Aufzeichnungen eines Schnitzeljägers
Besucher uns die ganze Zeit für ein paar hilflose Teilnehmer einer Gruppenfahrt gehalten hatten, denen man einen Zettel mit Schnitzeljagdaufgaben in die Hand gedrückt hatte, damit sie was zu tun haben und keinen Unsinn anstellen (zum Beispiel pöbeln, randalieren oder unerlaubt Blumen abreißen), war uns egal. Irgendwie stimmte es ja auch.
Es gibt aber auch Multicaches, die mit Rechnen und Zählen gar nichts zu tun haben, da geht es dann mehr ums Finden. So zum Beispiel bei dem Cache «Dürsberg». Auch er war einer meiner ersten überhaupt, genau genommen war es der zweite, wenn man den am See nicht mitrechnet, denn den habe ich ja nicht gefunden.
Auch diesen Cache habe ich mit Micha zusammen gehoben. Wir waren immer noch auf jenem Zeltplatz, von dem schon mal die Rede war, und als der zweite Tag schon halb vorbei war, stellten wir fest, dass wir uns immer noch langweilten. Also beschlossen wir (oder besser er), wieder zu cachen.
Wir (oder besser er) wühlten uns erneut durch den Stapel Cachebeschreibungen und entschieden uns diesmal für einen, der über zwei Stationen ging, an denen wir jeweils einen Hinweis finden sollten, die uns dann zum finalen Versteck führen sollten.
Bereits in der Cachebeschreibung war erwähnt, dass wir einen alten Holzturm besteigen mussten, und ich fand, das klang nach Abenteuer. Ich bin nämlich gerne ein Abenteurer.
Micha und ich setzten uns also wieder einmal ins Auto, und ich fuhr meinen Freund quer durch die schöne niederrheinische Landschaft. Den durchaus nützlichen Tipp
«Parken solltet ihr
bei N 51° 37.489, E 006° 23.406 (am Straßenrand)» ließen wir kurz entschlossen außer Acht. Das war uns zu gefährlich, den Wagen halb im hohen Gras direkt neben einer kleinen Böschung abzustellen, wo einen Meter weiter unten ein Rinnsal auf den Abstürzenden wartete. Ob das erlaubt war, war uns unbekannt und deshalb viel zu riskant. Schließlich standen wir noch ganz am Anfang unserer Cacherkarriere.
Wir fuhren daher weiter zu einem nahe gelegenen Wanderparkplatz, stellten den Wagen ab, stiegen aus und packten unsere Ausrüstung zusammen. Also das GP S-Gerät zur Kamera in den Rucksack, mehr Ausrüstung gab es damals noch nicht. Dann machten wir uns auf den Weg und gingen am Randstreifen die Straße zurück, die wir gekommen waren. Schon nach wenigen Metern machten wir die interessante Erfahrung, dass die Zeit, die man Gas gibt, um mit dem Auto eine bestimmte Strecke zurückzulegen, in keinem Verhältnis zu der Zeit steht, die man braucht, um zu Fuß den eigenen Körper dieselbe Strecke voranzubringen. Es dauert einfach viel, viel länger. Und es ist viel, viel anstrengender.
Das nächste Mal würden wir uns sicher nicht darum kümmern, ob etwas riskant oder vielleicht sogar verboten war, wir würden einfach so nah wie möglich am Ziel parken, vor allem wenn es in der Cachebeschreibung angegeben war. Niemand nimmt freiwillig solche Strapazen auf sich. Wahrscheinlich hat Hape Kerkeling seine Pilgerfahrt quer durch Spanien auch gar nicht geplant, sondern einfach nur zu weit von Santiago de Compostela entfernt geparkt.
Irgendwann kamen wir dann an der eigentlichen Startposition an. Es waren bestimmt 20 Minuten vergangen, wir hatten Gott gefunden, und die Füße taten uns wirklich weh, auch wenn wir das sonst nie erwähnten. An dieser Stelle ging ein kleiner Feldweg von der Straße ab, führte leicht ansteigend durch einehohle 33 Gasse und dann nach einer Linkskurve über ein offenes Feld, bevor er zweihundert Meter weiter in einem kleinen Wäldchen verschwand.
Wir drehten uns um 90 Grad, um von der Straße geradewegs auf den Feldweg zu gelangen, hoben leicht den Blick, schauten Richtung Wäldchen und sahen auch schon den hölzernen Turm über den Wipfeln des Waldes herausragen. Sehr beeindruckend – der Anblick machte doch glatt die Strapazen der letzten Minuten vergessen. Wir gingen los.
Auch hier begegnete uns wieder das übliche Problem: Der Pfeil, der uns anzeigte, in welcher Richtung die erste Station lag, wies natürlich quer über das Feld. Wir dagegen folgten aber dem Weg, sodass die Entfernungsangabe «423 Meter» nicht der Entfernung entsprach, die wir letztendlich zurücklegen mussten. Doch wir hatten so was Ähnliches wie Urlaub und wollten außerdem so was Ähnliches wie Spaß haben, deshalb gingen wir so was Ähnliches wie frohen Mutes weiter.
Als wir den Wald erreichten, wurde die ganze Cacherei auf einmal irgendwie anders. Die hellen Sonnenstrahlen
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