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Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers

Titel: Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoëcker
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einen Stock zu Hilfe, was zwar meine Schuhspitzen schonte, aber leider nicht wirklich zum Ziel führte. Spätestens an dem Punkt fing ich so langsam an zu glauben, dass jemand den Cache geklaut hatte, was mich jedoch noch lange nicht dazu brachte, irgendetwas an meinem Verhalten zu ändern. Völlig abgekämpft, einen abgeschabten Stock in der Hand, sah ich in, um, auf, unter, neben, über und sonst noch in der Nähe sämtlicher Baumstümpfe und Äste nach. Immer auf der Suche nach Stellen, an denen an einem bewachsenen Ufer etwas versteckt sein konnte.
    Außerdem hielt ich Ausschau nach einem «UPS». Das ist kein in Braun gekleideter Mann, der einem lächelnd die Dose überreicht, eine Unterschrift verlangt, zum Abschluss noch einenschönen Tag wünscht und in einem ebenso braunen, kulturell fremdartig wirkenden Lieferwagen verschwindet. Nein, es handelt sich vielmehr um einen Haufen «unusual positioned stones». Also Steine, die auf so merkwürdige Art und Weise herumliegen, dass die Natur das beim allerbesten Willen nicht hinbekommen haben kann. Ich bin ja oft auf der Suche nach derart verräterischen Anzeichen, und ich bin jedes Mal überrascht, wie viele unglaublich vielfältigen Variationsmöglichkeiten ebendiese Natur erdacht hat, um irgendwelche Steine so zu positionieren, dass man es für unnormal hält.
    Irgendwann hatte ich die ersten 500   Tonnen Sand und Granit 25 umgeschichtet, die sich in der wahrscheinlichen und leider auch in der unwahrscheinlichen Suchumgebung befanden, und auch meine Frau hatte keinerlei Erfolge zu vermelden. Jetzt half nur noch der Blick in die Cachebeschreibung.
    Darin gibt es hin und wieder mal einen «Hint», sozusagen einen Hinweis. Aber damit dem Suchenden dieser Hinweis nicht sofort ins Auge fällt, ist er verschlüsselt «encrypted». Das Verfahren ist recht einfach und uralt. 26 Und wenn man Glück hat, gibt es auch noch ein Foto dazu.
    Das war in unserem Fall nicht nötig. Schnell übersetzte ich den Hinweis und las einen ähnlichen Satz wie «in einer Plastiktüte in der Nähe eines Baumstumpfes unter einem Stein in der Erde versteckt».
    Auf einmal war es kinderleicht, und ich fand die Tüte natürlich sofort. Trotzdem zog ich sie nicht sofort heraus, denn jetzt kam einer der wichtigsten strategischen Tipps zum Tragen, wenn man andere vom Cachen begeistern will. Völlig ungeeignet wäre es in jenem Moment gewesen, wenn ich die Tüte aufgerissen,die Dose herausgenommen, in der Luft geschwenkt und fröhliche Tänze aufgeführt hätte. Das hätte nämlich meine Frau nur demotiviert. Sie hätte dann garantiert keine Lust mehr gehabt und diese Erinnerung für immer in ihrem Herzen mit sich herumgetragen.
    Nein, ich verhielt mich ganz nach Vorschrift und suchte einfach an einer völlig anderen Stelle weiter. Noch dazu behauptete ich gegenüber meiner Frau: «Da ist nichts.» Erfahrungsgemäß zieht das nämlich den anderen Sucher magisch an, als treibe ihn eine unbekannte Kraft in die Nähe der Baumwurzel. Irgendwann sagte ich dann so was wie: «Irgendwo muss diese Tüte doch zu finden sein   … wahrscheinlich eine blaue   … mit gelber Aufschrift   … leicht zerkratzt   … das ‹K› ist schlecht zu lesen   …»
    Schon hörte ich ein fröhliches Lachen. «Hihi, ich hab sie. Ich bin zum ersten Mal dabei, aber ich hab den Cache gefunden. Ätschibätsch!»
    Damit hatte ich mein Ziel fast erreicht. Jetzt musste ich das Ganze nur noch mit einem «Och nee, der war aber gut versteckt! Den hätte ich nie gefunden, so was ist mir ja noch nie passiert» abschließen. Und schon hatte ich einen neuen Cacher angeworben. Der Trick funktioniert übrigens nur bei Frauen und Kindern. Männer brauchen die Niederlage, um sich selbst anzuspornen, doch davon später mehr – leider.
    Meine Frau und ich haben die Dose dann gemeinsam aus den Plastiktüten gewickelt, wir haben gemeinsam den Deckel geöffnet und gemeinsam Stift und Notizblock herausgeholt. Anschließend haben wir gemeinsam geschrieben, dass ICH den Cache gefunden habe.
    Nach dem Urlaub folgte natürlich noch der krönende Abschluss: der Eintrag auf der Webseite mit einem Dank an den Owner für die Superidee und dem Hinweis, dass wir zum Glück auf der richtigen Seite mit der Suche angefangen hatten. DasWichtigste daran war jedoch: Es bedeutete einen weiteren Punkt in meiner persönlichen Statistik.
    Auf jeder der gängigen Cacheplattformen gibt es ein Punktesystem. Pro gefundenem Cache erhält man einen Punkt.

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