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Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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spielen.
    Swerkow trat als erster ein, der unverkennbare Anführer. Er lachte, und alle anderen lachten mit; aber als er mich erblickte, nahm er sofort Haltung an, näherte sich mir langsam, in der Taille ein wenig vorgebeugt, fast kokett, und reichte mir gemessen freundlich die Hand, mit einer gewissen vorsichtigen, beinahe fürstlichen Höflichkeit, ganz, als ob er, indem er mir die Hand reichte, sich gleichzeitig vor irgend etwas zurückziehe. Ich aber hatte erwartet, daß er, sobald er ins Zimmer träte, in seiner gewohnten Art auflachen würde, hoch und glucksend, und bei den ersten Worten mit seinen seichten Späßchen und Witzen beginnen würde. Auf diese hatte ich mich schon seit dem Vorabend eingestellt, doch nie und nimmer hatte ich eine so herablassende, eine so überlegene Freundlichkeit erwartet. Hält er sich also jetzt in jeder Beziehung für unvergleichlich höherstehend? Will er mich mit seiner Generals-Würde nur kränken, so ist das nicht schlimm, dachte ich; ich würde mich irgendwie darüber hinwegsetzen. Wie aber, wenn dieser Schafskopf tatsächlich von der blödsinnigen Idee besessen ist, er stehe hoch über mir und könne mich gar nicht anders als gönnerhaft behandeln, ohne die geringste Absicht, mich irgendwie zu kränken? Bei der bloßen Vorstellung einer solchen Möglichkeit kam ich in Atemnot.
    »Ich hörte mit Erstaunen von Ihrem Wunsch, an unserem Abend teilzunehmen«, begann er affektiert, die Worte in die Länge ziehend, was er früher nie getan hatte. »Wir sind uns lange nicht begegnet. Sie fliehen uns. Gar nicht nötig. Wir sind durchaus nicht so furchtbar, wie es Ihnen scheint. Nun, jedenfalls erfreut, unsere Bekanntschaft zu …«
    Und schon wandte er sich achtlos ab, um seinen Hut auf das Fensterbrett zu legen.
    »Warten Sie schon lange?« fragte Trudoljubow.
    »Ich kam Punkt fünf, wie gestern abgesprochen«, antwortete ich laut und mit einer Gereiztheit, die einen baldigen Ausbruch ankündigte.
    »Hast du ihn denn nicht benachrichtigt, daß wir umdisponiert haben?« wandte sich Trudoljubow an Simonow. »Nein, ich habe es vergessen«, antwortete dieser ohne die geringste Verlegenheit und ging, sogar ohne sich bei mir zur entschuldigen, zum Buffet, um die hors d’œuvres zu bestellen.
    »So sitzen Sie hier schon eine ganze Stunde? Ach, Sie Ärmster!« rief Swerkow spöttisch, denn nach seinen Begriffen mußte das allerdings ungemein komisch sein. Und der Schuft Ferfitschkin sekundierte mit seiner schuftigen kläffenden Stimme wie ein Schoßhündchen. Auch er fand meine Lage außerordentlich komisch und peinlich.
    »Das ist durchaus nicht komisch«, schrie ich Ferfitschkin plötzlich an, ich wurde immer gereizter, »die andern sind schuld und nicht ich. Man hat es nicht für nötig befunden, mich zu benachrichtigen. Das ist, das ist … das ist … einfach unmöglich.«
    »Nicht nur unmöglich, sondern noch etwas ganz anderes«, brummte Trudoljubow, mich naiv verteidigend. »Sie sind zu weich. Das ist einfach eine Unhöflichkeit. Selbstverständlich ohne Absicht. Wie hat aber Simonow nur … hm!«
    »Wenn man sich mir gegenüber so etwas erlaubt hätte …«, mischte sich Ferfitschkin ein, »ich hätte …«
    »Ja, aber Sie hätten sich etwas bestellen sollen«, unterbrach ihn Swerkow, »oder das Essen auftragen lassen, ohne auf uns zu warten.«
    »Sie müssen zugeben, daß ich das ohne weiteres hätte tun können«, bemerkte ich kurz. »Wenn ich gewartet habe, so geschah es nur …«
    »Zu Tisch, meine Herren«, rief der eintretende Simonow.
    »Alles ist bereit; für den Champagner garantiere ich, er ist vortrefflich gekühlt … Ich wußte doch nicht, wo Sie wohnen, wo sollte man denn nach Ihnen suchen?« wandte er sich plötzlich an mich, vermied es jedoch wiederum, mich anzusehen. Offensichtlich hatte er etwas gegen mich. Der gestrige Abend steckte ihm noch in den Knochen.
    Alle nahmen Platz; ich setzte mich auch. Der Tisch war rund. Links von mir saß Trudoljubow, rechts Simonow, Swerkow mir gegenüber; Ferfitschkin an seiner Seite, zwischen ihm und Trudoljubow.
    »Saaagen Sie … sind Sie im Departement?« setzte Swerkow seine Unterhaltung mit mir fort; da er sah, daß ich verlegen war, glaubte er allen Ernstes, man müsse mich freundlich behandeln und sozusagen ein wenig ermutigen. “Will er eigentlich, daß ich ihm eine Flasche an den Kopf werfe?” dachte ich aufgebracht. Ungeübt im Umgang mit Menschen, war ich übertrieben reizbar.
    »In der …schen

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