Aufstand der Maenner
Göttin, die längst eine Dame geworden war. Modisch war Adnas Rhea auch, aber sie war die Göttin der sportlichen Spiele, und so trug sie keine langen Röcke, sie trug überhaupt keinen Rock. Seitlich blieben ihre Schenkel bis zum Gürtel hinauf nackt - nur vorn und hinten hingen zwei kleine Ovale wie Schürzchen vom Gurt. Seltsam war der männliche Gliedschutz, der einst in Milet Garps Verwunderung erregt hatte und den er jetzt selbst trug, wenn er gewappnet war. Als Symbol des männlichen Geschlechtes zierte dieser Schutz in Gestalt eines Köchers der Göttin vorderen Ovalschild und widersprach damit höchlich den aus dem Mieder quellenden nackten Brüsten. Auch sonst war die Göttin fast nackt, und in der gleichen spärlichen Zwitterkleidung hatten die jungfräulichen Stierkämpferinnen in der Arena zu erscheinen. Daran dachte Garp und auch daran, wie oft so ein Mädchen, zerschlitzt und zerfetzt, mit breiter Blutspur auf dem Sand aus der Kampfbahn geschleift werden müsse. Unbehaglich wurde es ihm, weil seine Gedanken den Besiegten hartnäckig das Antlitz der Adna gaben.
In diesem Augenblick trat Tuk aus dem Hintergrund.
Bis auf das weiße, um die Hüften gelegte und durch die Schenkel gezogene Tuch war er nackt. Das war die Tracht des kleinen Mannes, der das Tuch vorne als Gliedschutz zum Knoten verdickte. So angetan, nahm Tuk die Gebieterin stillschweigend auf seine Arme und trug sie zu ihren Kleidern und den harrenden Zofen ins Nebengemach. Von einer so ruhigen Sicherheit und so voll Kraft waren seine Bewegungen, daß selbst Adnas Widerspruch schwieg. - Tuk hatte sein Amt angetreten. Finster blickte Thes ihr nach. Dann schrak er zusammen.
»Ich habe dich in der Arena gesehen«, hatte Garp aus Höflichkeit gesagt, »nicht wahr, du bist Theseus, der Taureador?«
»Müssen Sie wirklich noch fragen, Herr?« war jetzt des Thes hochmütige Antwort.
»Jetzt weiß ich, daß du Thes bist.« - Garp blieb gelassen und freundlich. — »Deine Antwort verbürgt es mir. Aber wisse: Ich war nur ein einziges Mal bei den Spielen.«
»Nur ein einziges Mal? . . .« Das war schwer für Thes zu fassen. Ein Kreter der vornehmen Stände und nur ein einziges Mal in der Arena? Er konnte es nicht glauben, und doch glaubte er, als er Garp ganz ohne Anmaßung und eher verlegen lächeln sah.
»Ich habe verschiedene andere Liebhabereien und bin nicht allzuoft in Knossos«, entschuldigte sich Garp. »Aber das eine Mal überzeugte mich völlig, daß deine Art, Stiere zu schlachten, die kunstvollste ist, die ich je bemerkte.«
»Stiere zu schlach . . .?« Thes vergaß zweierlei: die Frage zu beenden und den Mund zu schließen.
»Ich hätte mich wohl anders ausdrücken sollen?« erkundigte sich Garp. »Vergiß es. Denke, ich sei ein Bauer, und du wirst das Rechte gedacht haben.«
Sehr ähnlich an Jugend und Kraft und doch so verschieden waren Thes, der Protz, und der Enkel der Belit. Obwohl Garp die Ehre der Halskette zugekommen wäre, hatte er auf sie und erst recht auf jeden andern Schmuck verzichtet. Seine Schuhbünde waren nicht wie bei Thes mit Edelsteinen geschmückt, sondern entsprachen lediglich ihrem Zweck. Die rostbraunen Haare trug er nach Kreterart mit der libyschen Locke und lang. Mit den eingeflochtenen Bändern in der Haarfarbe reichten sie ihm bis über den engen Gürtel. Überhaupt betonte Garp die kretischen Sitten. Auf den glatten, dünnen Stab hatte er darum auch nicht verzichten können. Vom Boden bis zur untersten Rippe reichte ihm dieser Stab, und nichts als der wies ihn als einen Herrn aus. So standen die Männer sich gegenüber, beide blauäugig und der eine geschmückt. Nach der Art, wie der Ungeschmückte dem Haßblick des anderen standhielt, hätte man nicht sagen können, daß er der Unterlegene sei.
»Ich glaube nicht, daß Sie ein Bauer sind, Herr; wohl aber jemand, der ein Unglück nicht vergessen sein läßt, das ein anderer erlitt«, griff Thes an. »Wenn ich Stiere >schlachtete<, wie Sie das zu nennen belieben, würde ich noch immer Tributsklave sein.«
Garp gedachte der Bindungen des Freigelassenen an Adna.
»Die wenigsten Menschen«, lächelte er, »wissen, wie sehr sie Sklaven sind. Der Sklave macht den Unterschied nicht, Thes.«
»Den Unterschied zwischen wem?«
»Zwischen - sagen wir einmal dir und mir.«
»Ist denn ein Unterschied?«
Diese Frage eines Freigelassenen an einen Herrn aus
erstem Hause war eine Unverschämtheit, die sich nur ein verwöhnter Taureador erlauben durfte. Und
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