Aufstand der Gerechten
der Erste, dem mal die
Hand ausgerutscht ist? Mich überrascht nur, dass Sie das Zeug dazu haben«,
fügte er hinzu und lachte in sich hinein.
»Was, wenn er Anzeige erstattet?«
»Dann lasse ich Sie festnehmen, genau wie jeden anderen auch«,
erwiderte Patterson. Nun lachte er nicht mehr. »Und jetzt hauen Sie endlich
ab!«
Ich ging nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen, ehe
ich irgendetwas unternahm. Nachdem ich es Patterson erzählt hatte, fühlte ich
mich ein wenig besser. So würde es zumindest keine Überraschungen geben.
Allerdings war mir völlig klar, dass er mich dem, was da möglicherweise auf
mich zukam, mit Freuden allein überlassen würde. Ich versuchte, nicht mehr
daran zu denken. Da ich schon einmal in Letterkenny war, wollte ich auch mit
unserem Technikfachmann, Josh Edwards, sprechen, daher ging ich zurück in die
Wache. Am Empfang wurde ich aufgehalten.
»Inspector Devlin«, rief der Sergeant. »Die von der Kfz-Verwahrstelle
sagen, sie haben da ein Motorrad, das einem Ihrer Männer gehört. Sie wollen es
loswerden.«
Ich benötigte einen Augenblick, bis ich begriff, dass das fragliche
Motorrad Martin Kielty gehört hatte. »Ich fahre nachher zu seiner
Lebensgefährtin«, sagte ich.
Josh Edwards war der einzige Technikspezialist bei der
Polizei von Letterkenny, der nicht durch eine Ausbildung auf seinen Posten
gelangt war, sondern eher durch eine schlichte Liebe zu Computern. Im Lauf der
Jahre hatte er sich bei der Lösung von IT-Problemen unentbehrlich gemacht und
irgendwann auch sein eigenes Zimmer bekommen, in dem er sich mit Computern in
verschiedenen Stadien der Reparaturbedürftigkeit umgab. Er hatte sich dort
gemütlich eingerichtet, und als ich eintrat, schaute er gerade in seinen
Minikühlschrank. Er förderte einen Schokoriegel zutage, und als er mich sah,
warf er mir auch einen zu.
»Was verschafft mir das Vergnügen?«, fragte er, den Mund voller
Snickers.
»Langweilen Sie sich hier drin nicht manchmal?«, fragte ich.
»Hier? Wie könnte ich? Meine Arbeit wird so … wertgeschätzt «,
gab er mit bemüht ausdrucksloser Miene zurück.
»Was halten Sie davon, mir bei etwas zu helfen?«
Er antwortete mit vollem Mund, es klang in etwa wie: »Kommt drauf
an.«
»Bei einer Vernehmung. Wir haben in Rossnowlagh eine Leiche
gefunden. Der Junge ist Sonntagmorgen gestorben, und Sonntagabend hat jemand
sein Handy benutzt, um seiner Mutter eine SMS zu schicken, in der
stand, es gehe ihm gut.«
»Das ist ja krank.«
»Ich glaube nicht, dass der Bursche, der das getan hat, krank ist.
Ich glaube eher, er hatte Angst.«
»Und wo komme ich ins Spiel?«, fragte Edwards.
»Ich muss zuerst den ermittelnden Kollegen fragen. Vielleicht hole
ich Sie als technischen Experten dazu.«
»Die Standardrolle also«, sagte Edwards. »Scheint mein Schicksal zu
sein.«
23
Auf dem Rückweg nach Lifford rief ich Rory Nicell an und
vereinbarte mit ihm ein Treffen am Rolston Court. Dort setzte ich mich vor
Lorcan Huttons Haus, rauchte eine Zigarette und sah mir Fotos an, auf denen der
Schaden zu sehen war, den jemand im Haus angerichtet hatte, ehe die
Spurensicherung dort eingetroffen war. Dann las ich mir die Aussagen durch,
welche die Uniformierten bei Huttons Nachbarn aufgenommen hatten. Die meisten
Befragten hatten über die zahlreichen Autos gesprochen, die in den vergangenen
ein, zwei Jahren dieses Haus angefahren hatten. Mehrere hatten erzählt, sie
hätten Huttons Aktivitäten der Polizei gemeldet, doch sei nichts unternommen
worden. Ein, zwei Nachbarn hatten anzumerken gewagt, sie seien froh, dass er getötet
worden sei, und dass die Immobilienpreise sich nun vielleicht erholen würden,
da die Drogenhöhle im Zentrum der Sackgasse fort war.
Nur eine Person – Huttons unmittelbarer Nachbar – war in der Lage
gewesen, Angaben zu dessen möglichem Todestag zu machen. In seiner Aussage
hatte Ryan Allan gesagt, ihm sei Huttons Abwesenheit seit dem 15. Januar
aufgefallen. Er sei daran gewöhnt gewesen, dass Hutton ständig kam und ging,
und wisse, dass er manchmal tagelang nicht zu Hause war, doch am 15. sei Hutton
mit einem Freund fortgegangen und seither nicht zurückgekehrt.
Mr Allan war zu Hause, als ich klingelte. Er war schätzungsweise
Ende fünfzig, sah jedoch deutlich älter aus. Das gesamte Gespräch über atmete
er immer wieder tief durch die Sauerstoffmaske, die er in der Hand hielt. Zwei
große Sauerstoffflaschen standen neben seinem Stuhl, der wiederum so stand,
dass Allan
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