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Auge des Mondes

Titel: Auge des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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plappernden Frauen, die ihn mit sich rissen wie ein trudelndes Stück Treibholz. Als Huy dämmerte, wo er landen würde, war es schon zu spät.
    »Die Göttin!« Die Frauenstimmen klangen plötzlich andächtig. »Wie schön sie ist - und wie stark!«
    Er legte den Kopf in den Nacken und blickte in die Augen der Löwin. Riesig und golden schimmerten sie in dem schwarzen Antlitz, und sein Zittern verstärkte sich. Schweiß rann ihm jetzt in Bahnen über den Körper. Im nächsten Augenblick würde er vermutlich in einem See aus Schweiß ertrinken - doch die Göttin schien noch immer nicht zufrieden.
    »Gestehe deine Untaten!«
    Hörte nur er ihre gewaltige Stimme, ein unheimliches Grollen wie aus den tiefsten Eingeweiden der Erde, oder hörten die anderen sie auch? Als er sich vorsichtig umschaute, trugen plötzlich all die Frauen ihr Gesicht. Mit einem Mal war er von Löwinnen umzingelt, einer hungrigen, bissigen, einer blutrünstigen Meute, die ihn unbarmherzig zerfetzen und verschlingen würde.
    Huy wagte nicht mehr, sich zu rühren, aus Angst vor dem, was noch kommen würde.
    »Bereue und gestehe, sonst wirst du elend zugrunde gehen!«
    Da war sie wieder, diese schreckliche, diese unheimliche Stimme - und sie galt ihm allein. Das wenige, was er noch bei sich hatte behalten können, schoss nach oben wie eine saure Fontäne, schien ihm die Magenwände verätzen zu wollen, den Schlund zu verbrennen. Geschüttelt von Fieber und Angst übergab er sich, wieder und immer wieder.
    Als er endlich aus seiner gebückten Haltung nach oben taumelte, blickte er in zwei grimmige Männergesichter.
    »Bist du wahnsinnig geworden, den Tempel zu besudeln?«, schrie der eine. »Wer das Heiligtum schändet, erhält ein Dutzend Stockhiebe.«
    Die Priesterschüler packten ihn unter den Armen und schleppten ihn grob hinaus.
    Ich muss unbedingt nach Hause, die Uniform anziehen, war das Letzte, was Huy noch denken konnte, bevor Schwärze ihn umfing.
    Die Uniform - und dann …

    Eilig zerrte Chonsu Menna in die einfache Schenke. Die frisch gescheuerten Tische waren schon zu dieser frühen Stunde gut besetzt, allerbeste Voraussetzung, um inmitten all des Trubels ungestört zu bleiben.
    »Du kommst viel zu spät«, sagte er missmutig. »Was denkst du dir eigentlich dabei? Ich bin doch schließlich nicht irgendwer!«
    »Ich bin zu spät, das ist richtig, aber mit gutem Grund«, sagte Menna. »Stell dir vor, er hat es tatsächlich getan, dieser Hundsfott! Du hattest also recht mit deiner Vermutung.«
    »Wer soll was getan haben?« »Senmut. Er war bei Aryandes. Um uns beide aus dem Tempel werfen zu lassen.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Chonsu beklommen.
    »Wer hat dir das verraten?«
    Menna zuckte mit den Achseln und verzog seinen Mund.
    »Kontakte«, sagte er großspurig. »Und natürlich reichlich Bestechungssilber. Schließlich müssen wir die Schätze des Tempels doch sinnvoll einsetzen, meinst du nicht?«
    »Aber bedeutet das nicht, dass alles vergebens war - all die Arbeit, all die Mühe, all diese fürchterlichen Nächte ohne Schlaf? Ich begreife dich nicht, Menna. Wie kannst du angesichts solch einer Katastrophe noch so dämlich grinsen?«
    »Weil es gar keine Katastrophe gibt«, sagte Menna. »Der Satrap hat Senmut nämlich kein Wort geglaubt. Wollte sich viel lieber mit seinen vergoldeten Straßen und seinen prachtvollen Kleidern beschäftigen. Gut möglich, dass ihn auch sein hübsches weißes Spielzeug abgelenkt hat. Wir haben jedenfalls noch einmal Glück gehabt, alter Freund! Aryandes ist nach wie vor blind wie ein Maulwurf. Es kann also alles weiterhin nach Plan laufen.«
    Chonsu ließ die Schultern sinken.
    »Das sagst du so! Aber ich halt das alles nicht länger aus«, sagte er in klagendem Tonfall. Seine mageren Gesichtszüge mit den schweren Lidern schienen noch tiefer nach unten zu sacken. »Meine Kraft ist zu Ende - ich kann nicht mehr!«
    »Doch, du kannst«, widersprach Menna. »Du musst sogar, Chonsu! Du darfst jetzt nicht aufgeben - nicht, nachdem unser Ziel schon zum Greifen nah ist.«
    Der andere stierte stumm vor sich hin.
    »Pass auf!«, fuhr Menna fort, betont munter, weil er Chonsus Trübsinnigkeit kaum noch ertrug. »Ich hab da eine Idee: Wir ziehen die ganze Sache vor. Dann hast du alles schneller hinter dir. Wieso eigentlich noch warten? Wo die Feuer doch schon heute kräftig lodern könnten!«
    »Heute?«, flüsterte Chonsu.
    »Heute!«, bekräftigte Menna. »Steht das Material zur Verfügung?«
    »Alles

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