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Aufstand der Alten

Aufstand der Alten

Titel: Aufstand der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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Graubart.
    »Was heißt, von hier?« fragte Graubart zurück.
    »Na ja, ich meine, von Ensham oder Ainsham, wie der nächste Ort heißt. Ich hielt dich für einen Fremden. Früher haben wir den Jahrmarkt dort auf den Straßen gehalten, wo es trocken und angenehm war, aber letztes Jahr glaubten die Leute, wir hätten ihnen die Grippe eingeschleppt, und darum kampieren wir dieses Jahr hier draußen in der Marsch, wo wir Rheumatismus kriegen. Die Leute müssen jetzt zu uns kommen, es ist nur eine Meile oder so zu gehen, aber viele von ihnen sind so alt und träge, daß sie den Weg nicht machen wollen. Darum ist das Geschäft so schlecht.«
    Obwohl er wie eine vom Blitz gespaltene Eiche aussah, war er ein freundlicher Mann. Er stellte sich als Pete Potsluck vor und sprach mit Graubart, wenn er nicht ausschenkte. Graubart begann ihm von Sparcot zu erzählen. Potsluck meinte, es gebe viele Gemeinden wie Sparcot, die in der Wildnis vergraben seien. »Ein langer, harter Winter«, sagte er, »und viele von ihnen werden ganz ausgelöscht. Aber so enden wir eines Tages alle, nehme ich an.«
    »Wird noch irgendwo gekämpft? Habt ihr Gerüchte von einer Invasion aus Schottland gehört?«
    »Man sagt, daß die Schatten recht gut zurechtkämen, jedenfalls die im Hochland. Dort hat es ja noch nie viele Leute gegeben. Hier unten war die Bevölkerungsdichte so hoch, daß erst ein paar Jahre mit Seuchen und Hungersnöten kommen mußten, um sie auf ein erträgliches Maß herunterzudrücken. Damit hatten sich die Schotten wahrscheinlich nicht herumzuschlagen – aber warum sollten sie uns behelligen? Wir werden alle zu alt zum Kämpfen.«
    »Auf diesem Jahrmarkt habe ich einige wild aussehende Typen gesehen.«
    Potsluck lachte. »Das will ich nicht abstreiten. Senile Rowdys nenne ich sie. Komisch, wenn es keine jungen Burschen mehr gibt, die Unruhe stiften, machen es die Alten. Sie verfallen auf die gleichen Tricks, und ich kann dir sagen, sie machen ihre Sache nicht schlecht!«
    Graubart ließ sich nachschenken. »Habt ihr Kinder hier in der Gegend gesehen? Ich meine, sind in den letzten Jahren welche geboren worden?«
    »Es gibt hier eine Abnormitätenschau, wenn du die sehen willst«, sagte Potsluck. Er drehte sich um und ordnete die Flaschen im Regal. Als er sich wieder Graubart zuwendete, begann er mit einem neuen Thema.
    »Früher, vor der Katastrophe und bis die verdammte Koalitionsregierung meinen Laden schloß, war ich Friseur. Das ist viele Jahre her. Mein Vater lernte mich an; er hatte den Laden vor mir. Manchmal schneide ich anderen Reisenden und Schaustellern noch die Haare. Es gibt immer ein paar, die auf ihr Äußeres Wert legen. Es freut mich, daß ich das sagen kann.«
    Graubart schwieg. Er merkte, daß der Mann seinen Erinnerungen nachhing; Potsluck schien etwas von seiner burschikosen Art abgestreift zu haben, und man konnte fühlen, wie er jener vergangenen Welt der Toilettenartikel nachtrauerte.
    »Ich erinnere mich, wie ich einmal zu einem Privathaus gehen mußte, als ganz junger Kerl. Ich sehe das Haus noch vor mir, obwohl es längst eingestürzt sein wird. Auf der Treppe war es ganz dunkel, und ich mußte mich von der jungen Dame am Arm hinaufführen Tassen. Ja, ich erinnere mich, der Laden hatte schon geschlossen, und mein Vater hatte mich hingeschickt; ich kann nicht viel älter als siebzehn gewesen sein.
    Und dann sah ich oben im Schlafzimmer diesen toten Herrn in seinem offenen Sarg liegen. Er sah sehr ruhig und würdevoll aus. War ein guter Kunde von uns gewesen. Seine Frau wollte, daß ich ihm die Haare schnitte, bevor man ihn aufbahrte, und sie gab mir fünf Shilling – oder vielleicht waren es sogar zehn, das weiß ich nicht mehr so genau. Jedenfalls, in jenen Tagen war es eine großzügige Bezahlung.
    Also schnitt ich dem toten Herrn die Haare. Es ist ja bekannt, daß die Haare und Fingernägel nach dem Tod weiterwachsen, und seine waren etwas zu lang. Es war nicht viel zu tun, aber ich schnitt sie so gut ich konnte, und mit Ehrfurcht; ob du es glaubst oder nicht, ich war damals noch Kirchgänger. Und diese junge Dame, die mich hinaufgebracht hatte, sie mußte seinen Kopf heben, damit ich mit meiner Schere an die Nackenhaare kommen konnte. Nun, plötzlich fing sie an zu kichern, mitten unter der Arbeit, und ließ seinen Kopf fallen. Sie sagte, sie wolle, daß ich ihr einen Kuß gebe. Ich war ein bißchen schockiert, denn der tote Herr war schließlich ihr Vater ... Ich weiß nicht, warum ich das alles

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