Auferstehung
Leitung. »Das letzte Mal, dass wir miteinander gesprochen haben, war auf dem Dinner, das sie für dich gegeben haben, als du ›Psst – du weißt schon wen‹ verlassen hast! Und das war ’63.«
»Dreizehn Jahre!«, stieß Gormley erstaunt aus. »Wo die Zeit hingeht, was?« Gormley lachte trocken. »Nun ja, ich bin nur halb in den Ruhestand getreten, wie du vielleicht weißt. Ich mache immer noch dies und jenes in der Stadt. Und du – bist du immer noch so stur wie früher? Wenn ich mich richtig entsinne, hast du den Rektorenposten in Hartlepool bekommen.«
»Richtig, und da bin ich immer noch. Rektor? – Jesus, in Burma war es leichter!«
Gormley lachte laut auf. »Es ist schön, wieder von dir zu hören, Jack, besonders weil du bei so guter Gesundheit zu sein scheinst. Also, was kann ich für dich tun?«
Es gab eine kleine Pause, bevor Harmon schließlich antwortete: »Eigentlich komme ich mir ein bisschen wie ein Idiot vor. Ich war letzte Woche ein paar Mal kurz davor, bei dir anzurufen, aber ich habe es mir immer anders überlegt. Es ist eine so verdammt eigenartige Angelegenheit!«
Gormley war plötzlich interessiert. Er hatte nun schon seit vielen Jahren mit ›eigenartigen Angelegenheiten‹ zu tun. Seine eigene gut geschulte Begabung verriet ihm, dass sich hier etwas Neues auftat, und vielleicht war es etwas Großes. »Nur weiter, Jack, um was geht’s?«
»Ja, aber dies ist sehr – weißt du – schwierig, in Worte zu fassen. Ich meine, ich bin nah an der Sache dran, ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen, dennoch ...«
»Jack«, sagte Gormley geduldig, »erinnerst du dich an den Abend beim Essen, wie du und ich später ins Gespräch kamen? Ich hatte damals schon etwas getrunken und glaube, mich zu erinnern, dass ich Dinge erwähnte, über die ich besser geschwiegen hätte. Es war einfach so, dass du so arriviert erschienst, ich meine als Rektor und so weiter ...«
»Aber genau deswegen rufe ich doch jetzt an! Wegen unseres Gesprächs. Woher um alles in der Welt weißt du das?«
Gormley gluckste. »Nenn es Intuition«, sagte er. »Aber mach nur weiter.«
»Also, du hast gesagt, dass eine Menge Jugendlicher an mir vorbeiziehen würden, und dass ich meine Augen für welche offenhalten sollte, die ... etwas Besonderes ... sind.«
»Und nun hast du einen gefunden, der ein bisschen anders ist, oder?«
»Ein bisschen! Harry Keogh ist ganz anders, darauf kann ich dir mein Wort geben! Offen gesagt, weiß ich nicht, was ich von ihm halten soll.«
»Na, dann erzähl mir doch was, und wir sehen mal, was ich von ihm halte.«
»Harry Keogh«, begann Harmon, »ist ein verdammt schräger Bursche. Ich wurde auf ihn aufmerksam durch den Bericht eines Lehrers an der Knabenschule in Harden, die ein wenig weiter die Küste hinauf liegt. Er wurde mir als ›instinktiver Mathematiker‹ beschrieben. In Wirklichkeit war er fast ein Genie! Na, jedenfalls legte er eine Prüfung ab und bestand sie mit links! Und so kam er an die Technische. Nur sein Englisch war schrecklich. Ich habe ihn deswegen ein wenig auf den Arm genommen ... Als ich mit diesem Menschen oben in Harden sprach, ich meine den jungen Lehrer, ein Kerl namens George Hannant, bekam ich irgendwie den Eindruck, dass er Keogh nicht mochte. Aber vielleicht ist das zu viel gesagt; möglicherweise fühlte er sich in Keoghs Gegenwart bloß unbehaglich. Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, wieder mit Hannant zu sprechen, und so kam die ganze Angelegenheit ans Licht. Damit meine ich, dass Hannants Beobachtungen vor fünf Jahren genau zu meinen passen. Auch er glaubte zu der Zeit, dass Keogh ... dass er ...«
»Dass er was?«, drängte Gormley. »Was für eine Gabe hat der Knabe, Jack?«
»Gabe? Mein Gott! So würde ich es wirklich nicht nennen.«
»Also?«
»Lass es mich so ausdrücken. Nicht, dass ich mich vor meinen eigenen Schlussfolgerungen fürchte, verstehst du, ich glaube bloß, dass zunächst die Beweise vorgebracht werden sollten. Ich erwähnte, dass Keoghs Englisch schlecht war und ich ihn dazu drängte, besser zu werden. Er steigerte sich rapide. Bevor er die Schule vor zwei Jahren verließ, hatte er seine erste Kurzgeschichte verkauft. Seitdem sind zwei ganze Bücher mit ihnen erschienen. Sie haben sich in der ganzen englischsprachigen Welt gut verkauft! Das ist ein wenig niederschmetternd, um es milde auszudrücken.
Ich will sagen, dass ich seit dreißig Jahren versuche, meine Geschichten zu verkaufen, und dann kommt dieser Keogh
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