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Aufstand der Maenner

Titel: Aufstand der Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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gekommen sei? Hinterher könne sie dann reden, was sie wolle. Sehr unbefriedigend fand es Punikrum, dieser Kreterin gegenüber nur ein Mann zu sein, der sittsam warten müsse, bis es ihr gefalle, das entscheidende Wort zu sprechen. Wenn sie nur nicht so reich wäre!
    »Sic sagten bereits, Dame Sipha, daß ich Ausländer sei. Was in Kreta Männeremanzipation ist, ist es nicht für Sidon und die anderen phönikischen Städte. Wir verehren unsere Frauen und bringen unserer Göttin Ischtar mit Inbrunst unsere Opfer dar. Eine schöne Dame wie Sie, Sipha, würde bei uns nicht weniger gefeiert werden als in Knossos, nur - räumen wir dem Mann neben der Frau seinen eigenen Platz ein, der seiner Bedeutung entspricht.«
    Hierzu konnte sich Sipha nur ablehnend verhalten.
    »Ihr habt sogar einen Männergott. Wie töricht! Daß man
    Rhea bei euch Ischtar nennt, mag hingehen. Aber ein unsterblicher männlicher Gott wo seid ihr hingekommen! Alles Leben kommt vom Weibe, und so entsprang die ganze Schöpfung dem Schoße unserer Allmutter Rhea, deren auserwähltes Volk wir sind, um ihren Dienst rein und heilig zu verrichten.«
    Für Sipha waren das die gewohnten Phrasen, die sie für unwiderstehlich hielt; Punikrum aber sandte ein Stoßgebet zu Bel, er möge es ihm nicht anrechnen, daß er diese Lästerung gehört habe. Ihn schauderte bei dem Gedanken, Sipha hätte sich in Sidon ähnlich vernehmen lassen. Und es stehe doch wohl zuviel zwischen ihnen, daß eine Verbindung möglich sei.
    »Und Minos?« fragte er, um ihr nicht einfach das Feld zu überlassen.
    »Er ist der Sohn der Göttin«, erklärte sie kurz, als gelte es, etwas zu verbergen.
    »Nun sind wir gar bei der Religion angelangt, und Sie wollten nicht von Politik reden.«
    »Das sagt man immer, und dann tut man es doch. Es ist eben alles Politik, und Politik ist immer auch Religion. Daraus ergibt sich bei uns die Stellung der Männer soweit sie nicht Sklaven sind, meine ich . . .«
    »Mir scheint, das sind mehr oder minder alle Männer in Kreta?«
    »Weil sie uns gehören. Wollen Sie das damit sagen? So ganz einfach ist es nun doch nicht. Gewiß, kretische Männer erachten es als schönsten Lohn, uns nützlich zu sein: als Handwerker, als Seefahrer, als Krieger - und dann sind sie uns auch wohlgefällig. Wenigstens zuweilen. Warum sollten wir sie in lange Röcke stecken? Lange Kleider mögen die Männer anziehen, wenn sie als Diener einer Priesterin vor die Göttin treten. Um Sic, mein Punikrum, ist es schade, daß Sie in langen Röcken verkümmern sollen. Sie würden sehr wohl in der Kleidung eines kretischen Mannes bestehen.«
    Bei Siphas Worten fühlte Punikrum seine Glieder wie von ihren gepflegten, wissenden Händen berührt, und das ließ ihn schwanken. Falls Sipha etwa sterblich in ihn verliebt sein sollte, dann vielleicht . . .
    »Mit Verwunderung höre ich, daß nicht grundsätzliches Mißvergnügen Sie von uns armen Männern trennt«, bemerkte er sehr entgegenkommend, »auch vernahm ich, daß Sie bereits einen Mann ehelich beglückten?«
    »Zwei«, sagte sie. »Bei dem ersten war ich noch zu unerfahren, doch ich vermute, daß er mir bei meiner Tochter Adna seinen Beistand lieh. An dem zweiten aber hatte ich meine Freude! Nun ist auch er dahin. Er war so sanft, wissen Sie, Punikrum, ein so zartes Wesen. Der erste dagegen! Sie kennen ja unsere Jungen, wenn sie hübsch sind, und das war er, oder vielleicht kennen Sie sie auch nicht - nur Bäder, Schminktisch, Salben und ein bißchen Sport im Kopf und sonst nichts. Dagegen hätte ich schließlich nichts gehabt. Aber diese Gefallsucht, diese Launen und dabei ein Mundwerk mit einem einzigen Wort und einer hämischen Grimasse konnte dieser junge Unhold einem das Herz durchpfeilen. Ich habe viel ausgestanden.«
    »Sic liebten ihn?«
    »Bis ich ihn hassen lernte, und das dauerte lange, viel zu lange. Und dann konnte ich nicht an ihn heran. Er war aus zu großer Familie.«
    »Aber gestorben ist er doch?« fragte Punikrum ziemlich unverfroren, ohne damit jedoch Anstoß zu erregen.
    »Ja . . . ein Unglücksfall ... er ertrank . . . Aber was geht das Sie an?« sagte sie jetzt im Ton einer Abwehr, die um so angemessener war, als Punikrum - was sehr für seinen Verstand sprach ihr nicht das geringste von dem, was sie vorbrachte, glaubte. Seltsamerweise verstanden sich beide dabei sehr gut. Da Punikrum Siphas Lügen durchschaute und sie das wußte, hörten sie auf, Lügen zu sein, und wurden zu ebenso vielen Offenherzigkeiten.

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