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Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Titel: Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
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»Ich weiß, wer du bist, Piri. Ich weiß auch, dass dein Herz am rechten Fleck sitzt. Du hast mich nie wirklich zu etwas gezwungen, warst stets gut zu mir.«
    Braxton wischte sich über die Augen. Er konnte es kaum ertragen. Was sollte er nur tun? Jetzt, wo sie wusste, dass er ein Mensch und kein Computer war, wusste, dass er sie die ganze Zeit über beeinflusst hatte, wusste, dass Touch sie aus einer Zwangslage befreit hatte, vertraute sie ihm immer noch oder sogar mehr denn je. Er schwankte zwischen dem Glauben an grenzenlose Naivität und einer beinahe unmenschlichen Herzensgüte und Weisheit.
    »Ich höre deine Seele«, hauchte sie, »aber noch besser könnte ich sie sehen.«
    Braxton überlief eine eisige Gänsehaut. Die Kinder im Labor bargen viel mehr, als jeder normale Mensch je würde erfassen können. Er wusste nur von dreien – Ruby , View und Touch –, aber wenn er mit seiner Vermutung richtig lag, gab es fünf Kinder – fünf Sinne –, mit denen Max versuchte, seinen perfiden Traum auszuleben. Braxton nickte, er musste helfen. »View, ich werde nix plaudern und deinen Gutenachtruf durcheinanderwirbeln«, er hoffte inständig, keine Codewörter zu verwenden, »dennoch haben sie noch ein Ass im Ärmel.«
    »Du musst mich hier rausholen, bitte.«
    »View, dann haben sie dich und werden dich nie wieder …«
    »Ich habe solche Angst.«
    »Ich weiß, meine Kleine. Vertraue auf deine Stärken. Du weißt, worin du unschlagbar bist. Du bist das Wunder, das wir alle brauchen.« Diese Kinder waren dazu geboren, um die Welt zu verändern. Vielleicht sogar, um sie zu erretten. Nicht mit Macht, Gewalt und Waffen, das hatten schon viele versucht, sondern mit außergewöhnlicher Sensibilität. Mit Gefühl, Zuversicht, Weisheit und Erkenntnis. Mit Liebe. Sie waren das sanfte Gute, nicht dazu bestimmt, das Böse zu besiegen, sondern es zu bekehren.
    Tragisch und nicht wirklich überraschend, dass niemand in dieser Gesellschaft ihnen zuhörte, an sie glaubte, außer so einem rücksichtslosen Verrückten wie Mayderman. Seine Finger flogen über die Tastatur.
    »Piri, ich glaube nicht, dass ich die Nacht … Es wird untergehen und ich weiß nicht, wo ich bin.«
    » View, hör – genau – zu«, er legte eine Sprechpause ein und betete, View würde ihn trotz ihrer Panik richtig verstehen, »du musst unbedingt nach Süden schwimmen, dahin, wo die Sonne mittags vor dem Zenit stehen würde. Und, du musst das Band umbehalten. Beides unbedingt! Verstehst du?«
    »Okay.«
    Sie hatte verstanden. Hoffte er zumindest. Er konnte unmöglich nachfragen. Ein Schrei durchdrang sein Zimmer, seinen Kopf, seinen Körper, seine Seele, sein Herz. Er vernahm ein überlautes Rauschen. Wasser?
    » Pi… « Kreischen. Rauschen. Dumpfe Schläge. »Piri!«
    O Gott! Er hatte die falsche Entscheidung getroffen. Sie hätte lieber im Labor sein sollen, hätte gelebt, anstatt zu ertrinken, allein, in den eisigen Tiefen des Meeres. »View«, rief er zurück, lauschte, »View!«
    » Pi… « Gurgeln.
    Seine Raumtür glitt zischend auf. Nur zwei Minuten und zwanzig Sekunden. Sie waren schnell. Er musste jetzt handeln, wenn sie ihn nun festnahmen oder umbrachten, würde er keine zweite Chance erhalten. Unauffällig drückte Braxton eine Taste. Schickte den Trojaner in das isolierte Netz des Labors, an dem er seit Jahren heimlich arbeitete. Vier Jahre Einsamkeit, eingesperrt in eine kleine Wohnung im Laborkomplex unter der Erde, ohne Verbindung zur Außenwelt. Nur drei Dinge hatten ihn am Leben gehalten. Das Durchhalten für Ruby , die Arbeit mit View und das Programmieren an seiner Rache. Sein Finger zitterte so sehr, er musste sich vergewissern, dass er die Returntaste auch getroffen hatte. View! View, schrie er in Gedanken. Sie ertrank, seinetwegen, weil er sie weggeschickt hatte, in dem Glauben, sie zu befreien.
    »Braxton Pearson! Sie werden arretiert!«
    Er stand auf. Seine Beine wollten ihn kaum tragen. Sein Blick verwischte vor Tränen.
    »Los«, befahl der Wachmann.
    Braxton drehte sich schwungvoll um und schlug dem Kerl mit beiden Händen flach auf die Ohren. Er war kein Kämpfer, nur ein Seelendoktor und Dad, aber er würde lieber verrecken, als sich jetzt kampflos zu ergeben und in einem Verlies zu versauern.
    Die Wache sackte röchelnd auf die Knie. Trommelfell beschädigt. Braxton entriss ihm den Elektroschocker und hielt sogleich die Luft an. Das Aufschwenken der winzigen Klappen an der Decke konnte man nicht hören, aber er

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