Aufstand der Gerechten
mich an. »Du hast doch nichts gesagt, oder?«
»Was hätte ich denn sagen sollen?«
»Irgendwas.«
»Möglicherweise habe ich ›hallo‹ gesagt.« Ich lachte. »Ich war bei
seinem Vater.«
»Er sagt, du hasst seinen Vater.«
»Das stimmt nicht«, widersprach ich.
»Warum ziehst du dann immer über ihn her? Du magst ihn nicht.«
»Hier geht es nicht um mögen. Ich traue ihm nicht«, erklärte ich
sanft.
»Du traust niemandem!«, gab meine Tochter mit einer Gehässigkeit
zurück, die ich ihr nicht zugetraut hätte.
»Das reicht!«, fuhr Debbie sie an. »Sprich nicht so mit deinem
Vater.«
Penny sah mich unter ihrem Pony hervor an. »Entschuldige«, murmelte
sie und steckte sich verdrossen ein Popcorn in den Mund.
»Vergiss es einfach«, sagte ich, musste aber feststellen, dass ich
meinen eigenen Rat nicht befolgen konnte.
Als die Kinder im Bett waren, sprachen Debbie und ich über den
Wortwechsel.
»Was hast du dir dabei gedacht, schon wieder von Morrison
anzufangen, Ben? Manchmal kannst du unglaublich begriffsstutzig sein.«
»Morgen hat der Junge Geburtstag. Als ich dort war, waren sie gerade
mit den Vorbereitungen für eine Party beschäftigt. Ich hoffe, dass das nicht
die Valentinstagsparty ist, zu der Penny will.«
»Sie hat gesagt, die Schule veranstaltet eine Party. Damit gebe ich
mich zufrieden.«
»Und wenn sie lügt?«
»Nach dem, was sie heute Abend gesagt hat, bleibt dir nichts anderes
übrig, als ihr zu vertrauen, Ben. Sonst beweist du ihr nur, dass sie recht
hat.«
»Ich vertraue ihr ja. Bloß Morrison vertraue ich nicht.«
»Was wolltest du denn bei ihm?«
»Er hat mit einem der Anführer von dieser Rising-Truppe im Gefängnis
gesessen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie hinter den Morden an den beiden
Dealern stecken.«
»Zwei tote Dealer? Na, das lohnt sich doch, da zu ermitteln.«
»Sie töten sie, damit sie die Gegend mit ihren eigenen Drogen überschwemmen
können. Nur dass sie anscheinend kein Geld haben. Jemand anderes finanziert
sie, und ich bin mir ziemlich sicher, dass das Morrison ist.«
»Penny hat recht.« Debbie schaltete auf einen anderen Sender um. »Du
hasst ihn wirklich.«
34
Mittwoch,
14. Februar
Kielty wurde unter Bewachung aus dem Sligo General
Hospital abgeholt und um kurz nach elf in Handschellen in den Vernehmungsraum
geführt, wo Joe McCready und ich ihn erwarteten. Sein Gesicht war ausgemergelt
und gelblich, die Augen waren blutunterlaufen, das Kinn war mit Stoppeln
überzogen, die so hell waren, dass sie fast grau wirkten.
Mit dem Verband unterm T-Shirt sah seine linke Schulter unförmig
aus, der Arm hing in einer Schlinge. Als er auf dem Stuhl uns gegenüber Platz
nahm, roch ich Desinfektionsmittel. Bei seinem Anblick betastete ich instinktiv
meine eigene Schulter, wo die Brandwunde allerdings endlich Ruhe gab.
Ich schaltete die beiden Aufnahmegeräte auf dem Tisch vor uns ein
und stellte zuerst mich und Joe McCready und dann Kielty und den
Pflichtverteidiger vor.
»Mein Beileid wegen Ms McEvoy«, sagte ich, nachdem ich Kielty über
seine Rechte belehrt hatte.
Er nickte.
»Es ist eine Schande, dass es dazu gekommen ist«, sagte ich.
Er richtete sich auf und zuckte zusammen, als er den linken Arm
bewegte.
»Wozu gekommen?«
»Fangen wir doch mit Ian Hamill an.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
Ich legte die Fotos, die wir von den drei Anführern von The Rising
in der Akte hatten, auf den Tisch. »Kennen Sie einen von denen?«
Ich rechnete damit, dass er mauern würde, doch nach kurzem Zögern
beschloss Kielty wohl, sich einen Gefallen zu tun, und pochte mit dem
Zeigefinger auf das Foto von Armstrong.
»Den kenne ich.«
»Woher?«
»Er ist vor Weihnachten zu mir gekommen und hat mich gebeten,
irgendwelches Zeug für ihn zu verkaufen«, sagte Kielty. Vage genug, um sich
nicht selbst zu belasten – detailliert genug, um Armstrong zu belasten.
»Was für Zeug? Drogen?«
Kielty nickte, und ich beschrieb die Geste für den Tonmitschnitt.
»Er hat gesagt, sie hätten Ware, die sie verkauft haben wollten.«
»Wer waren ›sie‹?«
»Das hat er nicht gesagt. Ich dachte, er würde eine der paramilitärischen
Gruppen meinen.«
»Und haben Sie es verkauft?«
»Am Anfang nicht. Ich habe gesagt, ich müsste erst mit meinem
Lieferanten sprechen.«
»Lorcan Hutton?«
Kielty schwieg.
»Elena McEvoy hat es uns gesagt«, fügte ich hinzu.
Schließlich nickte er. »Ja. Lorcan Hutton. Ich habe mich mit ihm in
Verbindung gesetzt, und
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