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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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einzuchecken. Franziska begleitete Joachim noch bis zur Paßkontrolle. » Dann also wünsche ich Ihnen alles Gute, und lassen Sie von sich hören, wenn Sie zurück sind.« Joachim beugte sich zu ihr und küßte ihre Stirn. » Danke für alles.«
    Er stellte seine Reisetasche ab und ließ die Passagiere an sich vorbei. » Warten Sie…«, er holte die Mozart-Puppe aus dem Schuhkarton heraus, » …nun sagen Sie schon was.«
    » Dazu gibt es nichts zu sagen!«
    » Ich meine, ob ich ihm diesen kleinen Mozart hier vielleicht in Ihrem Namen überreichen kann. Es wäre doch schön, er bekäme von Ihnen einen Geburtstagsgruß.«
    » Aber ich habe ihm bereits geschrieben, per Telefax, damit er meinen Brief schon in Händen hat, bevor Sie bei ihm aufkreuzen. Leben Sie wohl, Joachim.« Sie fuhr ihm mit der Fingerspitze über die Augenbrauen und nahm seine Hände. » Immer kalt– wie Frauenhände…«

Saint-Tropez – Samstagmittag
    Wie vor jedem Konzert hatte sich Herzog noch einmal hingelegt, ein Ritual, bei dem ihn keiner stören durfte. Eine Hand bedeckte seine Augen, während die andere mit Franziskas Brief hinabgeglitten war und neben der Liegecouch baumelte. Bei dem Gedanken, Franziska noch einmal wiederzusehen, verspürte er ein so großes Glücksgefühl, daß er gar nicht erst versuchte, es zu ergründen– was er doch sonst meistens tat, um jenen flüchtigen Moment hinauszuzögern.
    Wie hatte es nur passieren können, daß er sein Fränzchen ein zweites Mal verloren hatte? War es sein Ehrgeiz, sein Streben nach Karriere und Macht oder ihre Weigerung, ihn mit seiner Kunst zu teilen und Kompromisse einzugehen? Maria war da anders. Sie hatte keine Schwierigkeiten, beides unter einen Hut zu bringen. Franziska hingegen wollte alles. Ihre Liebe war absolut. Sie konnte tausend Freunde haben, aber stets nur einen Menschen, den sie liebte.
    Als er sie verlassen hatte, um nach Europa zurückzugehen, war irgend etwas zwischen ihnen endgültig zu Ende gegangen. Er hatte es nicht wahrhaben wollen. Auch dann nicht, als er in Berlin bereits gelandet war, um sich als Nachfolger Furtwänglers zu bewerben.
    In der Ankunftshalle des Tempelhofer Flughafens hatte er auf sie gewartet, fest davon überzeugt, sie müsse mit dem nächsten Flugzeug aus Boston nachkommen. Als die Pan-Am-Maschine gelandet war, drängelte er sich auf der Suche nach ihr durch die ankommenden Passagiere wie einer, der mühsam flußaufwärts watet, bis ein Flughafenbeamter auf sein merkwürdiges Gehabe aufmerksam wurde. Lange Zeit noch suchte er in Wochenschauen, Fernsehbildern und Feuilletons nach ihren Spuren, vermutete sie in seinem Publikum, wie damals in New York, bis der Schmerz über ihren Verlust allmählich nachließ und ihr Bild verblaßte.
    Was war geblieben? Bruchstückhafte Erinnerungen an die Zeit in Stockbridge, an den zunehmenden Zweifel in ihren Augen, wenn er sie küßte, an ihren mißbilligenden Blick auf eine Amsel vor dem Fenster, die in ihr Schlafzimmer äugte, wenn sie sich liebten, an die Fingerspitzen, die wie mechanisch sein Kinn streichelten. Aber all das ergab kein Ganzes, sondern war die eine Seite einer Münze, von der sie die andere behalten hatte. Sie wurde zur Ikone, eingefroren in Fotografien, die er mit ihren Briefen in einem Jugendstilkarton verwahrte, wie zum Beweis, daß sie tatsächlich einmal existiert hatte.
    Je älter er wurde, um so jünger behielt er sie in Erinnerung– als Studentin, die ihm seine erste Oper ermöglicht hatte, als Backfisch, mit dem er durch das Leithagebirge geradelt war, als Mädchen, das ihm eine Ohrfeige verpaßt hatte, weil er es heimlich durch einen Türspalt beobachtete hatte.
    Sie hatte ihm die Namen der Blumen und der Bäume beigebracht, und er hatte ihr die Sterne erklärt. Da waren sie so jung gewesen, daß sie noch über die Unsterblichkeit der Seele reden konnten. Er hatte ihr die Angst vor dem Tod genommen– sterben sei wie ein Aufwachen der Seele an einem anderen Ort, wie es die Mutter ihn gelehrt hatte. Doch ihre Frage, wann die Seele aufwache, im Augenblick des Todes oder erst » zur Zeit der letzten Posaunen«, hatte er nicht beantworten können. Eine Horrorvorstellung, traumlos in einem Grab zu liegen und auf eine Fanfare zu warten, während der Körper zu Staub zerfiel.
    Franziskas Brief entglitt seinen Fingern und segelte zu Boden. Endlich war er eingeschlafen.

DRITTER TEIL
Maria

Saint-Tropez– Samstagnachmittag
    Behutsam schloß sie die Tür, um ihn nicht aufzuwecken. Sie

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