Auferstehung
daher, der noch keine neunzehn ist und ...«
»Und darum geht es?«, schnitt ihm Gormley das Wort ab. »Dass er schon so jung ein erfolgreicher Schriftsteller geworden ist?«
»Was? Himmel, nein! Ich freue mich für ihn. Oder wenigstens habe ich mich für ihn gefreut. Und das wäre immer noch so, wenn er nur ... wenn er das verdammte Zeug nicht so ...« Er verstummte.
»So was?«
»Er ... er hat, nun ja, Mitarbeiter.«
Etwas an der Art, wie Harmon das letzte Wort ausgesprochen hatte, ließ Gormleys Kopfhaut kribbeln. »Mitarbeiter? Aber die haben doch eine Menge Autoren? Mit achtzehn braucht er wahrscheinlich jemanden, der sein Zeug durchsieht und so weiter, könnte ich mir vorstellen.«
»Nein, nein«, sagte der andere mit einem frustrierten Unterton in der Stimme. Er hatte das Bedürfnis, etwas auszusprechen, wusste aber nicht wie. »Nein, das habe ich überhaupt nicht gemeint. In Wirklichkeit brauchen seine Storys ja keine Durchsicht, sie sind allesamt Juwelen. Ich habe die frühesten selbst für ihn abgetippt, von der Rohfassung, weil er keine Maschine hatte. Ich habe selbst dann noch ein paar getippt, nachdem er sich eine Schreibmaschine gekauft hatte, bis er eine Vorstellung davon hatte, wie ein gutes Manuskript auszusehen hat. Seitdem hat er alles selbst erledigt, bis vor Kurzem. Sein neuestes Werk, das er eben erst vollendet hat, ist ein Roman. Er hat ihn, man stelle sich vor, Tagebuch eines Lebemanns aus dem siebzehnten Jahrhundert genannt.«
Gormley konnte ein Kichern nicht unterdrücken. »Also ist er auch noch sexuell frühreif, was?«
»Das glaube ich wirklich. Also, ich habe mit ihm auch ein Stück weit an dem Roman gearbeitet, das heißt, ich habe ihn in Kapitel eingeteilt und allgemein etwas durchgesehen. Mit Keoghs Geschichtsdarstellung und seinem Gebrauch der Sprache des 17. Jahrhunderts ist alles in Ordnung. Es ist sogar erstaunlich akkurat, aber seine Rechtschreibung ist immer noch grauenerregend, und wenigstens dieses Buch war zusammenhanglos und voller Wiederholungen. Aber eins kann ich dir versprechen: Es wird ihm eine Menge Geld einbringen!«
Nun runzelte Gormley die Stirn. »Wie können seine Kurzgeschichten ›Juwelen‹ sein, während sein Roman zusammenhanglos und voller Wiederholungen ist? Klingt nicht gerade logisch.«
»In Keoghs Fall ist nichts logisch. Warum der Roman von den kürzeren Stücken abweicht, hat einen einfachen Grund: Sein Mitarbeiter an den Kurzgeschichten war ein Literat, der wusste, was er tat, während sein Mitarbeiter beim Roman ganz einfach ... ein Wüstling aus dem 17. Jahrhundert war!«
»Und?« Gormley war erstaunt. »Ich kann nicht ganz folgen.«
»Nein, das kannst du wahrscheinlich wirklich nicht. Ich wünschte bei Gott, dass ich es auch nicht könnte! Hör zu: Es gab einen sehr erfolgreichen Kurzgeschichtenautor, der in Hartlepool lebte und dort vor dreißig Jahren starb. Sein wahrer Name spielt keine Rolle, aber er hatte drei oder vier Pseudonyme. Keogh benutzt Pseudonyme, die sich sehr nah an die Originale anlehnen.«
»Die ›Originale‹? Ich verstehe immer noch ni...«
»Was den Wüstling aus dem 17. Jahrhundert betrifft: Er war der Sohn eines Grafen. Hierzulande sehr berüchtigt in den Jahren zwischen 1660 und 1672. Ein wutentbrannter Gatte hat ihn schließlich erschossen. Er war kein Schriftsteller, aber eine äußerst lebendige Einbildungskraft hatte er! Diese zwei Männer ... sie sind Keoghs Mitarbeiter!«
Eine Gänsehaut bildete sich nun auf Gormleys Kopf. »Nur weiter«, sagte er.
»Ich habe mit Keoghs Freundin gesprochen«, fuhr Harmon fort. »Sie ist ein liebes Mädchen und vergöttert ihn. Und sie lässt nichts auf ihn kommen. In einer Diskussion ließ sie aber fallen, dass er fixe Ideen von etwas namens Necroscope hat. Er hat es ihr gegenüber als Fantasterei ausgegeben, als ein reines Gedankengebilde. Ein Necroscope, erklärte er ihr, ist jemand ...«
»... der sich die Gedanken der Verstorbenen anschauen kann?«, fuhr Gormley dazwischen.
»Ja«, seufzte der andere erleichtert. »Genau.«
»Ein Geistmedium?«
»Was? Ja, ich glaube, man könnte das so sagen. Aber ein echtes, Keenan! Ein Mann, der wirklich mit den Toten sprechen kann! Das ist doch ungeheuerlich! Ich habe ihn beim Schreiben beobachtet – auf dem Friedhof hier!«
»Hast du das sonst noch jemandem erzählt?« Gormleys Stimme war nun schneidend. »Weiß Keogh, dass du einen Verdacht hast?«
»Nein.«
»Dann erzähle keiner Menschenseele davon. Verstehst du
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