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Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand

Titel: Auge um Auge - Ein Verehrer schuettete mir Saeure ins Gesicht Jetzt liegt sein Schicksal in meiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ameneh Bahrami
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gutes Recht!«
    Gott, wie recht er damit hatte. Aber wie schwer das sein würde. »Außerdem macht mich dieser Stofffetzen ganz nervös. Weg damit!«
    Er begutachtete mich intensiv. Meine Gesichtshaut sei noch viel zu empfindlich, erklärte er. An plastische Operationen sei erst in etwa einem Jahr zu denken. So lange müsse ich mich noch gedulden. »Jetzt aber achten Sie bereits unbedingt auf Sonnenschutz!«, sagte er am Ende. Und dann gab er mir die Untersuchungsgebühr zurück, die ich am Empfang gezahlt hatte.
    Ich war in einer besseren Welt gelandet.
    Gleichwohl trafen mich seine letzten Aussagen hart. Ich müsste mich noch ein ganzes Jahr gedulden. Hatte ich denn nicht schon genug Geduld aufgebracht? Vermutlich nicht. Es half nichts, ich musste mich damit abfinden und die plastischen Eingriffe zu meinen langfristigen Zielen zählen, schließlich wollte ich außer meinem Augenlicht auch wieder ein menschliches Antlitz zurückhaben.
    Beim folgenden Besuch im IMO jedoch schien alles wieder den alten, ungeordneten und steinigen Weg zu gehen. Dr. Medel kochte vor Wut, als ihm klar wurde, dass Schirin mir zwar die verschriebenen Tropfen regelmäßig verabreicht, es aber versäumt hatte, das Medikament zur Regulierung des Augendrucks zu besorgen.
    »Warum seid ihr überhaupt nach Barcelona gekommen, wenn ihr die ganze Sache auf die leichte Schulter nehmt? Die Kontrolluntersuchung heute können wir uns schenken!«
    Meine Schwester konnte nicht viel zu ihrer Verteidigung sagen.
    »Wenn es dir nicht passt, dass ich mich um dich kümmere, dann mach deinen Kram doch in Zukunft alleine«, meinte sie und erklärte beiläufig, dass sie auf der Suche nach dem Medikament vergeblich unzählige Apotheken abgeklappert hatte.
    In Teheran hätte ich ihr diese Ausrede abgenommen – in Barcelona indes nicht. An der IMO-Rezeption hatte es noch geheißen, dass jede Apotheke das Medikament über Nacht bestellen könne, falls es nicht vorrätig sei.
    Ich fragte mich schon, ob Schirin wohl genauso leichtfertig gewesen wäre, wenn es um ihr eigenes Augenlicht ginge. Um meines würde ich kämpfen müssen, unermüdlich und unbeirrbar, das wusste ich. Wie schnell aber öffnete Barcelona mir die Augen dafür, wer mich in den kommenden Wochen, Monaten, Jahren in meinem Kampf unterstützen und wer mir Steine in den Weg legen würde. Barcelona lehrte mich, noch genauer als früher zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Sehr bald wurde mir bewusst, dass ich, statt mich mit aller Kraft auf meine Behandlungen konzentrieren zu können, Tag und Nacht auf der Hut sein und mit Bedacht auswählen musste, wen ich ins Vertrauen zog, wen ich um Hilfe bat, wenn es um meine Unterkunft ging, um Geld für meine Behandlungen, um Behördengänge oder auch den Umgang mit Vertretern meines Landes in Madrid.

16. Durchblick – Erfahrungen und Erkenntnisse
    Es mochte sein, dass ich hier und da allzu misstrauisch war und dem einen oder anderen Menschen damit Unrecht tat. Aber meine vielen schlechten Erfahrungen während meiner schwersten Zeiten in Barcelona führten mich zu dem Schluss, dass Gleichgültigkeit, Geldgier, Neid oder Missgunst unter den Menschen weiter verbreitet waren als Hilfsbereitschaft und Ehrlichkeit. Dort, wo ich Hilfsbereitschaft erfuhr, war sie so groß, dass sie mir mitunter die Sprache verschlug.
    Dort aber, wo ich auf Mauern stieß, nahm man keine Rücksicht auf meinen Gesundheitszustand. Wenn ich in solchen Momenten tief verzweifelt war oder gar Todesängste ausstand, konnte ich immer auf Dr. Medel und seine Kollegen am IMO zählen, die mir mit ihrer schier unerschöpflichen Geduld und mit ihren klugen Ratschlägen zur Seite standen – nicht zuletzt, weil sie mich und meine Sorgen immer ernst nahmen.
    Zugleich wurde mir in jener Zeit noch klarer, wie viel Kraft in mir selbst steckte. Was sich mir im Iran schon angedeutet hatte, bestätigte sich in Barcelona: Das Säureattentat hatte mein Leben auf den Kopf gestellt, mich aber nicht auf ewig hilflos gemacht. Ich kam alleine zurecht, ich konnte selbst für mich sorgen, ich ließ mich von niemandem – wirklich von niemandem! – für dumm verkaufen, und ich brauchte mich niemandem unterzuordnen. Auch deshalb hatte sich meine Reise nach Europa gelohnt. Sie machte mir selbst meine Stärken bewusst. Meinem Peiniger und allen potenziellen Säureattentätern sollte sie den Beweis liefern: Männern wie euch werden wir Frauen uns nie beugen!
    Dass ich mich eines Tages auch in einem anderen als

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