Auge um Auge
Moralphilosophie interessiert, finde ich wiederum höchst interessant.«
»Sie haben damals zwar nicht auf meiner Seite gestanden, Colonel, aber ich war genauso Soldat wie Sie, und Sie wissen verflucht gut, dass Soldaten mehr wollen als nur einen höheren Rang, Geld oder den üblichen Erfolg. Sie erheben sich und ergreifen das Schwert.«
»Zum Teufel mit Ihnen, Dillon«, sagte Tony Villiers. »Sie sind einfach unschlagbar.«
Kurz darauf brachen sie nach Westen auf und folgten den Spuren der Rashid-Kolonne. Allmählich schwand das Licht, und es wurde dunkler.
Einige Meilen entfernt fuhr Cornet Bronsby von den Blues and
Royals mit seinen Leuten auf ein nicht geplantes Zusammentreffen zu und geriet plötzlich unter Beschuss.
Die Soldaten erwiderten das Feuer sofort und es kam zu einem Schusswechsel. In der Wagenkolonne, auf die sie zugefahren waren, befanden sich Paul Rashid und seine Leute, die auf dem Rückzug von Rama waren.
Sie feuerten eine Weile, doch Rashids Männer hielten sie auf Distanz. Dann beschloss Bronsby, der Sache ein Ende zu machen, und befahl seinen Leuten, sich zurückzuziehen. In dem folgenden Durcheinander rannten Männer aus dem Schatten und überwältigten ihn.
Paul Rashid, seine Schwester und Bell waren auf dem Weg nach Süden, als sie zu George Rashid aufschlossen und Bronsby entdeckten. Paul Rashid war alles andere als erfreut. Er hockte mit Kate, George und Bell auf dem Boden, während Bronsby vor ihn geschleppt wurde.
Irgendwie war es wie damals in Sandhurst. Dieser junge, anständige Engländer war ein Soldat, der nur seine Pflicht tat. In vielerlei Hinsicht war er wie Paul Rashid. Dieser Moment war eine Art Wendepunkt, den Paul sich nicht richtig erklären konnte. Er wusste nur, dass es nicht so hätte kommen sollen …
»Ich weiß, wo sie sind«, sagte Villiers zu Dillon. »Meine Spione vor uns sind ihr Geld wert. Einer der Verwundeten hat bestätigt, dass sie Bronsby einkassiert haben.«
»Das ist gar nicht gut, oder?«, meinte Dillon.
»Nein. Das sind von Natur aus sehr grausame Leute. Was Sie und ich als grausam empfinden, halten sie für normal.«
»Dann werden sie ihm übel mitspielen.«
»Ich fürchte ja.«
Dillon rauchte im Sitzen eine Zigarette und dachte nach.
»Das gefällt mir nicht.« Er sah Billy an. »Bronsby ist zwar das, was du als feinen Pinkel bezeichnen würdest, aber er hat bloß seine Pflicht getan.«
»Mir gefällt’s auch nicht.«
Dillon warf Villiers einen fragenden Blick zu.
»Also, wo geht es jetzt hin?«
»Ich würde sagen, nach Shabwa.«
»Und was machen wir? Sollen wir Rashid und der lieben Kate Auge in Auge gegenübertreten?«
»Mehr oder weniger.« Nach einer Pause fügte Villiers hinzu: »Sie mögen Kate, Dillon.«
»Wer zum Teufel würde das nicht tun?« Dillon lachte und steckte sich noch eine Marlboro an. »Ach, rutschen Sie mir den Buckel runter, Colonel. Beeilen wir uns; vielleicht können wir Bronsby doch helfen.«
11
Außerhalb der Oase Shabwa brannten Feuer unter Kochkesseln. Die Rashid-Beduinen besetzten das höher gelegene Gelände. Villiers und seine Leute waren erschöpft, hatten aber noch genug Energie, um sich etwas zu essen zu kochen. Und dann setzten die Schreie ein. Sie begannen kurz nach Mitternacht, hörten auf und fingen in bestimmten Abständen immer wieder an.
Oben auf der Anhöhe gingen Paul Rashid, George und Kate zu der Stelle, wo man Cornet Bronsby angebunden hatte.
»Ist das in deinem Sinn, Bruder?«, fragte Kate. »Er war einer deiner Kameraden, ein Gardesoldat.«
»Ja, aber das ist nicht der springende Punkt.«
»Dann berührt es dich gar nicht?«
»Es berührt mich sogar sehr«, erwiderte er bitter, »aber andere Dinge sind wichtiger.«
Der Vollmond tauchte den Abhang in grelles weißes Licht. Die Soldaten der Hazar Scouts warteten ausdruckslos hinter ihrer notdürftigen Deckung, rauchten Zigaretten und tranken die englische Version von Kaffee aus Dosen, die sich selbst erhitzten.
Tony Villiers hockte mit Dillon und Billy hinter einem Felsblock und trank Tee mit einem Schuss Bushmills, den sein Diener Ali in einer Flasche bereithielt.
»Mögen Sie so was, Dillon?«
»Sehr sogar.«
»Für mich nichts. Ich trinke keinen Alkohol«, erklärte Billy.
Villiers sagte in gutem Arabisch zu Ali: »Dir würde ich auch einen anbieten, wenn der Prophet es nicht verboten hätte.«
»Der Prophet – sein Name sei gepriesen – ist immer
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