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Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Aufzeichnungen aus dem Kellerloch: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Kanzlei«, antwortete ich schroff, den Blick auf den Teller gesenkt.
    »Und …! … siiind Siiie zufrieden? Saaagen Siiie, was veraaanlaßte Siiie, Ihre frühere Stellung zu verlaaassen?«
    »Mich veraaanlaßte, daß ich meine frühere Stellung verlassen wollte«, ich dehnte dreimal so lange. Ich konnte mich beinahe nicht mehr beherrschen. Ferfitschkin prustete; Simonow sah mich ironisch an; Trudoljubow hielt mitten im Essen inne und begann mich neugierig zu betrachten.
    Swerkow verzog das Gesicht, wollte aber nichts gehört haben. »Nuuun, und wie ist Ihr Auskommen?«
    »Welches Auskommen?«
    »Ich meine Ihr Gehaaalt?«
    »Wieso examinieren Sie mich?«
    Übrigens sagte ich gleich darauf, wieviel ich bekam. Ich lief dunkelrot an.
    »Nicht allzuviel«, bemerkte Swerkow gravitätisch.
    »Jawohl, damit kann man nicht in Café-Restaurants dinieren«, fügte Ferfitschkin unverschämt hinzu.
    »Ich finde das einfach ärmlich«, meinte Trudoljubow ernst.
    »Und wie mager Sie geworden sind, wie Sie sich verändert haben … seitdem …«, fuhr Swerkow, schon nicht mehr ganz ohne Gift, mit einem gewissen herausfordernden Bedauern fort, während er mich und meinen Anzug eingehend musterte.
    »Sie machen ihn ja vollends konfus«, rief kichernd Ferfitschkin.
    »Mein Herr, machen Sie sich klar, daß ich durchaus nicht konfus bin«, brauste ich schließlich auf. »Hören Sie! Ich speise hier im ›Café-Restaurant‹ für mein Geld, für meines, und nicht auf fremde Kosten, merken Sie sich das, Monsieur Ferfitschkin.«
    »Wieso? Wer speist denn hier nicht für sein Geld? Sie tun wirklich so, als ob …«, fuhr Ferfitschkin auf, krebsrot im Gesicht, und starrte mich wütend an.
    »Wieso? Ganz einfach«, sagte ich, weil ich fühlte, daß ich schon zu weit gegangen war. »Ich glaube, wir täten besser, ein vernünftigeres Gespräch zu beginnen.«
    »Es scheint, Sie haben die Absicht, Ihren Verstand glänzen zu lassen?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, das wäre hier durchaus nicht am Platze.«
    »Aber, mein Verehrtester, warum gackern Sie so? Oder haben Sie den Verstand in Ihrem Departement liegengelassen?«
    »Genug, meine Herrschaften, genug!« rief gebieterisch Swerkow.
    »Wie dumm«, murmelte Simonow.
    »Wirklich dumm. Wir haben uns im vertrauten Kreise versammelt, um unseren guten Freund zu verabschieden, Sie aber wollen hier alte Rechnungen begleichen«, sagte Trudoljubow, wobei er sich grob an mich allein wandte. »Sie haben sich uns gestern ja selbst aufgedrängt, also stören Sie jetzt nicht die allgemeine Harmonie …«
    »Genug, genug«, rief Swerkow. »Halten Sie ein, meine Herrschaften, so geht es nicht weiter. Ich will Ihnen lieber erzählen, wie ich vor drei Tagen beinahe geheiratet hätte …«
    Und so begann eine Geschichte, wie dieser Herr vor drei Tagen beinahe geheiratet hätte. Von der Heirat selbst war eigentlich gar nicht die Rede, aber ständig kamen in der Erzählung Generäle, Obristen, sogar Kammerjunker vor, und Swerkow – ständig in ihrer Mitte, ja fast an der Spitze. Beifälliges Lachen erscholl; Ferfitschkin winselte sogar vor Vergnügen.
    Alle vergaßen mich, und ich saß zertreten und vernichtet da.
    “Herrgott, ist denn das ein Umgang für dich!” dachte ich. “Welche Blöße habe ich mir vor ihnen gegeben! Ich habe Ferfitschkin allerdings viel durchgehen lassen. Diese Dummköpfe glauben, mir eine große Ehre zu erweisen, wenn sie mir an ihrem Tisch einen Platz einräumen, weil sie nicht begreifen, daß ich, ich es bin, der ihnen die Ehre erweist und nicht etwa sie mir! ‹Abgemagert! Anzug!› Oh, diese verfluchte Hose. Swerkow hat schon vorhin den gelben Fleck auf dem Knie bemerkt … Ach was – man sollte sich sofort, auf der Stelle, vom Tisch erheben, den Hut nehmen, einfach weggehen, ohne ein Wort zu sagen … Aus Verachtung! Und morgen meinetwegen Duell. Schufte! Es geht mir nicht um die sieben Rubel. Allerdings könnten sie das denken … Hol’s der Teufel! Es geht mir nicht um die sieben Rubel! Ich gehe sofort!”
    Selbstverständlich blieb ich.
    Vor Kummer trank ich ein Glas Lafitte und Cherry nach dem anderen. Des Trinkens ungewohnt, war ich bald betrunken, und mit dem Rausch stieg auch der Ärger. Plötzlich kam mich Lust an, sie alle in der ausfallendsten Weise zu beleidigen und erst dann wegzugehen. Den günstigsten Augenblick abwarten und sich im rechten Lichte zeigen: Sie sollen sagen: mag er auch komisch sein, auf jeden Fall ist er gescheit … und … kurz,

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