Aufstand der Maenner
die Ausschiffung der Pferde vorbereitet werde. Das schmale Fahrzeug war Belits Privatboot und trug die etwas vergrößerte Ausgabe einer Doppelaxt, einer Labrys, auf dem Steven. Nur eine Oberpriesterin durfte sich das erlauben. Es war ihr ängstlich gehütetes Vorrecht.
Paß der Pferdewärter zur Eile trieb, war Garp ganz recht.
Um Geringes werde Jokbed nicht nach ihm geschickt haben, und der Sklave fürchte sich wohl nach Art dieser Leute, etwas Genaues auszusagen, was dann hinterher dem einen oder andern nicht recht sein möge. Jedenfalls war nichts Vernünftiges über Draup aus ihm herauszukriegen. Noch einige derbe Scherzworte mit den Waffengefährten, dann kletterte Garp über das Heck und von Bord. Der Knecht folgte. Jokbeds Schiff lag am weitesten entfernt, und Garp konnte nichts Besseres tun, ab dem Saum des Wassers zu folgen, das nicht mit dem Rauschen der Brandung, sondern mit einem leisen Murmeln den Sand benetzte.
Wie in einem Käfig fühlte sich Garp in der Dunkelheit so, als müsse er bei jedem Ausschreiten eine Wand durchstoßen. Er hörte seine eigenen Sohlen im Sande knirschen, während der nacktfüßige Sklave fast lautlos hinter ihm herging.
Immer schwerer wurde ihm das Gehen immer dicker wurden die Wände. Ganz eng schlossen sich die Wände um ihn zusammen - ganz eng . . .
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Die Duchten der Schnellboote waren, wie es einem solchen Boote geziemte, mit purem Kupfer beschlagen, und auch die Ruder hatten dort, wo sie den Duchten auflagen, einen Kupferring. Durch den Ring wurde das Hinausgleiten des Ruders verhindert, und soweit war alles in Ordnung. Aber noch zwei weitere Kupferreifen trug so ein Ruder, und zwar links und rechts von den Stellen, an denen der Sklave es zu packen hatte. An diesen Reifen waren Ösen, an diesen Ösen Ketten, und diese Ketten wieder waren an den andern Reifen befestigt, die des Sklaven Handgelenk umspannten. Jokbeds Schiffe wurden zwar auch gerudert, aber von der freien Mannschaft. Bei der galt das Wort, daß jeder Mann wie sein Schwert auch sein Ruder führen müsse. Jokbeds Männer hätten sich nicht an die Kette legen lassen, aus so gutem Kupfer sie sein mochte. Aber Jokbeds Männer waren auch nur Piraten, Raufbolde von recht zweifelhaftem Benehmen und ermangelten des Ruhmes einer hochzivilisierten und gesitteten Welt.
Etwas anderes war das natürlich auf kretischen Schiffen. Die kretischen Krieger - mochten sie auch gar nicht aus Kreta sein, sondern Thraker, Leute aus dem Lande des Pelops, aus Lykien, Karien, aus dem libyschen Süden, von den Inseln oder sonstwoher stammen — waren der unerschütterlichen Meinung, daß sie ihre überlegene Kraft ungeschmälert den Waffen und der Verteidigung der göttingewollten Ordnung erhalten müssen und keineswegs in der rohen und ungeistigen Kraftentfaltung des Ruders vergeuden dürfen. Aus dieser Meinung, der die Gebietenden, wenn vielleicht auch aus anderen Gründen, beipflichteten, ergab sich dann die besondere Lösung eines solchen Problems, wie es die Fortbewegung eines Schiffes darstellt.
Die Sklaven hatten ihre Muskelkraft zu liefern, die antreibenden Krieger den Willen. Traditionsgemäß erfolgte die Willensübertragung durch geknotete Stricke, nachdem das reichlich vorhandene Seewasser dem Hanf die erwünschte Festigkeit verliehen hatte. Auch die Geschwindigkeit wurde durch diese zweckmäßigen Anstalten geregelt: Bei kleiner Fahrt wurde weniger, mit steigender Geschwindigkeit immer mehr gepeitscht, bis den Diensttuenden schließlich der Schweiß herunterlief, zumal sie als Verkörperer der Obrigkeit von Waffenschmuck starrten.
Dagegen hatten die Sklaven es leichter. Sie schwitzten auch, aber sie schwitzten nackt.
In diesem Zustand wurde - wenn das Wetter dazu herausforderte - auch auf Jokbeds Schiffen gerudert, auf denen Leder und Keile aus Hartholz das teuere Kupfer ersetzen mußten. Kretischen Sklaven gegenüber bestand dennoch ein großer Unterschied. Bei den Sklaven galt kein Wetter, und deren Nacktheit war Schutzlosigkeit des Leibes und sollte es auch sein.
Dies erklärte denn auch hinreichend den Nutzen von Armspangen und Ketten. Sie waren der einzige Schutz, der den Sklaven verblieb, ein Schutz gegen sich selbst. Wie leicht hätte unter der unmittelbaren Einwirkung des Schmerzes ein
Sklave seine Hände vom Ruder nehmen und an den Hals des Bewaffneten bringen können, wo sie gar nicht hingehört hätten. Wie leicht hätte eine ganze Schar dieser friedlichen Leute sich zu Gleichem veranlaßt sehen
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