Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
Vom Netzwerk:
liebte, obwohl ich sein dunkles Herz spürte, doch was den Grund betrifft, weswegen er mich tötete ...«
    »Ja?«
    Wieder schüttelte sie den Kopf, ihre Augen wurden von der Erinnerung umwölkt. »Es war etwas ... irgendetwas in ihm. Irgendein Wahnsinn, ein unaussprechliches Ding, das er nicht kontrollieren konnte. So viel weiß ich, aber was genau ...« Und wieder schüttelte sie den Kopf.
    »Das ist es, was ich herausfinden muss«, wiederholte Harry, »denn vorher werde auch ich keine Ruhe finden.«
    » Shhhhhh!«, keuchte sie plötzlich, und drückte ihn fest an sich. »Schau!«
    Harry blickte auf. Ein kleinerer Fleck hatte sich von der großen schwarzen Masse des Hauses abgetrennt. Er kam den Gartenweg herunter, war geformt wie ein Mensch, und blickte hierhin und dorthin, besorgt die Hände ringend. In seinem schwarzen Klecks von Kopf gleißten zwei silberne Ovale, Augen, die ihn zum Zaun am Ende des Gartens leiteten. Harry und seine Mutter kauerten sich zusammen, aber im Augenblick schenkte ihnen die Shukshin-Erscheinung keine Aufmerksamkeit. Sie näherte sich, stoppte kurz und schnüffelte misstrauisch – fast wie ein Hund – und ging dann weiter. Am Zaun machte Shukshin Halt, lehnte sich über die Kante, und beobachtete einen langen Augenblick die langsamen Strudel des Flusses.
    »Ich weiß, was ihn beschäftigt«, flüsterte Harry.
    »Shhhh!«, wiederholte seine Mutter ihre Warnung. »Er kann Dinge fühlen. Das konnte er immer ...«
    Der Tintenklecks kehrte zurück, stoppte hin und wieder, nahm auf diese seltsame Art Witterung auf. Ganz nah bei ihnen schien das Shukshin-Ding mit seinen silbernen Augen geradewegs durch sie hindurchzustarren. Dann zwinkerten die Augen und es bewegte sich weiter, zurück zum Haus, wie zuvor die Hände ringend. Es verschmolz mit dem Haus, die Tür knallte hallend zu.
    Der Klang vervielfältigte sich in Harrys Kopf, hallte wider, mutierte von einem Knallen in ein Klopfen, eine Reihe von Klopfzeichen, immer wieder: Tock-tock-tock! Tock-tock-tock!
    »Du musst gehen. Sei vorsichtig, Harry. Armer, kleiner Harry ...«
    Er schreckte aus dem Schlaf hoch. Aus dem Winkel, in dem das Sonnenlicht durch das Fenster fiel, erkannte er, dass der Tag sich dem Abend zuneigte. Wenigstens drei Stunden hatte er geschlafen; mehr als er beabsichtigt hatte. Er schreckte zusammen, als an der Tür wieder das Klopfen ertönte: Tock-tock-tock!
    Wer konnte das sein? Brenda? Nein, denn er erwartete sie nicht. Obwohl es Samstag war, machte sie Überstunden und donnerte die Haare einiger »modebewusster« Damen aus Harden auf. Wer dann?
    Tock-tock- tock! Energisch.
    Ungelenk schwang Harry seine Beine vom Bett, stand auf und ging zur Tür. Sein Haar war zerzaust und seine Augen schläfrig. Er empfing selten Besucher, und das war ihm ganz recht. Dies war eine Störung, etwas mit dem man schnell und entschieden umgehen musste. Er zog den Reißverschluss seiner Hose zu und schlüpfte in ein T-Shirt – und es klopfte schon wieder.
    Vor der Tür wartete Sir Keenan Gormley. Er wusste, dass Harry Keogh im Haus war. Er hatte es schon gewusst, als er die Straße herunterkam, als er die Treppen hinaufstieg. Keoghs ESP-Signatur war genauso unverwechselbar in die Luft dieses Ortes geschrieben wie ein Fingerabdruck auf Glas. Wie Viktor Shukshin und Gregor Borowitz besaß Gormley eine große Gabe: Auch er war ein ›Talentspürer‹, er ›wusste‹ instinktiv, wenn er sich in Gegenwart eines ESPers befand, und Keoghs ESP-Aura war machtvoller als alles, was er bisher gespürt hatte. Er hatte den Eindruck, nahe eines großen Generators zu sein, während er dort im Treppenhaus vor der Tür stand.
    Und nun öffnete Harry Keogh die Tür ...
    Gormley hatte Keogh bereits gesehen, aber noch nie von so nah. Während der letzten drei Wochen, die er bei Jack Harmon verbracht hatte, hatte er Harry oft beobachtet. Gormley und Harmon waren Keogh häufig gefolgt und hatten den Jugendlichen unter scharfer, aber unauffälliger Beobachtung gehalten. Gormley hatte nicht lange gebraucht, um zu erkennen, dass Keogh in der Tat etwas Besonderes war. Offensichtlich hatten sie ihn richtig eingeschätzt; er war ein Necroscope; er besaß die Macht, sich intelligent mit Toten zu verständigen. Gormley hatte in den letzten drei Wochen intensiv über Keoghs außergewöhnliches Talent nachgedacht. Dies war eine Sache, die er nur zu gern unter seiner Kontrolle haben würde. Nun musste er irgendwie einen Weg finden, dies Keogh beizubringen.
    Harry Keogh

Weitere Kostenlose Bücher