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Augenblick der Ewigkeit - Roman

Titel: Augenblick der Ewigkeit - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Personen seines Spiels. Er ist Bösewicht, Held und Geliebter, er fühlt den Schmerz, das Entzücken der Liebe, die Schmach, die Furcht, das Entsetzen, des Todes Qual und die Wonnen der Verklärung am eigenen Leib. Erst im Feuer seiner Begeisterung entzünden sich die Töne und Melodien, und erst dann, Herr Kammersänger, kann in der wundervollen Sprache der Musik die Handlung aus seinem Innersten hervorströmen. Sie dagegen, Herr Maier-Schott, sind ausgebrannt, ein Häufchen Asche. Sie sind mit all Ihren Bühnentricks nur auf Effekthascherei aus. Sie haben nichts begriffen von dem heiligen Ernst der › Zauberflöte‹.«
    Während des Disputs waren die Musiker von den Stühlen aufgestanden, und die Sänger und Choristen kamen auf die Bühne. Alle warteten auf die Reaktion des Kammersängers. Nach einer langen Pause zuckte dieser mit einem kurzen Auflachen nur die Schultern.
    » Wenn das so ist– dann adios, mein Herr! Das muß ich mir von einem Schnösel wie Ihnen nicht bieten lassen.«
    Er bedeutete seinem Regieassistenten, ihm zu folgen. Als dieser zu Boden blickte und den Kopf schüttelte, drehte er sich um und schritt allein den Mittelgang hinauf. Keiner, der ihn zurückhielt. Schweigend sammelte er seine Arbeitspapiere vom Regiepult auf. Am Ausgang blieb er stehen. Die schwarze Silhouette seines Körpers, die den Türrahmen füllte, wirkte vor dem hell erleuchteten Foyer übermächtig, drohend, aggressiv.
    » Sie werden noch auf allen vieren angekrochen kommen…«, höhnisch warf er den Kopf in den Nacken, » …denn eins ist sicher, daß Sie in dieser Stadt nicht so schnell Ersatz für mich bekommen!«
    Erleichtert schlug Karl die Partitur auf und nahm den Dirigentenstab wieder in die Hand. » So, das mußte mal gesagt werden!«
    Der Theaterdirektor fuhr sich mit den Händen durch die Künstlermähne und schüttelte den Kopf. » Los, laufen Sie ihm nach, Herzog! Bitten Sie ihn um Verzeihung, wenn Sie die Premiere nicht aufs Spiel setzen wollen. Sie finden keinen Besseren als ihn.«
    Da ging die Flügeltür auf, und ein junger Mann kam in wehendem Mantel den Mittelgang herunter. » Bin ich zu spät?«
    Der Theaterdirektor fuhr herum. » Und wer sind Sie?«
    » Steinberg, Josef Steinberg, bestellt zum Vorsingen.«
    » Vorsingen?«
    » Den Tamino!«
    Der Theaterdirektor legte dem jungen Tenor die Hand auf die Schulter. » Darf ich Ihnen etwas verraten, mein Herr? Schon das Theater ist ein Irrenhaus, die Oper aber ist die Abteilung für Unheilbare.«
    Karl winkte Steinberg auf die Bühne. » Kommen Sie, Steinberg, fangen Sie an. Wir dürfen keine Zeit verlieren!«
    Er hob die Arme und gab das Zeichen zum Einsatz. Steinberg begann, noch bevor er auf die Bühne geklettert war, mit seiner Eingangsarie. »Zu Hilfe! Zu Hilfe, sonst bin ich verloren…«
    Der Theaterdirektor schlug fassungslos die Hände vors Gesicht und verließ kopfschüttelnd den Zuschauerraum.«Nicht nur Sie! Nicht nur Sie…«
    Die Premiere fiel auf ein Wochenende. Die Vorstellung war seit Tagen ausverkauft. Da Brünn als Karrieresprungbrett galt, sowohl für Prag wie auch für Wien, hatte es sich bei den Talentsuchern in beiden Hauptstädten herumgesprochen, daß die Zauberflöte am Theater ihres Librettisten Emanuel Schikaneder ein besonderes Kleinod zu werden versprach.
    Aufmerksam geworden auf den jungen Dirigenten, schickten sogar einige Feuilletons ihre Korrespondenten zu jener MozartMatinee, die Karl Gottlieb Herzog mit seinem jungen Ensemble und dem zusammengesetzten Mozart-Orchester eine Woche vor der Premiere mit konzertanten Auszügen aus der › Zauberflöte‹ veranstaltet hatte.
    Ein österreichischer Musikkritiker stellte Herzog in die Reihe neu aufstrebender Talente wie den jungen Heribert Karajan, der einige Monate zuvor in Salzburg mit einem Tschaikowski- und Strauss-Konzert debütiert hatte. Wie dieser sei auch Herzog kein Deklamationsdirigent, sondern ein Musikführer von suggestiver Kraft, die nicht künstlich behauptet, sondern zutiefst empfunden sei, kein jugendlicher Springinsfeld, der sich in unnötigen Effekten ergehe oder im gewollten Pathos ertrinke. Seine musikalische Intelligenz habe in kürzester Zeit am Brünner Redoutentheater ein Mozart-Ensemble geschaffen, das in der Präzision seines Zusammenspiels, seiner rhythmischen Schlagkraft und in der Gabe, die Intuitionen seines jungen Leiters zu erfühlen, großen Eindruck hinterlassen habe. Herzog halte als angehendes Dirigententalent die Versprechungen, die er als

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