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Aufstand der Maschinen

Aufstand der Maschinen

Titel: Aufstand der Maschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Henry Smith
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Zeit gewesen sein mußte, als die Toten noch anständig bestattet wurden, anstatt als »stille Familienmitglieder«, wie es offiziell hieß, in Glaskästen zur Schau gestellt zu werden. Er fragte sich auch, ob diese neue Modetorheit damit zusammenhing, daß es heutzutage so viele Verkehrstote gab, daß die meisten Familien sehr klein waren und einige »stille Familienmitglieder« gebrauchen konnten. Dazu kam natürlich noch, daß die Friedhöfe schon längst planiert und in Parkplätze verwandelt worden waren.
    Er stand auf, ließ sich noch einen Drink geben und dachte dabei an Fenwick Enders und seine Theorien. Was hatte der Mann zuletzt gesagt? »Denken Sie daran – mit dem Unabhängigkeitstag beginnt dieses Jahr ein viertägiges Wochenende!« Richtig, viertägige Wochenenden waren am schlimmsten, denn die Unfallziffern schnellten bei diesen Anlässen jeweils geradezu unglaublich in die Höhe. Und wenn man den Zeitungen glauben wollte, hatte es schon am letzten Wochenende, das ganz normal gewesen war, allein in Kalifornien zehntausend Verkehrstote gegeben!
    Charles Henry lief ein kalter Schauer über den Rücken. Er stellte sein Glas ab. »Am besten esse ich eine Kleinigkeit, bevor ich mir den Appetit restlos verderbe«, murmelte er vor sich hin.
    Der Zettel stand auf dem vollautomatischen Herd an den Zeitschalter gelehnt. Charles Henry seufzte bei diesem Anblick, obwohl er wußte, daß er ihn wie die Ankündigung auf dem U-Bahnhof seit einiger Zeit erwartet hatte.
     
    Lieber Charles Henry,
    ich kann dieses gemeinsame Leben nicht länger ertragen. Ich gehe mit Jerry fort. Ich hoffe, daß du meine Gründe verstehst und mir verzeihst.
    Agnes
     
    Er starrte den Zettel an und überlegte sich, daß es eigentlich »dieses Leben ohne Auto« heißen müßte.
    Das war sein erster Gedanke. Der zweite war, daß er nun wußte, warum sein alter Studienfreund noch zu ihnen gekommen war, nachdem alle anderen Freunde längst nichts mehr von ihnen hatten wissen wollen. Jerry war der erfolgreichste Verkäufer eines großen Gebrauchtwagenhändlers, und Charles Henry war fest davon überzeugt, daß er El Toro , den Wagen mit den blutroten Polstern, dazu benützt hatte, Agnes auf seine Seite zu bringen.
    Manche Männer wären froh gewesen, eine Frau mit so scharfer Zunge endlich los zu sein, aber Charles Henry bedauerte diese Entwicklung. Er war sehr unglücklich gewesen, als sie nicht fortging, obwohl sie hatte fortgehen wollen, aber nun war er noch unglücklicher, weil Agnes für immer fortgegangen war. Anscheinend hatte er nicht einmal genug Talent zum Pantoffelhelden. Dann fragte er sich, ob Jerry nun den Rest seines Lebens damit verbringen würde, »Ja, Liebling« zu sagen.
    Der Zettel glitt ihm aus den Fingern und flatterte zu Boden. Ich hätte besser mit Agnes auskommen können, überlegte er sich traurig, wenn ich nicht so feig gewesen wäre. Hätte ich den verdammten Wagen gekauft, hätte sie mich nicht verlassen. Sie hat mich auf ihre Weise geliebt und hat Spaß daran gehabt, mich zu beherrschen. Sie hätte mich bestimmt nicht verlassen, wenn wir wenigstens irgendein Auto gekauft hätten.
    Charles Henry kehrte ins Wohnzimmer zurück, ließ sich in den Sessel fallen und rief die Bar zu sich. »Komm her, du alter Klapperkasten, ich brauche einen kräftigen Schluck!«
    Die Mecho-Bar rollte gehorsam heran und ließ begeistert ihre Lichter aufblitzen, als er einen doppelten Whisky pur bestellte. Bevor der Abend zu Ende war, hatte er noch viele weitere Knöpfe gedrückt.
    Am nächsten Morgen kroch Charles Henry mit solchen Kopfschmerzen aus dem Bett, daß selbst drei Tabletten nichts halfen. Er zog sich nur an, weil er wußte, daß das Leben irgendwie weitergehen mußte, auch wenn er eine schwere Enttäuschung hinter sich hatte.
    Es war eigenartig, das Haus zu verlassen, ohne die zahlreichen Ermahnungen zu hören, mit denen Agnes ihn jeweils auf den Weg geschickt hatte. Trotzdem schaffte er es irgendwie, nichts zu vergessen, als er sich eine Stunde früher als bisher auf den Weg machte.
    Auf der kurzen Strecke zwischen seinem Appartement und dem Bahnhof hielten nacheinander drei Taxis neben ihm und fragten: »Taxi, Sir? Taxi, Sir?«
    So viele Taxis sind noch nie hier draußen gewesen, dachte Charles Henry, als er dem Gleis folgte, bis es in einen Tunnel unter der Erde verschwand. Der Weg war lang, und er wußte schon jetzt, daß er zu spät kommen würde – aber er war fest entschlossen, sich nie wieder in ein Auto zu

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