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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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verkrochen und ihr Gesicht in den Kissen vergaben. Aber die Furcht, durch ihre Flucht vielleicht etwas Ungehöriges einzugestehen, hielt sie zurück. So ließ sie einfach nur ihr Nachthemd wie einen Vorhang fallen und blickte ihn mit ernsten Augen im Spiegel an.
    » Warum kommst du nicht rein und machst die Tür zu?«
    Sie wartete, bis er, stumm vor Bewunderung, hinter ihr Spiegelbild getreten war und ihr die Hände auf die Schultern legen wollte. Dann drehte sie sich um und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige mit einer Kraft, die sie selber überraschte.
    » Klopft man nicht an, wenn man das Zimmer einer jungen Lady betritt?«
    Sie blickten einander mit allerhöchster Verwunderung an: Franziska erschrocken, als hätte sich ihre Hand selbständig gemacht und wäre durch die Luft gerauscht, ohne sie zu fragen, und Karl mit offenem Mund, fassungslos über ihre handfesteReaktion. Plötzlich aber lachten sie, hemmungslos wie Kinder.
    Karl rieb sich die Backe. » Du kannst aber feste zuschlagen!«
    Franziska schüttelte ihr schmerzendes Handgelenk. » Das war schon seit langem überfällig, Karel Bohumil! Ich mag keine halben Sachen.«
    Er fächelte sich lebhaft mit der Hand die mißhandelte Wange. » Das brennt ganz teuflisch, und in meinem Kopf klingelt es…«
    » …wie Mücken und Frösche. Weiß ich! Hab ich vorhin selber bei mir ausprobiert.«
    Er betrachtete im Spiegel sein rot angelaufenes Ohr. » Und, wie sehe ich jetzt aus?«
    » Wie ein junger Herr, der für seine Unverschämtheit eine verpaßt bekommen hat. Komm!« Sie nahm seine Hand, führte ihn hinüber zu ihrem Bett. » Und jetzt erzähl mir, was du mitten in der Nacht drüben in der Scheune verloren hattest.«
    » Deswegen bin ich ja zu dir gekommen, Fränzchen.«
    Sie glitt unter die Bettdecke und zog das Leinen bis unters Kinn. Er setzte sich ans untere Bettende, die Beine dicht an den Leib gezogen und spannte das Nachthemd über Knie und Füße, so daß er aussah wie eine aus Granit gehauene ägyptische Schreiberskulptur.
    » Dann schieß endlich los. Ich hab lang genug darauf gewartet.«
    Und Karl erzählte ihr mit leiser Stimme alles, was ihn seit Monaten bedrückte. Als er geendet hatte, dämmerte es bereits.
    » Ich habe geahnt, daß nicht du es warst, der gespielt hat.« Sie dehnte und streckte sich und gähnte laut, ohne die Hand vor den Mund zu nehmen. » Du mußt Papa das alles erzählen, was du mir gerade erzählt hast.
    » Und du?«
    » Ich setz mich vor die Tür und sorg dafür, daß du nicht wegläufst, bevor du damit zu Ende bist.«
    Franziska sprang aus dem Bett und öffnete die Verandatür. » Schau nur, was für ein herrlicher Morgen!«
    Karl trat mit ihr hinaus auf die Veranda und legte seien Arm um ihre Schulter. Die Luft hatte sich abgekühlt. Singvögel hatten mit ihrem Gezwitscher irgendwann in den frühen Morgenstunden das nächtliche Konzert der Frösche abgelöst, und dennoch lag eine feierliche Stille über dem dunklen See und dem feinen Gespinst der Tautropfen, mit denen die Wiesen und Gärten überzogen waren. Am Horizont leuchtete ein fahler Punkt, der allmählich die Finsternis zurückdrängte und sich langsam zu einem blendenden Lichtstrahl auffächerte. Mit einem Ruck gab der Himmel den Blick auf eine Strahlenbrücke frei, die sich über die gesamte spiegelnde Wasseroberfläche bis zum Badehäuschen spannte.
    Ein Entenpärchen flog schnatternd aus dem Uferschilf auf, drehte eine Runde und wollte, die Schwimmhäute ausgestellt, wieder zur Landung ansetzen. Da zerriß ein Schuß die Stille, und einer der beiden Vögel taumelte tödlich getroffen, fing sich für einen Augenblick und plumpste dann ins Wasser. Im Nu war ringsum ein Rascheln und Hasten unsichtbarer Vogelschwärme, die aus dem Uferschilf aufstiegen und den ganzen See in Aufruhr versetzten.
    Kriekenten kamen in Ketten zu dreien, fünfen und neunen. Sie flogen tief und sehr schnell übers Schilf. Ihr Gefieder rauschte. Mit gestreckten Hälsen und knappen Flügelschlägen versuchten sie im Geschwader hinaus auf den See zu entkommen. Gewehrsalven zermalmten die Luft und rissen Löcher in ihre Formation, die in langsamer, kurvender Schräge dem entgegengesetzten Ufer zustrebte.
    Wölkchen aus Pulverdampf kräuselten sich über dem Schilfdickicht, und Franziska hörte Menschen schreien und Hundgebell.
    » Rollo, apport, apport!«
    Sie erkannte die Stimme ihres Vaters und zog Karl mit sich zurück in ihr Zimmer. Die Sommergäste aus der Stadt waren schon in aller

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