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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Herrgottsfrühe auf dem Landgut eingetroffen.
    Im Souterrain des Gutshauses ging es zu wie in der Großküche eines Speiselokals. Die drei Dutzend Kriekenten vom Morgen mußten gerupft, gereinigt, flammiert und ausgenommen werden, bevor man die Brüstchen herauslösen und enthäuten konnte. Aus den Schenkeln bereitete Bertha, die geschickteste der drei Köchinnen, die für das Souper am frühen Abend zuständig waren, eine Pastetenfarce, die sie mit Cognac und Portwein marinierte, ihr eine randvolle Schüssel rosaroter Gänsestopfleber beimischte und dann die Terrinen ins simmernde Wasserbad am Rand des Windofens stellte.
    Währenddessen klopfte Franziska, die in der Küche aushalf, mit der naß gemachten Schneide eines schweren Messers sachte die enthäuteten und filettierten Entenbrüstchen, legte sie in einem Plat à sauter in klare, frisch eingeschmolzene Butter, streute eine dicke Schicht blättrig geschnittener Trüffel darüber und bedeckte sie mit Pergamentpapier, bis sie die nächste Schicht vorbereitet hatte.
    » Wenn du damit fertig bist, kannst du der Liesel beim Abschlagen der Vanillecreme zur Hand gehen. Wieviel Eier brauchst du?«
    » Zwei Dutzend und zehn Vanillestangen!«
    Ein würziger Trüffelduft durchzog die Küche, vermischte sich mit dem Aroma, das aus einem schweren Kessel auf dem Tafelherd stieg, in dem aus ausgelösten Karkassen der Wildenten mit den Abgängen von Trüffelresten und der Gänseleber unter Beimischung einer Demi Glace eine goldenen Essenz für die Sauce gezogen wurde. Der Duft entwich, soweit er nicht vom Rauchfang eingefangen wurde, durch die Türritzen ins Treppenhaus, verteilte sich gleichmäßig auf allen Fluren und erzeugte in den Sommergästen, die sich zu einem Mittagsschläfchen auf ihre Zimmer zurückgezogen hatten, eine speicheltreibende Vorfreude auf die Leckerbissen, die für das Souper angekündigt worden waren: Filets de sarcelles à la Périgueux.
    Der Hofrat schleppte mit seinem Kellermeister Schumpeter einen Weidenkorb mit Flaschen aus dem Weinkeller in die Küche, stellte ihn auf den großen Ahorntisch und entkorkte die Rotweinflaschen, um sie zu degustieren, und dekantierte sie, wenn sie in Ordnung waren, in Kristallkaraffen.
    » Herrlich, wie das duftet. Was gibt es als Vorspeise?«
    » Nach der Peischelsuppe mit Froschschenkeln aus dem See ein mildes Safranrisotto auf frischen Artischockenböden.«
    Der Hofrat rollte die Augen, holte einige eingestaubte Weißweinbouteillen aus seinem Korb, schob seine Brille auf die Stirn und schnalzte mit der Zunge. » Dazu paßt dieser wuchtige Veltliner aus dem Kamptal, Jahrgang 1908– dein Geburtsjahr, Franziska! Was meinen Sie, Schumpeter?«
    » Gott sei Dank konnte ich noch ein paar Flaschen davon in Sicherheit bringen.«
    Der Hofrat hielt den strohgelben Wein ins Licht, steckte seine Nase ins Glas und kostete einen kleinen Schluck. »Tulli…«
    Der Kellermeister nickte »…leinwand!«
    » Als würden einem die Englein auf die Zunge pinkeln. Und zum Nachtisch?«
    » Schmankerlgefrorenes auf Wiener Art, abgerührte Creme mit Schokolade, Mandelsulz mit Himbeeren, Topfenpalatschinken, gefüllt mit Marillenmarmelade, und der junge Herr hat sich wie immer eine Dobostorte gewünscht.«
    » Wo steckt Karl eigentlich? Wir wollten noch das Programm für den Klavierabend besprechen.«
    Franziska drehte den Wasserhahn zu und trocknete ihre Hände an ihrer Schürze. » Vor einer Viertelstunde habe ich ihn in der Bibliothek üben hören.«
    » Da ist er aber nicht mehr. Und auch nicht auf seinem Zimmer. Wenn du ihn siehst, sag ihm, ich erwarte ihn in meinem Arbeitszimmer.«
    Er kostete noch von dem Roten, den Schumpeter schon degustiert hatte und flüsterte Franziska ins Ohr. » Übrigens, ein Überraschungsgast hat sich für den Abend angesagt. Karl Lafite, der Generalsekretär der Musikfreunde hat ihn avisiert. Melzer holt die beiden nachher in Eisenstadt vom Bahnhof ab. Aber nicht weitersagen!«
    » Wer?«
    » Streng geheim!«
    Franziska schlug die Eierschale mit einer scharfen Messerkante auf und ließ das glibberige Eiweiß durch ihre Finger in eine Schüssel schlüpfen, bis sie nur noch den Dotter in der Handfläche hielt. » Aber mir kannst du doch den Namen verraten, Papa!«
    » Kommt nicht in Frage. Große Überraschung! Nur soviel: Er ist groß und schlank und ein Liebling der Frauen. Übrigens, deine Mutter möchte dich gerne sehen.«
    » Wenn ich mit der Creme fertig bin, bring ich Mama schwarzen Kaffee und

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