Auferstehung
Feile an Shukshins strapaziertem Nervenkostüm.
Max Batu zog einen Stuhl vor und Shukshin fiel fast darauf. Batu stellte sich hinter ihn, Dragosani zugewandt. Die ESP-Aura strömte nun ganz um Shukshin herum, als schwämme sein Geist in Gallenflüssigkeit. Oh ja, diese beiden kamen von Schloss Bronnitsy!
Das Gesicht des Erpressers sah verwüstet aus und seine Augen waren tief in schwarzen Höhlen versunken. Batu schaute über seinen Kopf hinweg zu Dragosani und begann zu grinsen. »Genosse Dragosani«, sprach er, »bis jetzt dachte ich, dass Sie krank aussehen!«
»ESPer!«, spuckte Shukshin das Wort aus. »Borowitz’ Leute! Was wollt ihr von mir?«
»Er hat allen Grund, krank auszusehen, Max.« Dragosanis Stimme war so tief wie eine Grube. »Ein Verräter, Erpresser, vielleicht sogar Mörder ...«
Shukshin sah aus, als wollte er aufspringen. Batu legte seine schweren, groben Hände auf seine Schultern.
Shukshin grollte: »Ich fragte, was Sie von mir wollen.«
»Ihr Leben«, sagte Dragosani. Er nahm den Schalldämpfer aus seiner Tasche und schraubte ihn fest auf die Mündung seiner Waffe, trat vor und legte sie an Shukshins Stirn. »Nur Ihr Leben.«
Shukshin fühlte, wie Max Batu hinter ihm vorsichtig zur Seite trat. Und er wusste, dass sie ihn töten würden.
»Warten Sie!«, krächzte er. »Sie machen einen Fehler. Borowitz wird es Ihnen nicht danken. Ich weiß viel – über die britische Seite. Ich habe Borowitz Stück für Stück davon berichtet. Aber es gibt eine Menge, was er noch nicht weiß. Außerdem arbeite ich immer noch für euch – auf meine Art. Gerade jetzt bin ich an etwas dran! Ja, jetzt im Moment.«
»Und an was?«, fragte Dragosani. Er hatte nicht die Absicht, Shukshin zu erschießen, er wollte ihn bloß einschüchtern. Dass Max aus der Schussrichtung getreten war, war nur ein natürlicher Reflex gewesen. Erschießen verursachte eine Schweinerei und war ungünstig für eine anschließende Nekromantie.
Dragosani hatte für Shukshins Tod etwas Interessanteres geplant: Nach der gewöhnlichen Befragung würde er Shukshin ins Badezimmer führen und dort fesseln. Sie würden ihn in eine halb mit kaltem Wasser gefüllte Badewanne steigen lassen, und Dragosani würde ihm mit einer seiner chirurgischen Klingen die Pulsadern aufschneiden. Während Shukshin dort in dem sich rasch rot färbenden Wasser lag und sein Leben aushauchte, würde Dragosani ihn noch einmal befragen. Man würde Shukshin versprechen, seine Wunden zu verbinden und ihn freizulassen, falls er auspackte. Dragosani würde ihm Bandagen und Verbandszeug zeigen. Natürlich hätte Shukshin nur wenig Zeit zum Antworten. Und die ganze Zeit würde sich das Wasser weiter verdunkeln, bis er in einer kalten, scharlachroten Suppe läge. Das wäre dann eine Warnung gewesen; falls Shukshin weiter Ärger machte, würden Dragosani und Batu – oder andere wie sie – zurückkehren und das Werk vollenden. Das würden sie Shukshin erzählen, aber natürlich würden sie das Werk an Ort und Stelle zu Ende bringen.
Trotzdem könnte Shukshin etwas zurückhalten. Vielleicht etwas, das er nicht für wichtig hielt, etwas Vergessenes – vielleicht etwas, was zu belastend war, um es zu erzählen. Zum Beispiel, dass er bereits für die Briten arbeitete ... Aber was immer er sagte, es würde keinen Unterschied machen. Nach seinem Tod würden sie seine ausgeblutete Leiche mit frischem Wasser abspülen, ihn aus dem Bad nehmen, und dann ... dann würde Dragosani die Befragung fortsetzen.
Dragosani nahm die Waffe von Shukshins Stirn und setzte sich direkt vor ihm hin. »Ich warte«, sagte er. »An was sind Sie dran?«
Shukshin schluckte und versuchte, seine Angst vor diesen Männern – und seinen Hass auf ihre seltsamen ESP-Fähigkeiten – in die hinterste Ecke seines Geistes zu verbannen. Sein Leben hing an einem seidenen Faden, und er wusste es. Er musste seine Gedanken ordnen und lügen, wie er noch nie zuvor gelogen hatte. Einiges wäre tatsächlich die Wahrheit, und wenigstens davon konnte er mit absoluter Überzeugung sprechen: »Sie wissen, dass ich ein Talentspürer bin?«
»Natürlich, deswegen hat Borowitz Sie hierher geschickt: um Talente zu finden und zu töten. Anscheinend hatten Sie nicht besonders viel Erfolg.« Dragosanis Sarkasmus ätzte wie Säure.
Shukshin ignorierte auch das. »Als ich vorhin hereinkam – in dem Moment, als ich diesen Raum betrat –, wusste ich, dass Sie hier sind. Ich konnte Ihre Präsenz fast schmecken. Sie
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