Aufstand der Maenner
können. Man hätte sie töten müssen. Die Sklaven wären um ihr Leben, die Gebietenden um wertvolle Menschenkraft gekommen, und am Ende hätten die Bewaffneten gar noch selbst ihre Hände an das Ruder legen dürfen. Die Fesselung war demnach so heilsam wie nur möglich. Alle sahen das ein, selbst die Sklaven. Es war so, es war immer so gewesen, und es würde immer so sein. Und darum dachte auch kein Mensch mehr darüber nach. Nicht einmal eine Frau wie Belit - sonst hätte sie wohl für ihre eigenen Schiffe und nun gar ihr Privatboot eine andere Lösung gefunden. Offenbar gab es jedoch keine andere.
Einem Übelstand, der sich hieraus ergab, mußte allerdings wirkungsvoll begegnet werden. Zwanzig angekettete Männer, in schwerer Arbeit über ihre Ruder gebeugt, bis auch die Knotenstricke ihnen nach zwölf Stunden keine Kraft mehr entpressen konnten, ließen einen Brodem aufsteigen, den der Seewind nicht mehr hinweggefegt hätte. Einer anderen Gruppe lag es deshalb ob, mit Wassergüssen aus hölzernen Eimern allen Unrat hinwegzuschwemmen, der sich dann im Kielraum sammelte. Das Gießen und das Entleeren der Bilge nahm diese Männer völlig in Anspruch, wenn die Frauen und deren Dienerinnen in der Hütte am Heck nicht durch üble Männergerüche belästigt werden sollten.
Aus einem solchen Schwall stieg Garp wieder zum Bewußtsein empor. Man hatte einen Wasserkübel über seinem Kopf ausgegossen.
Sein erster Blick fiel auf Sipha. Mit zwei Dienerinnen stand sie vor ihm im Mittelgang. Sie war ähnlich gekleidet, wie sie es in Milet gewesen war. Nur hatte sie sei es, um die Seeluft besser zu genießen oder aus welchem Grunde immer - sich ihres Schleierhemdes entledigt, das ohnehin nichts verhüllte und keinen Schutz bot. Ihr Lächeln war voll von einer gespannten Neugier und einer grausamen Genugtuung. Und mit diesem Lächeln betrachtete sie Garp eingehend wie ein Mensch, der weiß, daß er sich nicht zu beeilen braucht. Dicht
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7 Tralow, Aufstand vor ihm zitterten ihre herausquellenden Brüste mit den vergoldeten Warzen.
Garp verstand nichts.
»Bist du nicht der Amazajunge, der nicht kommen wollte, als ich ihn rufen ließ?« sagte sie. »Hast du mich nicht herausgefordert, Unbotmäßiger? Wisse, du Sohn ohne Mutter, schneidende Waffen sind nichts für den Kampf mit Frauen. Ich nahm deine törichte Herausforderung an und siegte. Jetzt bin ich deine Besitzerin. — Laß ihn rudern«, befahl sie dem Antreiber, der hinter ihm stand.
Und Garp hörte hinter sich eine Männerstimme.
»Rudere!« vernahm er und sah, wie Sipha sich vorbeugte, um ihm ins Gesicht zu starren. Denn zugleich fühlte er den Knotenstrick auf seinem nackten Rücken.
Der Streich weckte ihn vollends. Aber den Gedanken, ob es eine Peitsche gewesen sei, die ihn nicht beschimpfe, konnte er nicht zu Ende denken. Ein zweiter Hieb folgte, ein dritter, ein vierter . . .
»Rudere!« schrie der Mann, den er nicht sah. »Ich werde dir die Rippen bloßlegen, wenn du nicht gehorchst!«
Sipha lachte, als sie sah, wie der Ausdruck der Überraschung in Garps Gesicht dem der Wut wich.
»Fühlst du nun, daß du ein Sklave bist? Das ist erst der Anfang. Ich weiß nicht, was deine Amaza, diese Wilden, mit dir gemacht hätten; aber ich weiß, was ich mit dir machen werde. Sehr wohl weiß ich das.«
»Wir sind noch nicht zu Ende«, sagte Garp.
»Was?« rief sie. »Widerspruch? Aufsässig? Ich werde dich über die Bilge hängen lassen, daß dein Blut hineinfließt, wenn du gepeitscht wirst. Meine Mädchen sollen dich schreien hören. Bis du um Gnade winselst, lasse ich dich peitschen.«
Doch Garp kam aus der Schule der Amaza und verzog keine Miene, als sich die Knoten in seinen Rücken fraßen.
»Mach ihm warm, wenn er nicht rudert«, sagte sie und wandte sich zum Gehen. »Aber laß noch was übrig von ihm.« Sie lachte. »Ich will noch meine Lust an ihm haben.«
Ein tückischer Blick von Garp folgte ihr nach.
>Wir sind noch nicht zu Endes dachte er und machte sich über das Ruder.
Jokbed betrat hastig die Schiffshütte. Der Lärm der Abfahrt drang laut herein.
»Sie müssen jetzt von Bord, Herr Punikrum.«
»Ich wiederhole Ihnen. Ihr Beginnen ist töricht!«
»Das sagten Sie bereits oft genug. Aber sie werden mich nicht überzeugen, daß Garp sich versäumt hat und nun allein Zurückbleiben würde, wenn wir fahren. Er befindet sich auf keinem unserer Schiffe, und was mehr ist, dieser kretische Halunke, der bei uns den Stalldienst versehen sollte, ist
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