Aufstand der Gerechten

das ist kein Höflichkeitsbesuch.«
    »Sie kennen Charlie Cunningham«, stellte ich fest.
    »Das ist richtig«, stimmte er zu. »Ich kenne ihn. Wir waren eine
Zeitlang Zellengenossen. Und?«
    »Wie günstig für Sie, dass es Ihnen gelungen ist, Ihre
Bürgervereinigung davon zu überzeugen, seine Rising-Truppe zu unterstützen.«
    »Das hat nichts mit günstig zu tun. Ich habe Kinder. Ich will nicht,
dass sie diesem Zeug ausgesetzt sind.«
    »Ist das nicht ein bisschen heuchlerisch?«
    »Warum?«, fragte er verdutzt. »Weil ich im Gefängnis war? Lassen Sie
die Vergangenheit ruhen, Devlin; ich tu’s auch.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht.«
    »Das spielt keine Rolle.« Lächelnd lehnte Morrison sich an den Zaun,
der die Weide umgab, und beobachtete die Pferde, die am Rand
entlanggaloppierten. »Die Justizbehörden haben mir geglaubt. Ehrlich gesagt ist
es mir scheißegal, was Sie denken.«
    »Soweit ich weiß, ist Cunninghams Gruppierung nur eine Fassade.
Anstatt die Dealer zu vertreiben, zwingt The Rising sie dazu, ihre eigene Ware
zu verkaufen.«
    »Dafür haben Sie selbstverständlich Beweise.«
    »Die Sache ist die: Laut unserem Nachrichtendienst hätte Cunninghams
Truppe überhaupt nicht das Geld, um so etwas aufzuziehen. Die brauchen jemanden
mit Geld. Jemand Reiches.« Ich ließ den Blick über das weitläufige Grundstück
schweifen. »Jemand Großzügiges.«
    Er lachte freudlos. »Sehr interessant. Wenn das stimmt, dann können
Sie sicher sein, dass wir The Rising nicht weiter unterstützen, Inspector. Ich
gehe übrigens davon aus, dass Sie alle örtlichen Bürgergruppen persönlich
aufsuchen und darüber informieren.« Er reichte mir die Hand, um anzudeuten,
dass unser Gespräch, zumindest soweit es ihn betraf, beendet sei.

33
     
    Als ich wieder im Auto saß und das Gebäude im Rückspiegel
immer kleiner wurde, ging mir durch den Kopf, was Morrison mir am Tag seiner
Verurteilung gesagt hatte. Er hatte getönt, er werde im Nu wieder obenauf sein,
sobald er entlassen werde. Es mochte wohl sein, dass das Haus ein Geschenk
seines Schwiegervaters gewesen war, doch ich vermutete, dass er mehr Geld zur
Verfügung hatte, als er zugab. Hendry hatte behauptet, The Rising hätte sich
opportunistisch an Morrisons Bürgergruppe gehängt. Nun glaubte ich eher, dass
die Verbindung symbiotisch war. Dadurch, dass Morrison Geld in ihre Ware
investierte, während Irvine und seine Kumpane die Dealer in der Gegend zwangen,
ihre Drogen zu verkaufen, gewann Morrison selbst wieder an Macht.
    Ich setzte mich mit dem Sergeant in Verbindung, der in Sligo am
Empfang saß, und erfuhr, dass Kielty nicht vor morgen für eine Vernehmung zur
Verfügung stehen würde. Er hatte die Operation an der Schulter überstanden,
doch es ging ihm nicht gut genug, um mit uns zu sprechen. Der Sergeant hatte
auch den ballistischen Befund erhalten, dem zufolge Elena McEvoy von einer
Kugel, die aus Kieltys eigener Waffe stammte, getötet worden war. Folglich
brauchte ich nicht vor morgen wieder nach Sligo zu fahren.
    Abends saß ich mit Debbie und den Kindern auf dem Sofa, wir sahen
uns einen Film an. Am nächsten Tag begannen die Schulferien, und wir hatten den
beiden versprochen, sie dürften länger aufbleiben als sonst.
    »Wie war die Schule?«, fragte ich Shane, der sich neben mir zusammengerollt,
einen Arm um mein Bein geschlungen und seinen Kopf auf meinen Schenkel gelegt
hatte.
    »Gut. Mein Bild ist an die Tafel mit den besten Arbeiten gekommen.«
    »Was ist das denn für ein Bild?«
    An seinen Augenbrauen, die nach oben wanderten, erkannte ich, dass
er die Augen verdrehte. »Ein Dinosaurier. Wir mussten etwas malen, was mit B
anfängt.«
    Ich runzelte die Stirn und sah zu Debbie, doch die zuckte die
Achseln. Penny verbarg das Gesicht an der Schulter ihrer Mutter und kicherte.
    »Dinosaurier fängt aber nicht mit B an, kleiner Mann.«
    »Ich habe einen Brachiosaurus gemalt«, erklärte er seufzend und
steckte die Hand in die Popcornschüssel, die Penny auf dem Schoß balancierte.
    »Und bei dir, Penny?« Ich nahm mir ebenfalls eine Handvoll Popcorn.
»Wie läuft’s in der Schule?«
    »Gut.«
    »Penny will morgen wieder zu einer Party. Zum Valentinstag. Sie kann
doch hingehen?« Debbie formulierte die Frage so, dass eine Diskussion darüber
nicht infrage kam.
    »Natürlich«, sagte ich. »Sofern dein Lehrer auch da ist.«
    Penny lächelte mich flüchtig an und nickte.
    »Ich habe heute John Morrison getroffen«, erzählte ich.
    Entsetzt sah sie