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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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sie ihre Stummelfinger zwischen den Stäben hindurchsteckte. Als Dragosani und Borowitz sich näherten, drehte die Gestalt sich zu ihnen um. Der Mann hatte schräg stehende Augen und seine Haut eine leichte gelblich-olivfarbene Tönung. Obwohl er einen kräftigen Unterkiefer hatte, schaffte er es, heiter auszusehen; wenn er lächelte, schien sich sein ganzes Gesicht in Falten zu legen, aus denen unglaublich tiefgrüne, lebendige Augen blinzelten. Er verbeugte sich aus der Hüfte, zuerst vor Borowitz, dann vor Dragosani. Dabei sah der Kranz aus wuscheligem braunem Haar um die kahle Mitte seines Kopfes aus wie ein Heiligenschein, der ein wenig verrutscht war. Er hatte etwas Mönchisches an sich, dachte Dragosani; eine braune Soutane und Sandalen hätten gut zu ihm gepasst.
    »Dragosani«, sagte Borowitz, »darf ich vorstellen: Max Batu, der behauptet, er könne sein Blut bis zu den großen Khans zurückverfolgen.«
    Dragosani nickte. »Ein Mongole. Ich schätze, ihr alle könnt euer Blut bis zu den Khans zurückverfolgen.«
    »Ich kann es wirklich, Genosse Dragosani«, sagte Batu mit seidenweicher Stimme. »Die Khans hatten viele Bastarde. Damit man sie nicht vom Thron stieß, gaben sie diesen illegitimen Sprösslingen Reichtum, aber keine Position, keine Macht, keinen Rang. Ohne Rang konnten sie sich keine Hoffnungen auf den Thron machen. Man erlaubte ihnen auch nicht, Frauen oder Männer zu nehmen. Falls sie es schafften, Kinder in die Welt zu setzen, wurden über die dieselben Einschränkungen verhängt. Die Traditionen sind mit den Jahren schwächer geworden. Als ich zur Welt kam, gehorchte man noch den alten Gesetzen. Mein Großvater war ein Bastard, mein Vater war es, und ich bin es auch. Wenn ich ein Kind haben werde, wird es ebenfalls ein Bastard sein. Ja, und in meinem Blut ist noch mehr als das. Unter den Bastarden des Khans gab es große Schamanen. Sie wussten viele Dinge, diese alten Zauberer. Sie konnten auch viele Dinge tun.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht viel, obwohl man sagt, dass ich intelligenter als andere meines Volks bin – aber es gibt gewisse Dinge, die ich tun kann ...«
    »Äh, Max hat einen sehr hohen IQ.« Borowitz lächelte wölfisch. »Er wurde in Omsk ausgebildet, entschied sich aber doch gegen die Zivilisation und ging zurück in die Mongolei, um Ziegen zu hüten. Aber dann hatte er einen Streit mit einem neidischen Nachbarn und tötete ihn.«
    »Er beschuldigte mich, einen Fluch auf seine Ziegen gelegt zu haben«, erklärte Batu, »sodass sie starben. Ich hätte es sicher tun können, aber ich tat es nicht. Ich sagte es ihm, aber er nannte mich einen Lügner. In diesem Landstrich ist das eine ganz üble Sache. Also habe ich ihn getötet.«
    »Ach so?« Dragosani versuchte krampfhaft, nicht zu schmunzeln. Er konnte sich nicht vorstellen, dass dieser unauffällige kleine Zeitgenosse jemanden umbrachte.
    »Ja«, sagte Borowitz. »Ich habe davon gelesen und es war interessant, was die, äh, Art des Mordes betrifft. Will sagen, die Methode, die Max anwandte.«
    »Seine Methode?« Dragosani begann, Spaß daran zu haben. »Er bedrohte seinen Nachbarn, und der lachte sich auf der Stelle tot! War es das?«
    »Nein, Genosse Dragosani«, entgegnete Batu selbst, sein Lächeln festgefroren. Große gelbliche Zähne glänzten wie Elfenbein. »So war es nicht. Aber Ihr Vorschlag ist sehr, sehr amüsant.«
    »Max hat den bösen Blick, Boris«, sagte Borowitz, und hörte endlich auf, ihn mit Nachnamen anzureden.
    Das allein hätte Dragosani schon warnen sollen, dass etwas Unangenehmes im Verzug war. Die Warnsirenen heulten zwar bereits, aber noch nicht laut genug.
    »Den bösen Blick?« Dragosani versuchte, ernsthaft auszusehen. Er schaffte es sogar, den kleinen Mongolen etwas besorgt anzublicken.
    »Genau«, nickte Borowitz. »Seine grünen Augen. Haben Sie je solch ein Grün gesehen? Sie sind reinstes Gift, glauben Sie mir: Ich habe mich natürlich in den Prozess eingeschaltet; Max wurde nicht verurteilt und kam stattdessen zu uns. Auf seine Art ist er so einzigartig wie Sie. Max ... könnten Sie dem Genossen Dragosani eine kleine Demonstration geben?«
    »Sicherlich«, sagte Batu. Er fixierte Dragosani mit seinen Augen. Borowitz hatte recht: Sie waren absolut ungewöhnlich in ihrer Tiefe, in ihrer völlig soliden Beschaffenheit. Es war, als ob sie aus Jade geformt wären und nicht aus lebendigem Fleisch. Nun heulten die Warnsirenen etwas lauter.
    »Genosse Dragosani«, sprach Batu,

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