Aufstand der Maenner
alles, und so weiß ich, daß sie nie ihre Erlaubnis geben wird. Warum hätte Ihre Heiligkeit Sie sonst aus der Kampfschule herausgeholt?«
»Ich will ja gar nicht die Stiere!«
»Also den Thes?«
»Auch den nicht. Stiere sind gewöhnlich«, entschied sie, »und auch von Taureadoren hab’ ich nachgerade genug. Wenn es morgen einer meiner Freundinnen einfallen würde, sich an den Kampfspielen zu beteiligen, dann könnte sie es tun, falls sie nicht zu zimperlich wäre, sich auszuziehen, falls sie keine Angst hätte und keine Großmutter, die ihr die Teilnahme verböte. Aber es gibt etwas anderes, was keine hat und keine haben kann, und das sind . . .«
»Pferde, nicht wahr?«
Garp hatte das Wort erwartet, und nun sagte er es zuerst.
»Ja, Pferde!« jubelte Adna. »Woher, Garparuda, wissen Sie . . .?« Darauf blieb er ihr die Antwort schuldig. Er dachte nur: >Tuk weiß alles »Wenn Sie alles genau überlegen, werden Sie mir beipflichten. Sie selbst können sich um die Tiere kaum noch kümmern . . .«
»Wissen Sie auch, daß die Pferde von Männern geritten werden? Nur von Männern?«
»Wie unpassend! Das eben muß geändert werden. Ich habe schon an eine Tracht für meine Reiterinnen gedacht. Es ist keineswegs schwer . . .«
»Etwa wie bei den Amaza?« fragte Garp hinterhältig.
»O ja! Was wissen Sie darüber, mein Bruder? Bitte, sagen Sie es mir.«
»Da wären vor allem die Hosen . . .«
»Was ist das: Hosen?«
Garp schilderte die skythische, von innen gepanzerte Fellkleidung, womit er bei Adna keine Begeisterung erweckte. Und sie müsse sich wundern, sagte sie, daß die Amaza etwas so Entstellendes tragen.
»Sie tragen es nur bei starker Kälte«, beruhigte sie Garp.
»Bei starker Kälte setzt man sich um das Heizbecken oder um die Feuergrube«, erklärte Adna. »Und was tragen sie sonst?«
Ihr eine Tunika zu schildern war nicht schwer. Griechische und andere Barbaren trugen ein solches Gewand aus einem etwas festeren Stoff, als ihn die kretischen Damen für ihre Hemden zu wählen pflegten. Das untere Ende würde dann den Trägerinnen bis auf die Schenkel fallen. Adna fand das erwägenswert. Ihren vollen Beifall errang er aber erst mit der Beschreibung einer gepanzerten Amaza, der von der Brünne nur Lederriemen herunterhingen, unter denen sie sich als Reitschutz eine purpurne Schärpe durch die Schenkel zog. Besonders der Helm mit dem Roßschweif tat Adna es an. Sie schwelgte in Einfällen, wie das Roßhaar zu färben und welche Zierate den Beinschienen zu geben seien.
Das alles hätte sie tun können, ohne mehr als ein verächtliches Lächeln von Garp zu ernten. Aber sie tat noch etwas anderes, und das erbitterte ihn. Ganz unbefangen sprach sie von »meinen« Pferden, und wenn sie einmal »unsere« sagte, meinte sie damit Pferde, die der Großen Dame und ihr selbst gehörten. Mit keinem Wort erwähnte sie Garp.
In den Jahren auf Kreta hatten ihm die Rechte der Großen Dame auf die Pferde nichts als eine Formalität bedeutet. Nicht einmal sich selbst dachte er als Eigentümer. Brüderlich verbunden fühlte er sich den Tieren — als Genossen aus der alten Heimat empfand er sie. Jetzt plötzlich erlebte er es, wie sich an Stelle einer naturhaften Bindung ein Recht setzen wollte. Als Anmaßung und Vergewaltigung erschien ihm dieses »Recht«. Auf einmal haßte er Kreta mit seinem Geflecht gegenseitiger Versklavung, mit seiner Frauenherrschaft, die ihm jeder göttlichen Einsetzung zu entbehren schien, und vor allem haßte er Adna. Weil sie ihm die Pferde nehmen wollte, haßte er sie.
»Deine Pferde!« rief er und hielt sich in nichts mehr an die Form. »Warte doch erst ab, ob sie dich haben wollen, ob sie kommen, wenn du dich ihnen zeigst, ob sie dich auf ihren Rücken dulden! Den stolzen Amaza, den siegreichen, wollt ihr es gleichtun, du und deine vermessenen Mädchen? Das ist nicht mit ein paar Platten und Lappen getan, die ihr euch auf den Leib hängt. Schneidet euch erst die rechte Brust ab . . .!«
»Bei Rhea, nein!« schrie Adna entsetzt.
»Jawohl! Schneidet sie euch ab, wenn ihr Amaza sein wollt, und bringt eure linke zum Verdorren. Schlaft auf der nackten Erde, wenn es sein muß, seid Dienerin eures Pferdes, und dünkt euch nicht seine Herrin. Schüttet ihm erst das Stroh auf, ehe ihr schlaft, und räumt ihm mit den Händen die Losung fort; denn es liebt ein reinliches Lager. Und striegelt es, ehe ihr euch selber kämmt,
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