch, das waren sie. Um einem durch und durch bösartigen Mann das Handwerk zu legen. Nachdem Sie Informationen über diesen General gesammelt haben, müssten selbst Sie zugeben, dass er es verdient hat zu sterben und dass sein Tod zahllosen Menschen das Leben gerettet hat. Ich wette, Sie hätten ihn nach all den Morden, die er begangen hat, gerne vor eines Ihrer Gerichte gestellt.«
»Wollten Sie so die letzten Minuten vor Ihrem Tod verbringen? Indem Sie versuchen, mir Schuldgefühle einzureden?«
Cristos lächelte, aber seine dunklen Augen blieben kühl. »Sie sollten gut auf Ihre Familie aufpassen.«
»Ist das eine Drohung? Ist jemand hinter meiner Familie her?«
»Nein, Jack. Ich habe mit niemandem gesprochen. Manchmal verlieren wir gerade das, was sehr wertvoll für uns ist, aus dem Blick.«
»Haben Sie Familie?«
»Ich hatte einst eine«, erwiderte Cristos nach einem kurzen Zögern.
Jack schwieg. Er hatte Cristos immer nur als Mörder vor Augen gesehen, und seine Taten widersprachen dem nicht. Jack wusste nicht, ob der Mann ihm etwas vormachte oder ob er ihm einen winzigen Blick in seine Seele gewährte.
»Wollten Sie darüber mit mir sprechen?«
Cristos schüttelte den Kopf.
»Und was wollen Sie mir dann sagen?«, fragte Jack ihn.
»Nichts ist so, wie es scheint.« Cristos schaute Jack in die Augen und flüsterte nun. »Denken Sie daran, dass der Tod nicht immer endgültig und nicht immer dauerhaft ist. Der Tod ist niemals das Ende.«
Jack hatte Cristos’ Worte noch im Ohr, als er durch die Spiegelglasscheibe zusah, wie der Mann, den er des Mordes überführt hatte, auf eine Liege aus schwarzem Leder geschnallt wurde. Es war ein kleiner Raum mit lindgrünen Fliesen an den Wänden und mehreren medizinischen Überwachungsmonitoren. Die medizinischen Assistenten hatten Cristos das Zegna-Jackett bereits ausgezogen und die Ärmel des weißen Hemdes aufgekrempelt, sodass seine muskulösen Unterarme entblößt wurden. Cristos starrte mit ausdrucksloser Miene in die Ferne. Seine Körperhaltung drückte weder Angst noch Besorgnis aus. Er wirkte ruhig, als wartete er auf eine einfache medizinische Behandlung.
Außer Jack hielten sich in dem Besucherraum Peter Womack, Carter Dorran, die beiden erwachsenen Kinder der Bonsleys, Mitglieder einer Delegation aus Pashir und verschiedene Vertreter der Strafverfolgungsbehörden auf Bundes- und Staatsebene auf. Niemand sagte ein einziges Wort. Es herrschte absolute Stille, als wären alle ins Gebet vertieft und warteten auf eine Art religiöser Zeremonie.
Zwei medizinische Assistenten betraten den Hinrichtungsraum und stellten sich jeweils auf eine Seite der Liege. Sie tupften Cristos’ Arme ab und legten an jedem
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