Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
also auf der A 2. Jeder normale Autofahrer wäre zum Pausieren einfach an einer Raststätte rausgefahren. Dort stände er dann zwischen Lkws und Wohnmobilen auf einer breiten Asphaltfläche, dröhnende Motoren raubten ihm den Verstand, und in der Schlange vor der Toilette würde er sich unweigerlich fragen, warum sich der Geruchssinn aus evolutionär biologischer Sicht erhalten hat.
Viel schöner dagegen unser Pausencache. Jedes Mal, wenn die Koordinaten eingegeben sind, und noch während Tobi und ich auf der Autobahn sind, erfasst uns dieses leichte Prickeln, die Nervosität des Jägers. Gleich haben wir ihn! Wie wird er wohl diesmal aussehen?
Irgendwann fuhren wir dann von der Autobahn ab, links auf die Landstraße Richtung … ach nein, falsch, wir hätten rechts gemusst. Kein Problem: wenden. Da war er auch schon, der Feldweg. Mit meinem Magellan und der Topo-3 D-Software kein Problem und mit der Zieleingabekarte des Navigationssystems selbst mit dem Auto leicht zu finden. Der Wagen bedankte sich mit einem schnurrenden Motorengeräusch dafür, mal wieder ins Gelände zu dürfen – ja ich gebe es zu: Ich habe so ein armseliges Ich-will-ein-harter-Mann-sein-und-durch-die-Wildnis-fahren-wohne-aber-dummerweise-in-Mitteleuropa-Auto.
Wir öffneten die Wagentüren, der Straßenlärm war nur noch entfernt zu hören. Ein paar Vögel zwitscherten, eine kühle Brise wehte durchs Auto. Direkt neben dem Weg begann der Wald,und in den wollten wir hinein. Wir stiegen aus, und – platsch – mein Schuh versank in einem Schlammloch. Kein Problem, denn ich hatte extra meine Hochalpinwanderschuhe mit Halterungen für Steigeisen dabei und sie vor der Fahrt noch drei Millimeter dick eingefettet und dann geföhnt. Nur leider standen sie im Kofferraum.
Aber das konnte mich, einen echten Cacher, nicht erschüttern. Ein schneller Blick auf das GP S-Gerät sagte, wir mussten noch ganze 87 Meter in den Wald hinein. Der Cache war diesmal schnell gefunden, nach eineinhalb Stunden saßen wir wieder im Auto. Weiter ging’s, auf zur nächsten Raststätte. Dort hieß es dann auch für uns: zwischen Lkws und Wohnmobilen auf einer breiten Asphaltfläche stehen, tanken und auf Toilette gehen – die Schuhe mussten schließlich für die nächste Suche sauber sein.
Gut, bei so einem Pausencache kann auch mal was schiefgehen. Es geschah auf dem Weg nach … Berlin. Ja, wir waren wieder mal auf der A2 unterwegs und wollten einen Traditional klarmachen, der ganz in der Nähe eines Schiffshebewerks versteckt war. Der Cache war im Grunde bloß die Zugabe zu dem interessanten technischen Bauwerk.
Wie ein großes Autobahnkreuz treffen sich bei dem Werk der Mittellandkanal und die Elbe. Der Höhepunkt ist eine zwei Kilometer lange Brücke, auf der die eine Wasserstraße über die andere geführt wird. Ein recht beeindruckender Ort, mit all den Schaubildern und Informationstafeln, weshalb er immer wieder von vielen interessierten Ausflüglern aufgesucht wird.
Wir steuerten den Besucherparkplatz an und schlugen uns erst mal in die Büsche. Sofort erkannten wir die grundsätzliche Problematik bei diesem Cache: das Gelände. Eine steile Böschung führte hinab zum Ufer der Elbe, so dicht mit Bäumen bestanden, dass alles voller feuchter Blätter war, und dennoch so licht, dass wir uns nur schwer von Baum zu Baum hangeln konnten.
Wir gingen immer wieder hin und her, während wir den Traditional suchten. Leider führte uns das HIN meistens bergab, sodass es beim HER jedes Mal eine ganze Weile dauerte, bis wir wieder oben ankamen. Wir gruben die Füße in den leicht schlammigen Boden und krallten uns an allem fest, was auch nur entfernt nach Halt aussah: Baumstümpfe, Grasreste, Wurzelwerk. Irgendwann ertönte endlich das erlösende «Ja, ich hab ihn!».
Wer von uns beiden den Cache fand, weiß ich nicht mehr, ich weiß nur noch, ich war erleichtert.
Wir hockten uns neben die Wurzel, unter der er versteckt war – diesmal in einem Erste-Hilfe-Koffer. Ein Metallbehälter, groß wie ein Karton für Halbschuhe, in Military-Grün und hervorragend geeignet, da wasserdicht und stoßfest. Außer dem üblichen Stift und dem Notizblock fanden wir darin zahlreiche andere Sachen: ein kleines Schieberätsel, ein Kartenspiel, eine Parkscheibe und zwei Happy Hippos. Offenbar hatten hier einige Eltern die Gelegenheit genutzt, ein paar Spielsachen loszuwerden, die sie schon lange aus den Kinderzimmern verschwinden lassen wollten, um sie durch andere zu
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