Aufgedirndlt
das hört?«
»Das ist mir doch wurscht«, erwiderte Nonnenmachers Cousine. »Der hockt doch eh jeden Abend im Wirtshaus. Da kann ich mich genauso gut ein bisserl von einem Scheich verwöhnen lassen.«
»Das geht nicht!«, brüllte Nonnenmacher jetzt, und für Anne klang es nach tiefer und ehrlicher bayerischer Verzweiflung. »Ich verweise euch jetzt des Platzes, von Gesetzes wegen, und zwar sofort!«
»Mir gehen aber nicht!«, schrie eine andere, doch darauf konnte der Polizeichef nicht mehr eingehen, denn der Hoteldirektor und der Assistent des Emirs kamen mit ernsten Mienen auf ihn zu.
»Herr Nonnenmacher, bitte kommen Sie mal mit hinein«, sagte Geigelstein. »Ich bin zutiefst besorgt.«
»Ja, ich auch.« Der Inspektionsleiter nickte und gab Anne einen Wink, ihn zu begleiten. Kastner bedeutete er, bei den wild gewordenen Dirndlfrauen die Stellung zu halten.
In der Sitzecke gegenüber der »Reception« nahmen die vier Platz, und Geigelstein ergriff das Wort: »Herr Nonnenmacher, Sie müssen etwas unternehmen! Herr bin Suhail hat mir soeben mitgeteilt, dass sein Cousin, der Emir, sich extremst gestört fühlt durch die Demonstration.«
»Bei uns würde man solche Demonstranten einfach wegschießen, mit Panzern«, stellte Aladdin Bassam bin Suhail trocken fest.
»Der Emir denkt sogar darüber nach, Bayern fluchtartig zu verlassen«, fügte der Hoteldirektor aufgeregt hinzu.
Ehe der Polizeichef sämtlicher Seegemeinden des Tals sagen konnte, dass ihm genau das die liebste Lösung wäre, fuhr der Hotelier jedoch fort: »Würde uns der Emir von Ada Bhai vorzeitig verlassen, hätte dies eine verheerende Signalwirkung. Die bayerischen Tourismusgebiete brauchen die Urlauber aus den arabischen Ländern. Sie sind eine äußerst umsatzstarke Zielgruppe.«
Nonnenmacher hatte es die Sprache verschlagen. Nervös blickte er in die Runde.
»Sie müssen diese Frauen hier wegbringen, so schnell wie möglich«, durchbrach Aladdin Bassam bin Suhail die Stille. »Sonst wird Seine Eminenz noch heute abreisen.«
»Wie soll ich das denn machen?«, herrschte Nonnenmacher den Assistenten empört an. »Soll ich sie vielleicht wegtragen oder was? Sie sehen ja selbst, dass die völlig wild geworden sind. Wissen’S, Herr bin Suhail, eine oberbayerische Frau, insbesondere eine aus unserem Tal, die kann ganz schön jähzornig werden.«
»Jähzornig?«, fragte der Araber, er schien das Wort nicht zu verstehen, aber darauf ging Nonnenmacher nicht ein.
Vielmehr fuhr er fort: »Da müssen Sie aufpassen. Also meine Helga zum Beispiel …«
»Was wollen diese Frauen denn?«, schnitt ihm der Assistent des Scheichs das Wort ab.
»Ja, Gleichberechtigung halt«, meinte Nonnenmacher, ganz so, als wäre diese kühne weibliche Forderung für ihn, den Anhänger der traditionellen Rollenverteilung in der Ehe, das Normalste der Welt. »Die wollen halt auch bei dem Casting mitmachen.«
An dieser Stelle ergriff Anne das Wort. »Wieso dürfen die Damen denn nicht am Casting teilnehmen, Herr bin Suhail?«
»Sie sind zu alt. Mein Cousin braucht junge, garantiert gesunde Frauen. Sie sollen ja noch einige vielversprechende Prinzen zur Welt bringen, die wichtige Positionen in unserem Emirat besetzen können.«
»Eine bayerische Frau ist auch, wenn sie älter ist, gesund«, stieß Nonnenmacher empört hervor. Was bildete sich dieser dahergelaufene Scheichsvogel eigentlich ein? Doch weil niemand auf seinen Einwurf einging, konnte Anne fortfahren: »Gut, Herr bin Suhail, wenn Sie mir diese persönliche Äußerung gestatten: Insgesamt finde ich diese gesamte Veranstaltung, die Sie hier abziehen, höchst bedenklich, wenn nicht sogar Frauen verachtend.« Der Hoteldirektor hechelte nach Luft. »Aber wir wollen hier jetzt keine Grundsatzdiskussion vom Zaun brechen. Fakt ist: Sie wollen die Demonstrantinnen loswerden.« Der Assistent des Scheichs nickte. »Wir aber können sie nicht wegtragen.« Jetzt nickte Nonnenmacher. »Daher schlage ich vor, dass Sie mit den Frauen einen Deal machen.« Alle drei Männer sahen Anne erstaunt an. Anne wartete kurz, dann sagte sie: »Ich bin mir sicher, dass die Demonstrantinnen sofort das Hotelgelände räumen, wenn Sie jeder von ihnen ein Geschenk machen.«
»Ein Geschenk?«, fragte der Assistent.
»Geschenke wirken bei Frauen Wunder«, erklärte Anne lächelnd. Nonnenmacher beobachtete seine Mitarbeiterin interessiert.
»Was stellen Sie sich denn da vor?«, wollte bin Suhail wissen.
»Geld«, meinte Anne
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