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Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Stützen so aufgerichtet, daß der Blick ins Innere versperrt war. Hinter diesem Schirm brannte ein Feuer und warf die Schatten zweier Menschen an die Decke. Vor der Garage, eine Laterne in den frierenden Händen, saß ein zahnloses altes Mädchen auf einer Kiste. Als sie Graubart sah, rief sie in routiniertem Singsang: »Wenn Sie das ewige Leben wollen, finden Sie es ihr. Kommen Sie herein! Treten Sie näher! Hören Sie nicht auf den Prediger; sein Preis ist zu hoch. Hier brauchen Sie nichts zu geben, hier brauchen Sie nichts aufzugeben! Unser ewiges Leben kann in Injektionsspritzen gekauft werden, und Sie bezahlen es, ohne sich Sorgen um Ihre Seele zu machen. Treten Sie näher, wenn Sie das immerwährende Leben wollen!«
    »Ein Schuß in den Arm oder ein Schuß ins Dunkle, ich fürchte, ich kann weder Ihnen noch dem Prediger glauben, alte Dame.«
    »Komm 'rein und laß dich erneuern, alter Knochensack!«
    Graubart, der an dieser Art der Anrede kein Gefallen fand, sagte scharf: »Ich möchte Bunny Jingadangelow sprechen. Ist er hier?«
    Die alte Hexe hustete und spuckte grünen Schleim zur Seite.
    »Doktor Jingadangelow ist nicht hier. Was willst du?«
    »Wo ist er? Ich will mit ihm sprechen.«
    »Ich kann dir einen Termin geben, wenn du eine Verjüngung oder den Unsterblichkeitskurs willst, aber ich sagte schon: Er ist nicht da.«
    »Wer ist hinter dem Schirm?«
    »Mein Mann, wenn du es wissen willst, und ein Klient. Wer bist du überhaupt? Ich habe dich noch nie gesehen.«
    Einer der Schatten bewegte sich über die Decke, und eine hohe Stimme fragte: »Was ist da draußen los?«
    Im nächsten Moment tauchte ein Junge auf.
    Die Wirkung auf Graubart war wie ein Guß kalten Wassers. Mit den Mühseligkeiten der Jahre war er zu der Erkenntnis gelangt, daß Jugend schon lange nichts weiter als eine Idee in den Schädeln alter Männer und Frauen war, und daß Junges Fleisch zu einer Antiquität geworden war. Wenn man gewissen Gerüchten keinen Glauben schenkte, war er selbst alles, was die altersgraue Welt noch an Jugendlichkeit zu bieten hatte. Aber dies – dieser Junge, der eine Art Toga anhatte und wie Norsgrey eine Kette mit roten und grünen Kugeln um den Hals trug, seine dünnen weißen Arme und Beine zur Schau stellte und Graubart mit großen und unschuldigen Augen betrachtete ...
    »Mein Gott«, hauchte Graubart. »Es – es werden also immer noch welche geboren!«
    Der Junge sprach mit schriller, unpersönlicher Stimme. »Was Sie vor sich sehen, Sir, ist die wunderbare Wirkung von Doktor Jingadangelows berühmter Verjüngungs- und Unsterblichkeitstherapie, von Gloucester bis Oxford, von Banbury bis Berkshire anerkannt und empfohlen. Melden Sie sich hier für eine Behandlung an, Sir, bevor es zu spät ist. Schon in kurzer Zeit können Sie sein wie ich.«
    »Ich glaube dir so wenig wie dem Prediger da unten«, sagte Graubart, noch immer etwas atemlos. »Wie alt bist du, Junge? Sechzehn? Zwanzig? Dreißig? Ich kann die Jungen nicht mehr einschätzen.«
    Ein zweiter Schatten flatterte über die Decke, und ein abgerissener Alter mit Warzenplantagen an Kinn und Stirn humpelte in Sicht. Er war so gekrümmt, daß er Mühe hatte, durch seine buschigen weißen Brauen zu Graubart hinaufzuspähen.
    »Wollen Sie die Behandlung, Sir?« krächzte er. »Wollen Sie wieder so lieblich und hübsch wie dieser feine Junge werden?«
    »Sie sind keine sehr gute Reklame für Ihr eigenes Präparat, guter Mann«, sagte Graubart und wendete sich wieder dem Jungen zu, um ihn eingehender zu betrachten. Er trat näher heran. Als seine erste Verblüffung verflogen war, sah er, daß der Junge in Wirklichkeit ein schlaffes und armseliges Exemplar mit teigigem Gesicht war.
    »Doktor Jingadangelow hat seine wunderbare Therapie zu spät entwickelt, um mir noch helfen zu können, Sir«, sagte der groteske Alte. »Ich bin ihm zu spät im Leben begegnet, könnte man sagen, aber Ihnen kann er helfen, wie er diesem Jungen geholfen hat. Unser junger Freund hier ist in Wirklichkeit hundertfünfundneunzig Jahre alt, Sir, obwohl Sie ihm das nie ansehen würden. Ja, wirklich, er ist in der vollen Blüte seiner Jugend.«
    »Ich habe mich nie besser gefühlt«, sagte der Junge in seiner eigenartig hohen Stimme. »Ich bin in der vollen Blüte meiner Jugend.«
    Graubart packte ihn am Arm und drehte ihn mit einem plötzlichen Ruck herum, daß sein Gesicht von der Laterne der alten Vettel direkt beschienen wurde. Der Junge schrie erschrocken auf. Die Unschuld in

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