Aufstand der Affen
und ließ sie in der Dunkelheit an der Wand des Lagerschuppens zurück. Der Beton war kalt und schmutzig, aber mit bloßen Füßen konnte er sich schneller und leiser bewegen. Mit ein paar langen Sätzen war er an der Heckklappe des Lasters.
Hinter der Schiffsreling bewegten sich Gestalten hin und her, schemenhaft vor dem Hintergrund der im diesigen Licht verschwimmenden Aufbauten. Soweit er es beurteilen konnte, blickte niemand herunter.
Cäsar schwang sich auf die Ladefläche und kroch nach vorn zum Fahrerhaus, wo er sich in eine Ecke kauerte. Aber sein Gefühl von Sicherheit währte nicht lange.
Minuten später rasselte eine Winsch, und aus der diesigen Dunkelheit kam das Trillern von Signalpfeifen. Dann brüllte eine Stimme: »Gut so – fier ab!«
Cäsar blickte auf und sah die Umrisse eines mächtigen schwarzen Behälters mit beängstigender Schnelligkeit aus dem Dunkel auf sich herabkommen. Cäsar konnte nicht wagen, den Kopf über die Bordwand der Ladefläche zu heben, denn der Fahrer mußte jetzt neben seinem Wagen stehen und den Ladevorgang überwachen. Angstvoll preßte er sich gegen die vordere Wand der Ladefläche, wandte den Kopf ab und schloß die Augen.
Der Behälter kam wenige Zentimeter neben ihm herunter und setzte unsanft auf. Ein starker, unangenehmer Geruch breitete sich aus, und Cäsar hörte verschreckte Grunz- und Wehlaute. Als er sich in der Enge herumdrehte, stieß er gegen Gitterstäbe. Dahinter war es dunkel, aber er fühlte die Gegenwart vieler warmer Körper. Draußen rief eine Stimme: »Nächstes Mal etwas langsamer! Für solche Stöße sind die Federn nicht gemacht!«
Jemand kletterte vom Wagendeck auf den Käfig und machte die Trosse los. An Bord begann die Winsch zu kreischen, und der Ladebaum schwenkte langsam zurück. Cäsar hörte den Mann die Heckklappe schließen und nach vorn gehen. Die Tür des Fahrerhauses schlug zu.
Nun, da die unmittelbare Gefahr überstanden war, begann Cäsar ruhiger zu atmen und wandte seine Aufmerksamkeit den unruhigen Insassen des Käfigs zu. Soweit er es im schwachen Licht feststellen konnte, bestand die Ladung aus jungen Orang-Utans beiderlei Geschlechts, die offenbar von einer Aufzuchtanstalt kamen und nun ängstlich zusammengedrängt im schmutzigen Stroh des Käfigs kauerten. Große dunkle Augen spähten furchtsam und verständnislos durch die Gitterstäbe.
Der Lastwagen fuhr mit einem Ruck an, und einige Insassen des Käfigs fielen übereinander. Es setzte Bisse und Schläge, begleitet von Verwünschungen und Schreien.
Cäsar richtete sich auf, bis er eingezwängt zwischen Fahrerhaus und Käfig stand, und die Käfigbewohner wurden nach und nach auf ihn aufmerksam und kamen näher. Einer langte durch die Gitterstäbe und begann Cäsars kariertes Hemd zu untersuchen. Cäsar verhielt sich ruhig. »Wer bist du?« fragte eine gutturale Stimme. »Du bist keiner von uns.« Andere Stimmen wiederholten stumpfsinnig: »Er ist keiner von uns. Wir kennen ihn nicht.«
Cäsar legte den Zeigefinger an die Lippen und zeigte mit dem Daumen über die Schulter zum Fahrerhaus. Sie schienen zu verstehen und wurden still. Die Reaktion stärkte Cäsars Selbstvertrauen und erzeugte zugleich eine Art Zusammengehörigkeitsgefühl. Er erinnerte sich an Armandos Rat und zog das gewürfelte Hemd und die Hose aus.
Die Affen sahen neugierig zu, wie er sich abmühte, während der Lastwagen schwankend dahinrollte. Straßenlaternen sausten in rascher Folge über ihn weg, und jenseits ihres Scheins glitten schemenhaft Hausfassaden vorüber. Er wickelte Hemd und Hose zu einem Bündel zusammen und warf es auf die Straße. Darauf löste er die drei Stangenriegel, die die Tür auf der Seite des Transportkäfigs sicherten, schob die Tür ein kleines Stück zurück und schlüpfte hindurch.
Als die Insassen seine Absicht erkannten, wichen sie zurück und drängten sich auf der anderen Seite des Käfigs zusammen. Er hatte genug Raum und Gelegenheit, um mit beiden Händen durch das Gitter zu reichen und die Riegel wieder zu befestigen. Seine Angst war so gut wie geschwunden. Das Verhalten dieser armen Teufel, denen ein Leben als Arbeitssklaven bevorstand, gab deutlich genug zu erkennen, daß sie diejenigen waren, die sich fürchteten.
Sein Zeitgefühl sagte ihm, daß die Fahrt ungefähr eine halbe Stunde dauerte. Sie fuhren jetzt durch den Grüngürtel, der den eigentlichen Stadtkern umgab. Armando hatte ihm erzählt, daß es in der Gegend früher nichts als heruntergekommene
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