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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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die ihm beide Daumen drückte. Mit einer eleganten Bewegung drehte er sich zum Orchester, gab den Einsatz, und das Schicksal nahm seinen Lauf.
    Draußen auf dem Krautmarkt hielt eine Mercedeslimousine mit Wiener Kennzeichen vor dem Theaterportal. Ein Chauffeur sprang heraus und riß den hinteren Wagenschlag auf. Hofrat Wertheimer stieg aus. Er zog seine Taschenuhr aus der Westentasche und ließ den Deckel springen.
    » Warten Sie hier auf mich, Melzer. Ich bin in fünf Minuten wieder zurück.«
    Er stieß die Tür zum Kassenraum auf und eilte die Stufen ins Foyer hinauf. Ein Logenschließer stellte sich ihm in den Weg.
    » Entschuldigen Sie mein Herr, aber die Aufführung hat bereits begonnen. Ich kann Sie erst wieder nach dem ersten Akt hereinlassen. Darf ich Ihre Eintrittskarte sehen?«
    Der Hofrat nahm einige Geldscheine aus seiner Brieftasche und steckte sie dem Logenschließer zu.
    » Das ist für Sie. Wie komme ich zur Intendantenloge. Herr Direktor Demetz erwartet mich. Es ist sehr dringend!«
    » Wenn das so ist. Bitte folgen Sie mir, mein Herr.«
    Der Logenschließer eilte den Umgang voraus, an den Garderoben vorbei und öffnete die Tür zur Intendantenstiege. Ohne anzuklopfen, betrat der Hofrat die Proszeniumsloge. Sie war leer. Dagegen stand eine eiserne Türe offen, die von dem kleinen Vorraum auf die Bühne führte.
    Dort, in der Kulissengasse, warteten Steinberg als Tamino und die Kinderschlange auf ihren Auftritt. Franziska kam die Wendeltreppe vom Orchestergraben heraufgeklettert und belegte auch den Tenor mit ihrem Abwehrzauber.
    » Toi, toi, toi! Und immer daran denken, Steinberg, wir alle werden einmal die großen Bühnen dieser Welt erobern, Wien, Prag, Berlin.«
    Die letzten Takte der Ouvertüre verklangen, der Inspizient gab das Zeichen, der Vorhang ging auf, und Tamino stürzte, verfolgt von der grünen Kinderschlange, auf die Bühne.
    » Zu Hilfe! Zu Hilfe! Sonst bin ich verloren…«
    Der Theaterdirektor verharrte noch einige Augenblicke neben dem Pult des Inspizienten, bevor er sich in seine Loge zurückzog.
    » Der listigen Schlange zum Opfer erkoren. Barmherzige Götter, schon nahet sie sich…«
    Als Franziska zu ihm trat, nahm er ihre Hand, drückte sie und flüsterte ihr ins Ohr. » Das alles haben wir nur Ihnen zu verdanken.«
    » …schon nahet sie sich!«
    » Wird schon schiefgehen.«
    » Spucken Sie auch mal bei mir.«
    Franziska drehte sich um, und während sie seiner Bitte nachkam, betrat der Hofrat die Hinterbühne. Der Bann war gebrochen, der Zauber dahin. Der Boden schwankte unter ihren Füßen, und ihre Knie gaben nach.
    » …ach, rettet mich, ach, schützet mich!«
    Wie hypnotisiert stand sie da. In ihrem Kopf schwirrte es. Der Geräuschpegel von Orchester und Gesang sank gegen null. Sie hielt sich an der Hand des Theaterdirektors fest.
    » Was ist, Franziska, ist Ihnen nicht gut?«
    » Jetzt sind Sie dran, Herr Direktor…« Sie schloß die Faust um seinen Arm, drückte zu, als wollte sie ihm die Katastrophe, die sich anbahnte, zumorsen. Dabei wisperte sie ihm ins Ohr. » …wünschen Sie mir Glück! Aber kräftig, ich kann es jetzt gebrauchen. Darf ich vorstellen, mein Vater!«
    Der Theaterdirektor fuhr herum und streckte seine Hände aus. » Hocherfreut, Herr Hofrat, Ihnen persönlich danken zu können. Einem so generösen Förderer unseres Musiktheaters…«
    Er verbeugte sich tief. Der Hofrat kam auf sie zu, blieb vor seiner Tochter stehen und nahm sie bei der Hand.
    » …schützet, schützet, rettet…«
    » Komm mit nach Hause, mein Kind.«
    » Und wenn nicht?«
    » Dann bleibt mir keine Wahl, als ihn noch vor der Pause von der Polizei abführen zu lassen. Anstiftung zum Betrug, Urkundenfälschung, Unterschlagung…«
    » …rettet, rettet, schützet…«
    Der Theaterdirektor tauchte aus seiner tiefen Verbeugung wieder auf. » …ohne Ihre edle Spende könnten wir heute abend keine so glanzvolle Premiere…«
    Wie konnte sie nur so töricht gewesen sein! Franziska befreite sich aus dem Klammergriff ihres Vaters und rieb sich das Handgelenk. » Du weißt es doch besser, Papa. Er hat mit der ganzen Sache nichts zu tun!«
    » Das kannst du dann dem Staatsanwalt erklären!«
    » …schützet, schützet, rettet mich!«
    Auf der Bühne war Tamino auf der Flucht vor der Schlange in Ohnmacht gefallen. Der Inspizient gab den drei geharnischten Damen, die Tamino retten sollten, das Zeichen zu ihrem Auftritt und reagierte zunehmend ungehaltener auf die immer lauter geführte

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