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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Anna und Sophie standen vor der Haustür und erwarteten sie bereits.
    » Hi, ich bin Anna…«
    » …und ich bin Sophie, hi!«
    Sie sahen sich zum Verwechseln ähnlich, zwei sportliche Ladys Anfang Sechzig, mit einem buschigen Haarschopf, der einmal rot wie Feuer gewesen war, das noch wie Glut unter der Asche ihrer grauen Haare glimmte. Mit vorsichtigem Blick sahen sie Joachim entgegen.
    » Und Sie…«
    » …Sie müssen Joachim sein!«
    Als sie ihm die Hand reichten, zögerte ihr Lächeln für eine Sekunde, als müßten sie sich erst innerlich vergewissern, daß es etwas zum Lächeln gab. Doch als Joachim nickte und ihre Hände nahm, kam es bereitwillig zum Vorschein, scheu zwar, aber unerschütterlich. Ihre Gesichter waren schmal, ihre Augen glänzten grün wie vertrocknetes Gras im Sommer, ihre Nasen waren scharf geschnitten und wie bei ihrem Vater übersät mit Sommersprossen. Um das Verwirrspiel vollkommen zu machen, trugen sie verwaschene Jeans, karierte Flanellhemden und Tennisschuhe ohne Socken. Das einzige Merkmal, woran Joachim sie unterscheiden konnte war, daß das Hemd der einen rote Karos hatte und das der anderen blaue. Aber schon da hatte er es aufgegeben, sich zu merken, wer von den beiden Anna war und wer Sophie.
    » Seit wann leben Sie in New York, junger Mann? Sie hätten…« Sie machte eine kleine Pause, um ihrer Zwillingsschwester die Möglichkeit zu geben, den angefangenen Satz zu Ende zu bringen. » …sich ruhig schon früher einmal bei uns melden können!«
    Es war eine Marotte, die sie sich schon in der Kindheit angewöhnt hatten. Sie waren in ihrem Leben kaum getrennt gewesen, hatten nie geheiratet und lebten in geschwisterlicher Symbiose.
    Joachim half Franziska aus dem Taxi und bezahlte den Fahrer. » Vielen Dank für die Einladung. Die Fahrt von New York herauf hat mich ganz hungrig gemacht!«
    » Sophie hat dir dein Lieblingsessen gekocht. Eingemachtes Kalbfleisch und Hotchpotch…«
    » …mit Möhren, Bohnen und Kartoffeln aus unserem eigenen Garten. Das Essen ist schon fertig…«
    » Folgen Sie uns, junger Mann!« Keinen Widerspruch duldend, nahmen die Zwillinge Joachim in ihre Mitte. » Bevor wir uns zu Tisch setzen…«
    » …müssen wir für unser Gästebuch noch schnell ein Foto von Ihnen machen.«
    Im Inneren des Hauses winselte ein Hund, der ihre Schritte längst gehört hatte. Er sprang wie besessen gegen die Haustür, die Sophie einen Spalt öffnete, um nach innen greifen zu können, ihn am Halsband festzuhalten.
    » Platz da, Fafner– kommen Sie ruhig rein, junger Mann.« Sie stieß die Haustür auf und gab dem Hund einen kleinen Klaps. » Brav, Fafner! Er soll keinen Fremden reinlassen.«
    » Fafner?« Joachim war erschrocken auf der Schwelle stehengeblieben. » Oh…«
    Mit winselndem Hundeverlangen nach Begrüßung riß sich die schwarz-weiß gefleckte Riesendogge los.
    » Keine Angst, er beißt nicht.«
    Die Dogge sprang an Joachim hoch, der vom Anprall ihrer siebzig Kilo fast umgefallen wäre, legte ihre Pfoten auf seine Schultern und hechelte ihm ihre Puste ins Gesicht, daß Joachims Brillengläser beschlugen. Die rosige Zunge bewegte sich wie ein feuchter Kolben zwischen den gezackten, schwarz pigmentierten Lefzen hin und her, und Joachim durfte ihr Gesabber, das lavendelfarbene Zahnfleisch und ihr kräftiges Scherengebiß bewundern.
    » Er sorgt dafür, daß alles bleibt, wie’s einmal war.« Solange Joachim auf der Türschwelle von der Dogge fixiert zur Salzsäule erstarrt war, schraubte Sophie die Polaroidkamera auf ein Stativ. » Denn wenn Daddy jetzt hereinkäme, würde er alles an seinem Platz vorfinden, wie er es verlassen hat. Fafner, aus da!«
    Die Dogge ließ sich auf den Boden fallen, rollte sich auf den Bauch, drehte die Augen unter dem gleichschenkligen Dreieck ihrer Brauen noch oben und trommelte mit der Rute auf den Bretterboden.
    » Kommen Sie, stellen Sie sich dort drüben hin.«
    Sie deutete auf eine schlanke Mahagonisäule, die gut beleuchtet in einer Nische stand. Auf dem Kapitell thronte eine zehn Zoll große Porzellanfigur, ein dirigierender Gartenzwerg mit ausgebreiteten Armen und schwarzen wehenden Frackschößen. Er hielt einen Taktstock in der Hand und trug eine rote Zipfelmütze auf seiner ebenso roten Lockenpracht. Joachim putzte seine beschlagenen Brillengläser und betrachtete kurzsichtig das Porzellangesicht, das mit roten Punkten betupft war. » Mir scheint, er sieht Ihrem Vater ähnlich?«
    Die Zwillinge kicherten und nickten

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