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Auferstehung

Auferstehung

Titel: Auferstehung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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den Bergen erhob. Junge Leute, Szekely, ein Bursche und ein Mädchen. Es war ein warmer Frühling, doch die Nächte waren noch kalt. Sie brachten Decken und eine kleine Öllampe mit. Und sie hatten Angst. Und Leidenschaft. Das war es auch, so glaube ich, was mich aus meinem Schlummer weckte. Vielleicht war ich auch schon halb wach gewesen. Schließlich dröhnten die Kriegsmaschinen, und ihr Donner drang tief in die Erde. Vielleicht hatte das die alten Knochen wachgerüttelt ...
    Ich spürte, was sie taten. In viereinhalb Jahrhunderten hatte ich gelernt, wie es sich anfühlt, wenn Laub auf den Boden fällt, oder die Feder einer Waldschnepfe. Sie legten eine Decke über zwei umgefallene Steine und schufen sich ein Lager. Sie zündeten die Lampe an, um sich zu sehen und sich zu wärmen. Ha! Szekely – Zigeuner? Die brauchten eigentlich keine Lampe, um sich zu wärmen.
    Sie ... interessierten mich. Viele Jahre lang hatte ich gerufen, viele Jahrhunderte, und niemand war gekommen, niemand hatte geantwortet. Vielleicht hielten die Priester die Menschen durch Warnungen ab, die sich im Laufe der vielen Jahre in Legenden verwandelt hatten. Vielleicht lag es aber auch an den Exzessen meines Lebens ...
    Du hast mir erzählt, Dragosani, wie viele meiner größten Taten nun den Vlads zugeschrieben werden, und wie man aus mir ein Gespenst gemacht hat, um kleine Kinder zu erschrecken. Mehr noch, mein Name wurde aus den alten Aufzeichnungen gestrichen, denn so war das damals üblich. Fürchteten sie etwas, dann zerstörten sie es und taten so, als hätte es nie existiert. Aber glaubten sie wirklich, ich wäre der Einzige meiner Art? Das war ich nicht – das bin ich nicht! Ich bin einer von wenigen, die einstmals viele waren. Ja, und die Kunde meiner Notlage musste doch sicher zu den anderen gedrungen sein? Hunderte von Jahren hatte es mich erbost, dass niemand kam, um mich zu befreien oder wenigstens zu rächen! Und als endlich doch jemand kam, da waren es – Szekelys!
    Das Mädchen hatte Angst, und er konnte sie nicht beruhigen. Ich beruhigte sie. Ich kroch in ihren Geist und gab ihr die Kraft, ihre Ängste zu bekämpfen und sich mit ihm im Fleisch zu vereinigen!
    Ja, und sie war eine Jungfrau! Ihr Jungfernhäutchen war intakt. Ich hätte noch mal sterben können, so sehr verlangte es mich nach ihr! Eine wirkliche Jungfrau! Um aus einem sehr alten Buch der Lügen zu zitieren: Wie sind die Helden gefallen! Ich hatte zu meiner Zeit zweitausend entjungfert, auf diese oder jene Weise. Ha, ha, ha! Und den jungen Vlad nannten sie den ›Pfähler‹!
    Sie waren also ein Liebespaar, wenn auch noch nicht im ganzen Sinne des Wortes. Er war ein Knabe – ein bloßer Grünschnabel, der noch nie eine Frau gehabt hatte – und sie eine Jungfrau. Also bin ich auch in seinen Geist eingedrungen. Ah, und ich schenkte ihnen die Nacht. Ich zog Kraft aus ihnen und sie aus mir. Ich gab ihnen nur diese eine Nacht, denn noch vor der Dämmerung brachen sie auf. Danach weiß ich nichts mehr von ihnen ...
    »Nur, dass sie mich gebar«, sagte Dragosani, »und auf einer Türschwelle aussetzte.«
    Die Antwort darauf kam nicht sofort, sondern seufzte im Wind, der nur noch eine Brise war. Der Alte in der Erde war erschöpft; er hatte nur noch wenig Kraft übrig, nicht einmal mehr zum Denken. Die Erde hielt ihn in ihrem eisernen Schoß, drehte sich unerbittlich um ihre Achse und lullte ihn ein. Doch schließlich ertönte ein Seufzer: Jaaa. Ja, aber wenigstens wusste sie, wo sie dich hinbrachte. Sie war eine Zigeunerin, erinnere dich. Eine Wandersfrau. Und doch brachte sie dich nach deiner Geburt hierher. Sie brachte dich ... heim! Sie tat das, weil sie deinen wirklichen Vater kannte, Dragosani! Nur von einer Nacht meines ganzen Lebens, eines maßlos blutigen Lebens, könnte man sagen, dass sie von Liebe erfüllt war. Ja, und ich forderte nur einen einzigen Tropfen Blut. Den kleinsten Tropfen, Dragosaaaniii ...
    »Das Blut meiner Mutter.«
    Ja, und es tropfte auf die Erde, in der ich lag. Doch was für ein kostbarer Tropfen! Denn es war auch dein Blut, das Blut, das jetzt in deinen Adern fließt. Und als du ein Kind warst, hat das Blut dich zu mir zurückgeführt.
    Dragosani blieb still, und sein Kopf war voller Gedanken, Visionen und Erinnerungsfetzen, die von der Stimme in seinem Kopf heraufbeschworen wurden. Schließlich sagte er: »Ich komme morgen zu dir. Dann können wir weiterreden.«
    Wie du willst, mein Sohn.
    »Schlafe jetzt ... Vater.«
    Ein letzter

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