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Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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genug zu tun, den Mann im Kaninchenmantel zu studieren. Jingadangelow schien nicht älter als Ende Fünfzig zu sein – höchstens fünf oder sechs Jahre älter als Graubart. Er trug einen gezwirbelten Schnurrbart und Bartkoteletten, aber die wohlgepolsterte Rundung seines Kinns war so makellos glatt, wie man es nur noch selten sah. Der Gesichtsausdruck des Mannes war von einer so selbstsicheren, wohlwollenden Milde, daß sein wahrer Charakter unmöglich zu ergründen war.
    »Ich hörte«, sagte er, »daß Sie meine Hilfe und meinen Rat suchten, bevor Sie einen meiner Klienten angriffen.«
    »Ich habe ihn nicht angegriffen«, widersprach Graubart und befreite seinen Arm vom Zugriff des anderen. »Aber ich bedaure, daß ich in einem Moment zorniger Aufwallung einen Ihrer Komplizen angefaßt habe.«
    »Hören Sie, Bester, der junge Trotty ist ein Werbemittel, kein Komplice. Mein Name ist in den ganzen Midlands ein Begriff, gleichsam die Visitenkarte eines großen Humanisten. Ich würde Ihnen einen meiner Prospekte geben, wenn ich einen bei mir hätte. Bevor Sie faustkämpferische Ambitionen entwickeln, sollten Sie zu begreifen lernen, daß ich eine der großen Gestalten unserer Zeit bin.«
    »Sie mögen weithin bekannt sein; das will ich nicht bestreiten. Ich habe einen armen verrückten Alten getroffen, Norsgrey, und seine Frau. Der Mann sagte mir, er sei bei Ihnen in Behandlung gewesen.«
    »Warten Sie – Norsgrey, Norsgrey ... Was ist das nur für ein Name? Nicht in meinen Büchern ...« Er stand mit erhobenem Kopf, einen Zeigefinger in die Mitte seiner Stirn gepflanzt. »O ja, ja, in der Tat. Die Erwähnung seiner Frau brachte mich für einen Moment aus dem Konzept. Ganz unter uns gesagt ...« Jingadangelow manövrierte Graubart in eine Ecke und fuhr gedämpft fort: »Wissen Sie, der arme alte Norsgrey hat in Wirklichkeit gar keine Frau; es ist eine Dächsin, an der er ein bißchen zu sehr hängt.« Er tippte sich kurz und energisch an die Stirn. »Warum nicht? Dünnes Blut braucht ein wenig Wärme in diesen frostigen Nächten. Der arme Kerl, er hat einen Knall ...«
    »Sie sind weitherzig.«
    »Ich vergebe alle menschlichen Fehler und Torheiten, Sir. Das gehört zu meiner Berufung. Wir müssen dieses Tal der Tränen erträglich machen, so gut wir können. Ein solches Verständnis gehört natürlich zum Geheimnis meiner wunderbaren Heilkräfte.«
    »So kann man auch ausdrücken, daß Sie von verrückten Alten wie Norsgrey leben. Er lebt in dem Wahn, daß Sie ihn unsterblich gemacht haben.«
    »Wie seltsam, nach all diesen Jahren wieder ethische Einwände zu hören. Sie müssen ein zurückgezogenes Leben geführt haben. Diesem alten Norsgrey ist nicht zu helfen, wissen Sie. Er wird es nicht mehr lange machen. Er hält die Hoffnung, die ich ihm gegeben habe, für die Unsterblichkeit, die ich ihm verheißen habe, und er ist glücklich dabei. Ich hege solche Hoffnungen nicht. Darum ist Norsgrey – und viele andere wie er – im Geist glücklicher als ich. Ich tröste mich damit, daß ich an irdischem Besitz reicher bin.« Er winkte eine Bedienung heran und bestellte etwas zu trinken. »Nun, mein Freund«, sagte er dann, »ich hoffte, wir könnten uns ein wenig über dies und das unterhalten, bevor wir uns mit geschäftlichen Fragen befassen. Ich dachte nämlich, einen verwandten Geist in Ihnen gefunden zu haben.«
    »Wie kommen Sie auf die Idee?«
    »Durch meine Intuition, mit der ich reich gesegnet bin. Sie leiden nicht wie die anderen unter dieser Zeit; obwohl das Leben elend ist, macht es Ihnen Spaß. Ist das nicht so?«
    »Woher wissen Sie das? Ja, ja, Sie haben recht; aber wir sind einander eben erst begegnet ...«
    »Wir brauchen unsere Katastrophen. Sie und ich haben den Zusammenbruch einer Zivilisation miterlebt. Wir sind Überlebende eines Schiffsuntergangs. Aber wir zwei empfinden mehr als das Bewußtsein, Überlebende zu sein – wir empfinden ein Triumphgefühl! Bevor die Katastrophe kam, wünschten wir sie herbei, und so ist das Verhängnis für uns ein Erfolg, ein Sieg des Willens. Machen Sie nicht ein so erstauntes Gesicht! Haben Sie an die Welt gedacht, in die wir hineingeboren wurden, und was aus ihr geworden wäre, wenn jenes unselige kleine Experiment nicht schiefgegangen wäre? Wäre es nicht eine zu komplizierte, zu unpersönliche Welt, als daß unsereiner darin hätte gedeihen können?«
    »Sie sprechen meine Gedanken aus«, sagte Graubart.
    Jingadangelow nahm einen Schluck aus seinem Glas,

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